Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Weltbild ist zurück auf der Erfolgsspur
Wirtschaft Im Jahr 2014 stellte die Verlagsgruppe einen Insolvenzantrag. Viele Arbeitsplätze gingen dabei verloren. Unter dem neuen Eigentümer führt der Weg am Standort Augsburg in die digitale Zukunft.
Wer im Wirtschaftsleben über „Weltbild“spricht, denkt vielleicht noch immer an die Augsburger Verlagsgruppe. An den Firmensitz mit Bürokomplexen in der Steinernen Furt und weitere große Hallen in Lechhausen. An viele Weltbild-Filialen im In- und Ausland. Doch das ist vorbei. Das Unternehmen geriet vor acht Jahren ins Schlingern, das Geschäftsmodell in bewährter Form ging nicht mehr auf. Weltbild schlitterte in die Insolvenz. Unter neuen Eigentümern folgte ein Neustart.
Das Unternehmen nennt sich nun Weltbild, die Bezeichnung Verlagsgruppe ist weggefallen. Man setzt auf das Onlinegeschäft. Weltbild zeigt wieder Präsenz im Stadtgebiet. In einem repräsentativen Gebäude in der Ohmstraße in Göggingen sitzt die neue Firmenzentrale. Sie bietet Platz für 400 Beschäftigte. Zudem ist der Bau eines Logistikzentrums in Lechhausen geplant.
Weltbild versteht sich als deutsches Handelsunternehmen mit Sitz in Augsburg. Neben Büchern und E-Books vertreibt das Unternehmen auch CDs, DVDs, Produkte für zu Hause, Elektronik, Geschenkartikel und Haushaltsartikel. Spielzeug wird vor allem über die Marke Kidoh (Katalogversand und Internet) vertrieben. Es war am Jahresbeginn 2014, als der damalige Eigentümer den Insolvenzantrag gestellt hatte. Die katholische Kirche, der die Verlagsgruppe gehörte, weigerte sich, das defizitäre Geschäft weiter zu finanzieren. Die Konkurrenz von Amazon hatte Weltbild abgehängt. Zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags hatte die Verlagsgruppe noch 6300 Beschäftigte weltweit.
Lange war es nicht sicher, ob es für Weltbild weitergehen wird. Die Verlagsgruppe galt als zweitgrößter Buchhändler in Deutschland. Zum 1. Juli 2014 übernahm das Finanzunternehmen Droege International Group zunächst 60 Prozent der Geschäftsanteile, mittlerweile gehört Weltbild dem Unternehmen Droege zu 100 Prozent. Der Einstieg war nach Auskunft von Droege erfolgt, um die Neuausrichtung voranzutreiben. Ziel sei es gewesen, unter der starken Marke Weltbild einen Multikanal-Marktplatz aufzubauen. Die Digitalisierung spielte dabei eine zentrale Rolle – heute mehr denn je.
Aktuelle Geschäftszahlen unterstreichen den Erfolg des eingeschlagenen Weges. Der Umsatz liegt bei mehr als 500 Millionen Euro. 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für die Gruppe tätig. 400 Beschäftigte arbeiten in Augsburg. Es gibt rund 50 Filialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Hol
heißt seit April 2021 „Weltbild D2C Group GmbH“, kurz: Weltbild. Nach Unternehmensangaben ist sie einer der führenden Buch- und Medienhändler in Deutschland und zähle zu den Top 3 Buchhandelsunternehmen (Buchreport 3/2021). Im Internetbuchhandel nehme Weltbild.de den dritten Platz ein.
Weltbild investiert auch weiterhin in Augsburg. Ein neues Logistikzentrum wird errichtet. Es zieht in die Pfaffenhofener Straße in Lechhausen. Auch die Verlagsgruppe Weltbild betrieb früher an diesem Standort ihr Logistikzentrum. Es wurde nach Tschechien verlagert. Das alte Logistikzentrum war 2017 geschlos
sen worden. Es befand sich in Besitz des ebenfalls zur Droege Group gehörenden Logistikunternehmens Also. Die Schließung des Augsburger Standorts 2017 war begleitet worden von Protesten der Gewerkschaft Verdi, des Betriebsrates und der Beschäftigten.
Nach dem Auszug aus der früheren Zentrale in der Steinernen Furt hatte Weltbild für die deutlich kleinere Bürofläche im Stadtgebiet Räume angemietet. Hier saß man unter anderem bei Böwe. Jetzt gibt es wieder einen Bürokomplex, der eigens für Beschäftigte des Onlinehändlers konzipiert ist. Es steht im sogenannten Campus „Augsburg Offices“
nahe der Eichleitnerstraße. Allerdings liegt das Gebäude, das am Montag offiziell eingeweiht wurde, versteckt auf dem Areal. Oberbürgermeisterin Eva Weber, die im Jahr des Insolvenzantrags als Wirtschaftsund Finanzreferentin agierte, erinnerte sich am Montag an die herausfordernde Konstellation. Heute könne man sagen, „dass die Geschichte ein gutes Ende gefunden hat“.
So sieht es auch Christian Sailer. Er ist seit fünf Jahren Chef von Weltbild: „Unsere Zentrale ist ein Bekenntnis zum Standort.“Man habe einen Zehn-Jahres-Mietvertrag unterzeichnet und wolle mit dem Bau Transparenz und Modernität verkörpern. Es gibt viele lichtdurchflutete Großraumbüros auf vier Etagen.
Weltbild setzt auf Digitalität. Dies zeigt sich auch in internen Abläufen. Gegenwärtig sind 70 Prozent der Beschäftigten in Augsburg im Homeoffice. Sailer glaubt, dass die neue Zentrale Anreiz sein werde, um den Arbeitsplatz daheim wieder häufiger zu verlassen. Umstellen müssen sich Beschäftigte auf geänderte Abläufe. „Wer mindestens drei Tage in der Zentrale ist, hat einen festen Arbeitsplatz“, so Sailer. Ansonsten müsse man flexibel sein. Um diese Wechsel zu ermöglichen, müsse der Arbeitsding
platz stets aufgeräumt sein. Keine Unterschiede macht Weltbild bei der technischen Ausstattung. Für Beschäftigte und Führungsriege gibt es jeweils zwei Computer und einen Laptop am Arbeitsplatz. Sailer wünscht sich, dass die Belegschaft immer wieder ihren Arbeitsplatz in der Zentrale wechselt. „Ich selbst sitze auch gerne unter den Mitarbeitern“, sagt Sailer, „auf diese Weise erfährt man viel mehr, was gut läuft oder auch mal schlecht.“In der Zentrale selbst stehen 200 Tiefgaragenplätze zur Verfügung. Damit alle Beschäftigten einen Parkplatz erhalten, hat Weltbild zudem 200 Parkplätze im nicht weit entfernten Parkhaus der Firma Hosokawa Alpine angemietet. „Diese Aspekte sind auch ein Kriterium, um uns für neue Mitarbeiter attraktiv zu machen“, ergänzt Sailer. Bei Weltbild arbeiten hauptsächlich Medienkaufleute und ITExperten.
Der ehemalige Firmensitz der Weltbild Verlagsgruppe in Lechhausen wird mittlerweile von einem anderen bekannten Unternehmen mit großer Geschichte in Augsburg genutzt. Die Firma NCR hat in der Steinernen Furt ihr Domizil. Ihr Standort in Kriegshaber wurde aufgegeben. »Kommentar Seite 32