Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Prince sagt Ja – exklusiv im Internet
Wer ganz nah am Fußball dran sein und alles live verfolgen will, braucht einen ebenso bunten wie teuren Strauß an Abonnements für Pay-TV- und Streamingdienste. Die schönste Nebensache der Welt ist begehrt – und nichts für Billigheimer.
Einer, der das „Game“, wie er selbst sagt, versteht, ist KevinPrince Boateng. Der 35-Jährige, der unlängst Hertha BSC zum Klassenerhalt geführungsspielert hat, hat nun verkündet, dass er am Samstag seine Lebensgefährtin Valentina heiraten wird. Das und der Umstand, dass es für den Ex-Nationalspieler Ghanas die dritte Ehe sein wird, wäre noch nichts Besonderes. Etwas ungewöhnlich ist die Örtlichkeit – wenn man sie denn überhaupt so nennen will.
Boateng heiratet im „Metaverse“. Das ist, etwas vereinfacht gesagt, ein eigenes Universum im Internet, das die dort angemeldeten Benutzer nach ihren Vorstellungen gestalten können. In dieser alternativen Realität kann man allerhand Dinge erleben, die es auch in der echten Welt gibt – Konzerte, Geschäfte und eben Hochzeiten. Stichwort Geschäfte: Jep, das ist auch ein Thema bei der Prinzenhochzeit. Wer beim bereits dritten schönsten Tag seines Lebens mit dabei sein will, kann, ebenfalls vereinfacht
gesagt, zeitlich limitierte Eintrittskarten kaufen.
Dann können echte Fans von Boateng also bei fast allem dabei sein: beim digitalen Brautwalzer, einem synthetischen Begrüßungsschnaps und die Braut in die Weiten des Internets entführen (und das Internet ist groß, lieber KevinPrince). Sehr wahrscheinlich, dass Boateng, dieser Visionär in Sachen Fußball, auch bei diesem Trend einer der Ersten sein wird. In einigen Jahren könnte es völlig normal sein, dass man – für einen geringen Obolus, versteht sich – seinen Sportstars ganz nahe sein kann.
Toni Kroos streamt seinen Besuch beim Pur-Konzert, Marco Reus lässt sich von seinen Fans beim MRT-Termin begleiten, Thomas Müller zeigt seinen Anhängern die besten Schafkopf-Taktiken.
Alles ganz schön digital, ganz schön nah dran, ganz schön teuer. Alle anderen halten es mit Woody Allen. Der ist bekanntlich der Meinung: „Ich hasse die Realität, aber es ist der einzige Ort, an dem man ein gutes Steak essen kann.“