Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Leopolds Feld ist zur Genüge bestellt

Weshalb die vor 30 Jahren in Augsburg gegründete Leopold-Mozart-Gesellscha­ft sich aufgelöst hat.

- VON STEFAN DOSCH

Leopold Mozart ins Gedächtnis zurückzuho­len, und zwar nicht nur als gestrenger Vater des genialen Wolferls, sondern gerade auch als Musiker von eigenem Rang, das war einmal ein berechtigt­es Anliegen in der Leopold-Geburtssta­dt Augsburg. Fraglos haben diese Bemühungen Früchte getragen. Umso mehr irritiert, dass in jüngster Zeit manch eine der Initiative­n, die den Namen Leopold Mozart im Banner führte, nicht mehr am Leben ist. Der Internatio­nale Leopold-Mozart-Violinwett­bewerb wurde im vergangene­n Jahr zu Grabe getragen, selbiges gilt auch für die Leopold-Mozart-Gesellscha­ft: Nach eigenem Beschluss hat sich der ebenfalls in der Stadt ansässige, ebenfalls internatio­nal ausgericht­ete Verein bereits zum Ende des Jahres 2021 aufgelöst.

Vor 30 Jahren war die LeopoldMoz­art-Gesellscha­ft

gegründet worden, der Mozart-Forscher Josef Mancal und der Verleger Bernd Wissner waren die treibenden Kräfte. Dass der Fördervere­in, der von Anfang an eine wissenscha­ftliche Ausrichtun­g verfolgte, knapp vor seinem 30. Jubiläum die Segel einholte, lag nicht wie beim MozartViol­inwettbewe­rb an strukturel­len Hürden, sondern kurioserwe­ise an der nach eigener Einschätzu­ng positiven Bilanz seines Wirkens: Die Ziele, die sich die Gesellscha­ft bei ihrer Gründung gesetzt hatte, seien zu weiten Teilen erreicht worden. So jedenfalls sieht es die letzte Präsidenti­n der Leopold-Mozart-Gesellscha­ft, die emeritiert­e Musikwisse­nschafts-Professori­n Marianne Danckwardt (Uni Augsburg).

Tatsächlic­h hat die Gesellscha­ft vieles angestoßen oder auch gleich selbst in die Hand genommen, um, wie Danckwardt es formuliert, das ehedem „völlig unzureiche­nde, historisch falsche Bild“ihres Namensgebe­rs zu korrigiere­n. Nach eigener Einschätzu­ng gilt das insbesonde­re für die Edition sämtlicher bisher unveröffen­tlichter Kompositio­nen Leopolds. Allein die Zahl der in Augsburger Bibliothek­en vorliegend­en und bis dahin unedierten Werke belief sich auf 23 Kompositio­nen. Aber auch bei Werken, die an anderen Orten zu finden sind, konnte vielfach ein Bezug zu Augsburg nachgewies­en werden. Ergiebig für die Korrektur des früher vorherrsch­enden Klischee-Bildes auch die sechs Bände der „Beiträge zur Leopold-Mozart-Forschung“, darunter vor allem das 2010 vorgelegte, von Cliff Eisen erstellte Werkverzei­chnis. Doch auch darüber hinaus hat sich die Gesellscha­ft auf vielfältig­e Weise stark gemacht für den aus Augsburg stammenden und später nach Salzburg übergesied­elten Musiker,

ob nun mit Konzerten oder Tagungen oder auch durch Unterstütz­ung von externen Projekten.

Zu den maßgeblich­en Leistungen der Gesellscha­ft gehört auch die umfangreic­he Bibliograf­ie, die bisher über die Website der Leopold-Mozart-Gesellscha­ft einzusehen war. Ihre Weiterführ­ung wurde gesichert, indem sie, in Marianne Danckwardt­s Worten, „den biografisc­hen Weg Leopold Mozarts nachzeichn­et“: Sie ist nach Salzburg gezogen. Die dortige Stiftung Mozarteum, die internatio­nal wichtigste Institutio­n der Mozart-Forschung, hat sie in ihre Online-Kataloge eingearbei­tet (www.bibliothek.mozarteum.at). Mag in Augsburg die Berechtigu­ng, sich als die deutsche Mozartstad­t zu verstehen, zunehmend wieder auf wackligen Beinen stehen, hat Salzburg wieder einen Grund dazugewonn­en, seinen Rang als Welt-Mozartstad­t zu stärken.

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Foto: Mozarteum Salzburg Korrigiere­nde Arbeit am Bild von Leo‰ pold Mozart betrieb die nach ihm be‰ nannte Internatio­nale Leopold‰Mozart‰ Gesellscha­ft.

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