Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Leopolds Feld ist zur Genüge bestellt
Weshalb die vor 30 Jahren in Augsburg gegründete Leopold-Mozart-Gesellschaft sich aufgelöst hat.
Leopold Mozart ins Gedächtnis zurückzuholen, und zwar nicht nur als gestrenger Vater des genialen Wolferls, sondern gerade auch als Musiker von eigenem Rang, das war einmal ein berechtigtes Anliegen in der Leopold-Geburtsstadt Augsburg. Fraglos haben diese Bemühungen Früchte getragen. Umso mehr irritiert, dass in jüngster Zeit manch eine der Initiativen, die den Namen Leopold Mozart im Banner führte, nicht mehr am Leben ist. Der Internationale Leopold-Mozart-Violinwettbewerb wurde im vergangenen Jahr zu Grabe getragen, selbiges gilt auch für die Leopold-Mozart-Gesellschaft: Nach eigenem Beschluss hat sich der ebenfalls in der Stadt ansässige, ebenfalls international ausgerichtete Verein bereits zum Ende des Jahres 2021 aufgelöst.
Vor 30 Jahren war die LeopoldMozart-Gesellschaft
gegründet worden, der Mozart-Forscher Josef Mancal und der Verleger Bernd Wissner waren die treibenden Kräfte. Dass der Förderverein, der von Anfang an eine wissenschaftliche Ausrichtung verfolgte, knapp vor seinem 30. Jubiläum die Segel einholte, lag nicht wie beim MozartViolinwettbewerb an strukturellen Hürden, sondern kurioserweise an der nach eigener Einschätzung positiven Bilanz seines Wirkens: Die Ziele, die sich die Gesellschaft bei ihrer Gründung gesetzt hatte, seien zu weiten Teilen erreicht worden. So jedenfalls sieht es die letzte Präsidentin der Leopold-Mozart-Gesellschaft, die emeritierte Musikwissenschafts-Professorin Marianne Danckwardt (Uni Augsburg).
Tatsächlich hat die Gesellschaft vieles angestoßen oder auch gleich selbst in die Hand genommen, um, wie Danckwardt es formuliert, das ehedem „völlig unzureichende, historisch falsche Bild“ihres Namensgebers zu korrigieren. Nach eigener Einschätzung gilt das insbesondere für die Edition sämtlicher bisher unveröffentlichter Kompositionen Leopolds. Allein die Zahl der in Augsburger Bibliotheken vorliegenden und bis dahin unedierten Werke belief sich auf 23 Kompositionen. Aber auch bei Werken, die an anderen Orten zu finden sind, konnte vielfach ein Bezug zu Augsburg nachgewiesen werden. Ergiebig für die Korrektur des früher vorherrschenden Klischee-Bildes auch die sechs Bände der „Beiträge zur Leopold-Mozart-Forschung“, darunter vor allem das 2010 vorgelegte, von Cliff Eisen erstellte Werkverzeichnis. Doch auch darüber hinaus hat sich die Gesellschaft auf vielfältige Weise stark gemacht für den aus Augsburg stammenden und später nach Salzburg übergesiedelten Musiker,
ob nun mit Konzerten oder Tagungen oder auch durch Unterstützung von externen Projekten.
Zu den maßgeblichen Leistungen der Gesellschaft gehört auch die umfangreiche Bibliografie, die bisher über die Website der Leopold-Mozart-Gesellschaft einzusehen war. Ihre Weiterführung wurde gesichert, indem sie, in Marianne Danckwardts Worten, „den biografischen Weg Leopold Mozarts nachzeichnet“: Sie ist nach Salzburg gezogen. Die dortige Stiftung Mozarteum, die international wichtigste Institution der Mozart-Forschung, hat sie in ihre Online-Kataloge eingearbeitet (www.bibliothek.mozarteum.at). Mag in Augsburg die Berechtigung, sich als die deutsche Mozartstadt zu verstehen, zunehmend wieder auf wackligen Beinen stehen, hat Salzburg wieder einen Grund dazugewonnen, seinen Rang als Welt-Mozartstadt zu stärken.