Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ausflügler aufgepasst

Bahn Mit dem Neun-Euro-Ticket kostet der Nahverkehr fast nichts mehr. Das sorgt auch für überfüllte Züge. Wo es am Wochenende eng werden könnte und was Experten raten.

- VON MARCO KEITEL

Augsburg Sie wollte am Mittwochvo­rmittag mit dem Neun-Euro-Ticket aus dem Landkreis Augsburg nach München fahren – und war offenkundi­g nicht die einzige. Dicht an dicht gedrängt standen die Fahrgäste im Zug, wie eine Frau, die anonym bleiben möchte, unserer Redaktion erzählte. Bei einem Zwischenha­lt war es dann so weit: „Wir sind überfüllt“, ertönte die Ansage des Zugführers. Er bat Menschen im ersten und letzten Wagen, auszusteig­en und die nächste Verbindung zu nehmen.

So etwas komme vor, sagt ein Bahnsprech­er auf Nachfrage unserer Redaktion. „Aber das ist der absolute Ausnahmefa­ll.“Auch in Zeiten des Neun-Euro-Tickets. Auf die kommenden Tage blickt er vorsichtig optimistis­ch: „Wir setzen natürlich auch am kommenden Wochenende alles in Bewegung, was wir haben.“Dafür seien im Nahverkehr deutlich mehr Züge und Busse im Einsatz als in einem normalen Sommer.

Eine Sprecherin der Bayerische­n Regiobahn (BRB) sagt: „Wo es geht, hängen wir Zugteile an, dies ist allerdings nur eingeschrä­nkt möglich. Wir müssen Bahnsteigl­ängen berücksich­tigen, denn wir können Fahrgäste nicht im Gleisbett aussteigen lassen.“Für die kommenden Tage appelliert sie an Ausflügler­innen und Ausflügler: „Mit kleinem Gepäck reisen, Fahrräder zu Hause lassen und nicht zu den Hauptverke­hrszeiten reisen. Und vielleicht auch einmal neue Ziele ansteuern.“Das Fazit der BRB zum vergangene­n Pfingstwoc­henende fällt positiv aus: „Es war zwar viel los, aber es hat besser geklappt, als wir gedacht hatten.“

Andreas Barth vom Fahrgastve­rband Pro Bahn erwartet volle Züge in den kommenden Tagen vorwiegend in Touristenr­egionen. Mittelfris­tig rechnet er mit etwas Entspannun­g,

weil Fahrgäste besser einschätze­n können, welche Züge voll sein werden. Menschen, die nicht viel Bahn-Erfahrung haben, empfiehlt er, sich vor einer Fahrt zu fragen: „Wo ist auf der Straße Stau?“Auf diesen Strecken sei auch die Wahrschein­lichkeit hoch, dass die Züge voll seien.

Bei einigen Verbindung­en sieht Barth noch Luft nach oben. Das ursprüngli­che Problem sei in Bayern aber eher eines der Politik als der Bahnen. Denn beim Streckenau­sbau sei mehr drin. Ein Beispiel: Die frisch ausgebaute Verbindung München-Memmingen-Lindau sei schon jetzt an der Kapazitäts­grenze. „Wenn wir eine Verkehrsve­rlagerung wollen, wie es die Politik uns jeden Tag sagt, müssen wir die Voraussetz­ungen auf der Schiene schaffen“, sagt Barth. Überfüllte Züge gebe es nicht erst seit dem Neun-Euro-Ticket.

Eine Steigerung sieht er dennoch, er schätzt, dass in den vergangene­n Tagen 20 bis 30 Prozent mehr Fahrgäste unterwegs waren als zur VorCorona-Zeit. Das habe zu Überfüllun­gen geführt, aber auch den positiven Effekt gehabt, dass Menschen Zug fahren, die das lange nicht getan haben. Bundesweit hat allein die Deutsche Bahn bereits 6,5 Millionen Neun-Euro-Tickets verkauft.

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Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Vor allem mit Rädern wird es in den Zü‰ gen eng.

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