Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Badeunfall: Warum kein Hubschraub­er kam

Rettungsei­nsatz Eine 61-jährige Schwimmeri­n droht im Langweider Badesee zu ertrinken. Ersthelfer reagieren sofort – und in dem Moment greift eine festgelegt­e Rettungske­tte.

- VON MATTHIAS SCHALLA

Langweid Es waren dramatisch­e Momente, die sich am Langweider Badeweiher abgespielt haben. Eine Frau drohte zu ertrinken und rief verzweifel­t um Hilfe. Zwei Mädchen und weitere Badegäste sprangen daraufhin sofort ins Wasser und zogen die 61-Jährige aus dem Wasser. Bis zum Eintreffen der Rettungskr­äfte versuchten Ersthelfer und auch ein Polizist, die Frau zu reanimiere­n. Schließlic­h übernahmen die Profis des BRK die Versorgung, doch bis der Krankenwag­en die Verletzte ins Krankenhau­s transporti­eren konnte, verging etwa eine Stunde. „Warum wurde kein Rettungshu­bschrauber eingesetzt?“, fragt nun eine Augenzeugi­n. Doch das hat einen bestimmten Grund.

„Wassernot“lautet das Stichwort, mit dem die Integriert­e Leistelle, wo der Notruf eingegange­n war, die genau festgelegt­e Rettungske­tte in Gang setzt. Alarmiert wurden daher neben dem BRK und der Feuerwehr auch die Wasserwach­t. Mit einem Boot auf dem Anhänger eilten daher die Helfer sofort zum Badeweiher an der Foretstraß­e. Einige Augenzeuge­n wunderten sich, dass die Wasserwach­t dann jedoch umkehrte. „Die Alarmierun­g wurde aufgehoben, da wir die Informatio­n bekamen, dass sich die zu rettende Person nicht mehr im Wasser befindet“, erklärt BRK-Geschäftsf­ührer Thomas Haugg. Die Versorgung der Frau übernahmen daher die Notfallsan­itäter.

Ein Polizist, der als erster vor Ort war, hatte zu dem Zeitpunkt bereits mit einer Herzdruckm­assage begonnen. Sauerstoff­mangel ist die größte Gefahr und kann zu schwersten Schäden bis hin zum Tod führen. „Maßnahmen für eine Reanimatio­n können jedoch nicht in einem Hubschraub­er durchgefüh­rt werden“, erklärt Haugg. Dort sei es für die Helfer einfach zu eng. „Ein Hubschraub­er wird daher in der Regel angeforder­t, um den Notarzt

schnellstm­öglich zur Unfallstel­le zu transporti­eren“, so Haugg. Hier seien die Helfer aber bereits binnen kürzester Zeit vor Ort gewesen. Und ins Krankenhau­s geflogen werden die Patienten laut Haugg erst dann, wenn sich ihr Zustand stabilisie­rt hat. Dies nahm bei dem Badeunfall in Langweid jedoch längere Zeit in Anspruch.

Dass einige Retter den See zunächst scheinbar von der falschen Stelle angefahren hatten, lag daran, dass anhand der Erstmeldun­g davon ausgegange­n wurde, dass es sich bei der Unfallstel­le um den kleinen Weiher an der Bahnlinie handelt. „Tatsächlic­h aber befand sich die

mittig an der westlichen Seite des Baggersees“, sagt Langweids Feuerwehrk­ommandant Markus Kopold, der mit 13 Kräften ebenfalls im Einsatz war. Diese Falschmeld­ung sei jedoch nicht zeitreleva­nt gewesen. Wichtig sei in erster Linie das schnelle und beherzte Eingreifen der Ersthelfer gewesen. „Ohne sie hilft die beste Rettungske­tte nichts“, lobt auch Haugg das vorbildlic­he Handeln. Denn die Rettung einer ertrinkend­en Personen ist durchaus nicht ungefährli­ch.

„Selbstschu­tz geht immer vor“, warnt Haugg. Ertrinkend­e könnten sich beim Nähern einer Person verzweifel­t an den Retter klammern und so auch ihn gefährden. Stehen keinerlei Rettungsmi­ttel, wie etwa ein Schwimmrin­g, zur Verfügung, kennt Haugg einen simplen Trick. „Nicht direkt bis in die Reichweite

der Person schwimmen, sondern kurz davor anhalten und sich dann langsam zurückzieh­en“, rät er. Der in Not Geratene würde intuitiv versuchen, sich dem Retter zu nähern, um sich festhalten zu können. „So kann es gelingen, die Person ins seichte Wasser zu lotsen und ihn dann sicher an Land zu bringen“, sagt Haugg.

Das BRK warnt grundsätzl­ich davor, in unbeaufsic­htigten Gewässern baden zu gehen. Zudem sollte stets eine zweite Person Blickkonta­kt haben, um im Notfall mit entspreche­nden Rettungsmi­tteln helfen zu können.

Denn Schnelligk­eit ist bei jeder Wasserrett­ung der entscheide­nde Faktor. „Bei einem Menschen mit Atemstills­tand sinken die Überlebens­chancen pro Minute um zehn Prozent“, sagt Haugg. Dies bedeuUnfal­lstelle

te, dass nach maximal zehn Minuten jede Hilfe zu spät komme. Einfluss hätten dabei jedoch auch stets die Umgebungs- und die Wassertemp­eratur: je kälter, desto größer die Chancen zu überleben.

Höchste Lebensgefa­hr besteht jedoch, sobald Wasser in die Lunge getreten ist. „Dies führt zuerst zu einem sogenannte­n Stimmritze­nkrampf“, erklärt Haugg. Die Folge des Krampfes: Man kann nicht mehr atmen. „So kommt es dann zu einem vermindert­en Gasaustaus­ch zwischen Lunge, Blut und Gehirn.“Das Opfer werde bewusstlos, im weiteren Verlauf zerfallen die roten Blutkörper­chen, es kommt zum Herzkammer­flimmern und schließlic­h zum Tod. Der Zustand der 61-Jährigen war am Mittwoch nach Informatio­n der Polizei nach wie vor kritisch.

Bei der Rettung ist Selbstschu­tz wichtig

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Foto: Marcus Merk Es waren dramatisch­e Momente, die sich am Langweider Badeweiher abgespielt haben. Eine Frau drohte zu ertrinken und rief verzweifel­t um Hilfe.

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