Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Warum die Raiffeisenbank an den Filialen festhält
Wirtschaft
Alexander Guggemos aus Dinkelscherben ist neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates der Raiffeisenbank im Augsburger Land West. Ihr Wachstum stellt die Bank vor Herausforderungen.
Horgau Mit ihren zwölf Filialen im westlichen Augsburger Land und dem angrenzenden Landkreis Günzburg bleibt die Raiffeisenbank der ländlich geprägten Region verbunden. Die daraus resultierenden Faktoren und ein unerwartet starkes Wachstum der Bilanzsumme stellten die Genossenschaft jedoch auch vor Herausforderungen, wie bei der Generalversammlung in Horgau deutlich wurde. Karl Rau und Hermann Scherer, Vorstandsmitglieder der Bank, informierten die Mitglieder über die Entwicklung der Geschäftszahlen. Um 3,7 Prozent auf 718 Millionen Euro erhöhte sich die Bilanzsumme der Bank. Ihr Eigenkapital liegt bei 61,5 Millionen Euro.
Die niedrigen Zinsen im Vorjahr und die rege Bautätigkeit führten zu einem überdurchschnittlichen Wachstum der Ausleihungen um 7,5 Prozent auf 439 Millionen Euro. Ungebrochen war auch die Spartätigkeit der Kunden. 1400 neu abgeschlossene Fonds- oder Banksparpläne auf nunmehr 18.500 Verträge, sowie alle sonstigen Geldanlagen ließen das von der Bank betreute Kundenvolumen um 9,1 Prozent auf 1,9 Milliarden ansteigen.
Das Wachstum der Kundeneinlagen bei der Bank um 2,3 Prozent auf 718 Millionen Euro, wovon 379 Millionen Euro täglich verfügbar sind, stellten das Institut vor Herausforderungen. „Diese Struktur unserer Einlagen hat uns auch im Jahr 2021 das Leben bei der Nullzinspolitik nicht einfach gemacht, denn wie und wo lässt sich bei dieser Zinslandschaft mit diesem Geld noch etwas verdienen?“, fragte Rau und verwies auf ein Schaubild der Zinsstrukturkurve.
Erst ab einem Anlagezeitraum von fünf Jahren könnten Erträge erwirtschaftet werden, wie daraus er
sichtlich war. Trotz dieser Umstände weist die Bank einen Bilanzgewinn von 1,1 Millionen Euro nach. Die Leistungsfähigkeit einer Bank wird bundesweit am sogenannten Betriebsergebnis gemessen. Im Mehrjahresvergleich errechnet sich aus der Jahresdurchschnittsbilanzsumme
eine Kennzahl von 0,8 Prozent, welche auf dem Niveau der bayerischen Genossenschaften liegt.
Anders verhält es sich aufseiten der Betriebskosten, deren Kennzahl zwar gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent auf 1,44 Prozent gesunken ist, aber immer noch um 0,8 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt. Geschuldet ist dies offenbar dem Filialnetz in der Region.
Mittlerweile befindet sich nur noch an vier Filialstandorten ein Mitbewerber.
Am guten Ergebnis der Bank werden auch die 20.533 Mitglieder durch eine Dividendenzahlung in Höhe von 0,5 Prozent auf ihre Geschäftsguthaben beteiligt. Durch den Mitgliederbonus und Vorteile bei Kontoführungs- und Kartengebühren summiert sich die Vergütung für die Teilhaber insgesamt auf einen Betrag von 512.000 Euro, wodurch sich eine durchschnittliche Rendite von sechs Prozent errechnet.
Hermann Scherer bekräftigte die Philosophie der Bank, mit ihrem Filialnetz und ihren Beratern vor Ort, die Verbundenheit zur Region zu erhalten. Ein Marktanteil von 33.600 Kunden bei einer Einwohnerzahl von 45.000 rechtfertige diese Strategie. Verpflichtet fühlt sich die Genossenschaft auch im sozialen
Bereich. Das Spendenvolumen lag 2021 bei 112.000 Euro. Alle im Genossenschaftsgebiet vertretenen Feuerwehren, Schützen- und Musikvereine erhielten daraus als „Coronabeihilfe“jeweils 400 Euro, einen Zuschuss von 10.000 Euro zum Fahrzeugkauf erhielt die Sozialstation Augsburg Land West. 149 Beschäftigte hat die Bank derzeit, vier davon sind Auszubildende. „Es gestaltet sich nicht immer einfach, geeignete Mitarbeiter, die unser Haus und unsere Kultur gut finden, in dieser kurzlebigen Zeit für uns zu gewinnen“, erläuterte Scherer die schwierige Lage am Arbeitsmarkt. Positiv wirke sich die bestehende IHK-Schulpartnerschaft mit der Realschule in Zusmarshausen aus.
Bei den Wahlen zum Aufsichtsrat wurde Helmut Walter aus Gessertshausen wiedergewählt. Ausgeschieden ist wegen Erreichen der Altersgrenze der Aufsichtsratsvorsitzende
Walter Michale aus Horgau. Der 66-jährige Jurist war seit 1990 bis zur Fusion 2007 in der ehemaligen Raiffeisenbank Horgau im Aufsichtsrat tätig. Seit 2018 hatte er den Vorsitz des Gremiums inne. Für seine 32-jährige ehrenamtliche Tätigkeit zeichnete ihn Siegfried Drexl, Vorstandsmitglied des Genossenschaftsverbandes Bayern, mit der goldenen Ehrennadel des Verbandes aus. Lobende Worte und ein Abschiedsgeschenk der Bank bekam Michale von Hermann Scherer und Karl Rau. Für ihre fast 40-jährige Tätigkeit in der Genossenschaftsorganisation bekamen die beiden Vorstände ebenfalls die goldene Ehrennadel des Verbandes von Siegfried Drexl überreicht. Neu in den Aufsichtsrat wählte die Versammlung Georg Bruckmeir aus Horgau, neuer Vorsitzender des Gremiums wurde Alexander Guggemos aus Dinkelscherben.
Durchschnittliche Rendite liegt bei sechs Prozent