Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ausflügler aufgepasst
Bahn Mit dem Neun-Euro-Ticket kostet der Nahverkehr fast nichts mehr. Das sorgt auch für überfüllte Züge. Wo es am Wochenende eng werden könnte und was Experten raten.
Augsburg Sie wollte am Mittwochvormittag mit dem Neun-Euro-Ticket aus dem Landkreis Augsburg nach München fahren – und war offenkundig nicht die einzige. Dicht an dicht gedrängt standen die Fahrgäste im Zug, wie eine Frau, die anonym bleiben möchte, unserer Redaktion erzählte. Bei einem Zwischenhalt war es dann so weit: „Wir sind überfüllt“, ertönte die Ansage des Zugführers. Er bat Menschen im ersten und letzten Wagen, auszusteigen und die nächste Verbindung zu nehmen.
So etwas komme vor, sagt ein Bahnsprecher auf Nachfrage unserer Redaktion. „Aber das ist der absolute Ausnahmefall.“Auch in Zeiten des Neun-Euro-Tickets. Auf die kommenden Tage blickt er vorsichtig optimistisch: „Wir setzen natürlich auch am kommenden Wochenende alles in Bewegung, was wir haben.“Dafür seien im Nahverkehr deutlich mehr Züge und Busse im Einsatz als in einem normalen Sommer.
Eine Sprecherin der Bayerischen Regiobahn (BRB) sagt: „Wo es geht, hängen wir Zugteile an, dies ist allerdings nur eingeschränkt möglich. Wir müssen Bahnsteiglängen berücksichtigen, denn wir können Fahrgäste nicht im Gleisbett aussteigen lassen.“Für die kommenden Tage appelliert sie an Ausflüglerinnen und Ausflügler: „Mit kleinem Gepäck reisen, Fahrräder zu Hause lassen und nicht zu den Hauptverkehrszeiten reisen. Und vielleicht auch einmal neue Ziele ansteuern.“Das Fazit der BRB zum vergangenen Pfingstwochenende fällt positiv aus: „Es war zwar viel los, aber es hat besser geklappt, als wir gedacht hatten.“
Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn erwartet volle Züge in den kommenden Tagen vorwiegend in Touristenregionen. Mittelfristig rechnet er mit etwas Entspannung,
weil Fahrgäste besser einschätzen können, welche Züge voll sein werden. Menschen, die nicht viel Bahn-Erfahrung haben, empfiehlt er, sich vor einer Fahrt zu fragen: „Wo ist auf der Straße Stau?“Auf diesen Strecken sei auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Züge voll seien.
Bei einigen Verbindungen sieht Barth noch Luft nach oben. Das ursprüngliche Problem sei in Bayern aber eher eines der Politik als der Bahnen. Denn beim Streckenausbau sei mehr drin. Ein Beispiel: Die frisch ausgebaute Verbindung München-Memmingen-Lindau sei schon jetzt an der Kapazitätsgrenze. „Wenn wir eine Verkehrsverlagerung wollen, wie es die Politik uns jeden Tag sagt, müssen wir die Voraussetzungen auf der Schiene schaffen“, sagt Barth. Überfüllte Züge gebe es nicht erst seit dem Neun-Euro-Ticket.
Eine Steigerung sieht er dennoch, er schätzt, dass in den vergangenen Tagen 20 bis 30 Prozent mehr Fahrgäste unterwegs waren als zur VorCorona-Zeit. Das habe zu Überfüllungen geführt, aber auch den positiven Effekt gehabt, dass Menschen Zug fahren, die das lange nicht getan haben. Bundesweit hat allein die Deutsche Bahn bereits 6,5 Millionen Neun-Euro-Tickets verkauft.