Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das sind die Problemste­llen auf der A8

Verkehr Autofahrer aus Augsburg und der Region wissen, dass es auf der Autobahn krachen kann. Wo das häufig passiert und welchen Einfluss Corona und ein Tempolimit haben.

- VON MARCO KEITEL

Mit über 240 Kilometern pro Stunde war vergangene Woche ein Autofahrer in Schlangenl­inien auf der A8 unterwegs. Als Polizeibea­mte ihn auf einem Parkplatz in Taufkirche­n bei München stoppten, stellte sich heraus, dass das noch nicht alles war: Der Fahrer hatte 0,8 Promille Alkohol im Blut und ist erst 16 Jahre alt, hat also noch keinen Führersche­in. Ganz so wild geht es auf der A8 nicht jeden Tag zu, aber Raser, Unfälle und Staus gehören zum Alltag. Das ist auch im Großraum Augsburg der Fall. Von Adelzhause­n im Landkreis Aichach-Friedberg bis Burgau im Landkreis Günzburg erstreckt sich der Bereich der Autobahnpo­lizei Gersthofen. 50 Kilometer Strecke, an denen es einige Punkte gibt, denen die Beamten besondere Aufmerksam­keit schenken.

Vor allem die Ferienzeit bedeutet für viele Familien Zeit im Auto, auf dem Weg in den Urlaub. In der Region heißt das meistens: Zeit auf der A8. Für die Autobahnpo­lizei Gersthofen erfordert die Zeit eine gute Vorbereitu­ng, um Unfälle und Staus zu vermeiden und im Ernstfall einsatzber­eit zu sein. Auch außerhalb der Ferienzeit seien rund um die Uhr mindestens vier Polizistin­nen und Polizisten im Einsatz, sagt Mar

Guß, die die Station seit April leitet. 40 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gibt es bei der Gersthofer Autobahnpo­lizei insgesamt.

Verkehrsex­perte Thomas Barth betont, wie wichtig es für ihn und die anderen Autobahnpo­lizistinne­n und Autobahnpo­lizisten sei, in den ruhigen Momenten zusammenzu­sitzen, zum Beispiel bei einem Kaffee. „Das kann jede Sekunde vorbei sein“, sagt Barth. Ein schwerer Unfall etwa könne von einem Moment auf den anderen alle in Bewegung versetzen. Als Beispiel nennt der Polizist eine Situation Ende Mai, als ein Lastwagen quer auf der Fahrbahn gelegen hatte.

Dass auf der A8 immer etwas los ist, belegen die Zahlen. An der Anschlusss­telle Augsburg-West sind täglich rund 100.000 Fahrzeuge unterwegs. Im gesamten Bereich der Autobahnpo­lizei Gersthofen passieren in manchen Jahren fast 1000 Unfälle, oft mit Verletzten, manchmal mit Toten. In einigen Jahren gibt es Häufungen: 2018 verletzten sich 351 Menschen, 2013 gab es sechs Todesfälle. 2020 und 2021 war es auf der A8 den Zahlen nach weniger gefährlich. Leiterin Guß erklärt: „Corona hatte einen großen Einfluss – es war weniger Verkehr, deshalb ist auch weniger passiert.“

Zwischen Neusäß und Friedberg hat laut Autobahnpo­lizei noch ein

anderer Faktor zu weniger Unfällen beigetrage­n. Dort gilt seit August 2020 zwischen sechs und 20 Uhr Tempo 120. Das habe laut Barth den Verkehr harmonisie­rt, da es weniger deutliche Geschwindi­gkeitsunte­rschiede zwischen den Autos auf den verschiede­nen Fahrspuren gebe. Eine Harmonisie­rung des Verkehrs, das betonen sowohl Guß als auch Barth, sei ohnehin ein Ziel ihrer Arbeit. „Wir wollen den Leuten nicht die Freiheit nehmen“, sagt die Leiterin.

Zwischen Neusäß und Friedberg ist die Zahl der Verkehrsun­fälle seit Einführung des Tempolimit­s deutlich zurückgega­ngen: Vor fünf Jahren gab es dort fast 100 Unfälle, 49 in Zusammenha­ng mit hoher Getina schwindigk­eit. 2021 waren von 90 Unfällen nur 16 sogenannte Geschwindi­gkeitsunfä­lle. Offen ist, welche Rolle die geringere Verkehrsbe­lastung in der Corona-Zeit bei dem Rückgang gespielt hat.

Wo Unfälle passieren, sind Staus oft nicht weit – und umgekehrt. Ein Teufelskre­is. Guß sagt: „Nach einem Unfall bildet sich ein Stau, der ist dann wiederum ein Unfallrisi­ko.“Zu den Staus auf der A8 hat die Polizei nicht so genaue Zahlen wie zu den Unfällen. Rein subjektiv sehe er den Bereich zwischen AugsburgOs­t und Augsburg-West als Stauschwer­punkt, sagt Barth.

Um Staus und Unfällen vorzubeuge­n, gibt es zwischen der Wildschutz­brücke bei Adelsried und Streitheim eine Verkehrsbe­einflussun­gsanlage, die sogenannte Telematik light. LED-Anzeigetaf­eln können hier Einfluss auf den Verkehr nehmen, etwa zu den Zeiten mit der höchsten Verkehrsbe­lastung die erlaubte Geschwindi­gkeit auf 120 Kilometer pro Stunde begrenzen. Auch ein Überholver­bot oder den Hinweis auf einen Stau, Gefahrenla­gen oder Wetterverh­ältnisse können die Tafeln anzeigen. Nach einem Unfall kann die Polizei bei der Verkehrsre­chenzentra­le in Leipzig anrufen und so den Autofahrer­innen und Autofahrer­n Warnhinwei­se über die Schilder anzeigen.

Das „light“in der Bezeichnun­g weist darauf hin, dass technisch noch mehr machbar ist. Einige Politikeri­nnen und Politiker fordern seit langem eine Telematik, die automatisc­h und individuel­l den Verkehr beeinfluss­en kann. Guß sagt über die geplante Anlage: „Wir erhoffen uns auf jeden Fall eine Verbesseru­ng.“Aber der Baubeginn zwischen München und AugsburgWe­st, der ursprüngli­ch dieses Jahr sein sollte, verzögert sich. Er ist nun laut Bundesregi­erung für Anfang 2023 vorgesehen.

Vorne dran sei die A8 schon heute, wie Polizist Barth sagt: „Sie entspricht momentan dem aktuellste­n Stand der Technik.“Einige Besonderhe­iten dieser Autobahn können Fahrerinne­n und Fahrer allerdings auch als störend empfinden. Guß erklärt, dass die Tatsache, dass die A8 eine Ost-West-Verbindung sei, zur Folge habe, dass man manchmal während der gesamten Fahrt eine tief stehende Sonne vor sich habe. Die Senken und Höhen der Landschaft können außerdem Witterungs­probleme mit sich bringen. „Nebel setzt sich in den Senken ab und Regenwasse­r sammelt sich dort“, sagt die Leiterin der Autobahnpo­lizei Gersthofen. Für sie und ihre Kolleginne­n und Kollegen wird es also weiterhin viel zu tun geben, trotz Tempolimit und Telematik.

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Fotos: Marcus Merk (Archivbild) Noch ist es nur die Lightversi­on der Telematik, die mit LED‰Tafeln im Bereich der Autobahnpo­lizei Gersthofen den Verkehr beeinfluss­t. 2023 soll der Bau einer neuen Anlage starten.
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Hier ist immer etwas los: die A8‰An‰ schlussste­lle Augsburg West.

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