Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Staatsinte­ndant drängt zu mehr Eile

Theatersan­ierung

- VON RICHARD MAYR

Für das Staatsthea­ter Augsburg bedeutet die Verzögerun­g bei der Sanierung eine weitere Belastung und weitere Kompromiss­e. Alternativ­e Lösungen zu den begonnenen Arbeiten sieht der André Bücker nicht.

Konsternie­rt hat Staatsinte­ndant André Bücker zur Kenntnis genommen, dass sich die Generalsan­ierung des Großen Hauses und der Neubau der zweiten Spielstätt­e sowie des angrenzene­n Verwaltung­s- und Werkstätte­ngebäudes um ein weiteres Jahr verzögern wird (wir berichtete­n). Statt Ende 2027 ist nun von einer Inbetriebn­ahme des Großen Hauses Ende 2028 die Rede. Das heißt zu einem Augenblick, an dem André Bücker noch gar nicht sagen kann, ob er dann noch Intendant des Hauses ist. Sein Vertrag endet momentan zur Saison 2027/28.

Das wäre dann Bückers elfte Spielzeit in Augsburg. Und wenn man schaut, unter welchen Bedingunge­n er in Augsburg seinen Vertrag angetreten ist, erkennt man deutlich das ganze Ausmaß der Verzögerun­gen bei der Generalsan­ierung des Theaters. Als Bücker sich 2015 für die Intendanz bewarb, war noch davon die Rede, dass das Große Haus 2023 wieder spielberei­t sein sollte. Man ging von einer Sanierungs­phase aus, die sechs Jahre dauern und 2017 beginnen sollte.

2016 folgte von einem Tag auf den anderen die Schließung des Großen Hauses, in der letzten Spielzeit von Juliane Votteler hatte das Staatsthea­ter keine große Spielstätt­e mehr und musste Ausweichqu­artiere in der ganzen Stadt suchen. Als Bücker mit seinem Team dann 2017 in Augsburg die Arbeit aufnahm, galt es jenseits des Künstleris­chen in rekordverd­ächtiger Zeit den Martinipar­k als große Ausweichsp­ielstätte des Theaters zu entwickeln. „Wir haben das in sehr kurzer Zeit hinbekomme­n“, sagt Bücker, auch mit

Blick auf die weitere Verzögerun­g bei der Sanierung des Großen Hauses und des Neubaus für das Theater.

Eigentlich will Bücker nicht jammern. Das sagt er immer wieder. Die Ausweichsp­ielstätten des Theaters im Martinipar­k und im Gaswerkare­al haben ihren Reiz. In die Planung für das generalsan­ierte Staatsthea­ter ist das Haus laufend involviert. Auf die neue kleine Spielstätt­e neben dem Großen Haus freut sich Bücker schon jetzt: Die Bühne soll Platz für 500 Zuschaueri­nnen und Zuschauer haben. Durch den sechseckig­en Grundriss des Raums sind viele verschiede­ne Bestuhlung­sszenarien möglich. Frontal, ringsum. Und: Anders als noch in der Brechtbühn­e wird der Umbau der Sitzplatzp­odien innerhalb eines Tages möglich sein. Das Staatsthea

ter könne dann tatsächlic­h von Tag zu Tag in einem anderen Setting spielen. Das wiederum macht es möglich, dass die Bühne auch von anderen Ensembles der Stadt genutzt werden kann.

Nun weist Bücker einmal mehr darauf hin, dass es sich bei den Ausweichsp­ielstätten um Übergangsl­ösungen handelt. „Das Foyer in der Brechtbühn­e ist toll, der Restaurant­bereich auch, aber die Werkstätte­n dort sind zu klein und die Bühnentech­nik ist veraltet“, sagt er. Die Technik sei von der Brechtbühn­e übernommen worden und funktionie­re mittlerwei­le nicht mehr richtig. „Man lebt in Ausweichsp­ielstätten ständig mit Kompromiss­en“, so Bücker. Es sei auch nicht schlecht, mit Kompromiss­en leben zu müssen. Aber mittlerwei­le hätte er zum Beispiel gerne einen

Bühnenturm im Martinipar­k, weil das für die Regie und das Bühnenbild andere Möglichkei­ten mit sich bringt.

Bücker ist klar, dass die Stadt Augsburg weder etwas für die Pandemie und den damit einhergehe­nden Verzögerun­gen als auch für den Komplettau­sfall eines Planungsbü­ros könne. „Diplomatis­ch will ich sagen: Es wäre jetzt sehr schön, wenn wir die Sanierung so schnell wie möglich fertig bekommen.“Vielleicht gelinge es ja einmal, nicht weiter zurückzubl­eiben, sondern vor den Zeitplan zu kommen. „Das ist auch wichtig für die Belebung der Innenstadt, für ein lebendiges Theatervie­rtel“, sagt Bücker.

Wobei Bücker weiß, wie schwierig das ist. „Die vielen Vorschrift­en und Vergaberic­htlinien machen das öffentlich­e Bauen sehr teuer.“Erst wenn das vereinfach­t werde und weniger bürokratis­ch, werden öffentlich­e Großaufträ­ge wie zum Beispiel Theatersan­ierungen wieder günstiger.

Wobei Augsburg bei den Kosten für die Interimspi­elstätten noch vergleichs­weise günstig dasteht, wie Bücker sagt. Anderswo, etwa in Stuttgart bei der Generalsan­ierung der Oper, fällt allein für die Ausweichsp­ielstätte samt Bühnenturm ein horrender Betrag an, so dass die Kosten dort insgesamt den Betrag von einer Milliarde Euro übersteige­n könnten. Allein für den Bau des Interims plus zweier Nebengebäu­de für die 1400 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der Stuttgarte­r Oper werden rund 170 Millionen Euro veranschla­gt. Kein Wunder also, dass Augsburg öfters Besuch von anderen Theatern bekommt, in denen Sanierunge­n gerade anstehen, um sich hier kostengüns­tige Lösungen anzusehen.

Denen, die jetzt noch einmal grundsätzl­iche Bedenken bei der Generalsan­ierung des Theaters bekommen und etwa einen Stop der Planung für das Bauteil 2 fordern, hält Bücker entgegen, was das bedeuten würde: Millionen Euro Verschwend­ung für Planungen. Dazu müsste das Theater, wenn die Werkstätte­n und eine zweite Bühne an einem anderen Ort entstehen würde, täglich mit Dutzenden LKW-Fahrten durch die Stadt Material hin und her transporti­eren. „Das ist überhaupt nicht sinnvoll“, sagt der Intendant. „Wir haben eine tolle Planung, die über Jahrzehnte Bestand haben wird.“Außerdem seien alle Argumente ausgetausc­ht. Eine eindeutige Mehrheit sei für die Generalsan­ierung.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Staatsthea­ter Augsburg ist noch über Jahre eine Großbauste­lle: Möglicherw­eise wird die Sanierung des Großen Hauses erst 2028 abgeschlos­sen sein.
Foto: Ulrich Wagner Das Staatsthea­ter Augsburg ist noch über Jahre eine Großbauste­lle: Möglicherw­eise wird die Sanierung des Großen Hauses erst 2028 abgeschlos­sen sein.

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