Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weltbild ist zurück auf der Erfolgsspu­r

Wirtschaft Im Jahr 2014 stellte die Verlagsgru­ppe einen Insolvenza­ntrag. Viele Arbeitsplä­tze gingen dabei verloren. Unter dem neuen Eigentümer führt der Weg am Standort Augsburg in die digitale Zukunft.

- VON MICHAEL HÖRMANN

Wer im Wirtschaft­sleben über „Weltbild“spricht, denkt vielleicht noch immer an die Augsburger Verlagsgru­ppe. An den Firmensitz mit Bürokomple­xen in der Steinernen Furt und weitere große Hallen in Lechhausen. An viele Weltbild-Filialen im In- und Ausland. Doch das ist vorbei. Das Unternehme­n geriet vor acht Jahren ins Schlingern, das Geschäftsm­odell in bewährter Form ging nicht mehr auf. Weltbild schlittert­e in die Insolvenz. Unter neuen Eigentümer­n folgte ein Neustart.

Das Unternehme­n nennt sich nun Weltbild, die Bezeichnun­g Verlagsgru­ppe ist weggefalle­n. Man setzt auf das Onlinegesc­häft. Weltbild zeigt wieder Präsenz im Stadtgebie­t. In einem repräsenta­tiven Gebäude in der Ohmstraße in Göggingen sitzt die neue Firmenzent­rale. Sie bietet Platz für 400 Beschäftig­te. Zudem ist der Bau eines Logistikze­ntrums in Lechhausen geplant.

Weltbild versteht sich als deutsches Handelsunt­ernehmen mit Sitz in Augsburg. Neben Büchern und E-Books vertreibt das Unternehme­n auch CDs, DVDs, Produkte für zu Hause, Elektronik, Geschenkar­tikel und Haushaltsa­rtikel. Spielzeug wird vor allem über die Marke Kidoh (Katalogver­sand und Internet) vertrieben. Es war am Jahresbegi­nn 2014, als der damalige Eigentümer den Insolvenza­ntrag gestellt hatte. Die katholisch­e Kirche, der die Verlagsgru­ppe gehörte, weigerte sich, das defizitäre Geschäft weiter zu finanziere­n. Die Konkurrenz von Amazon hatte Weltbild abgehängt. Zum Zeitpunkt des Insolvenza­ntrags hatte die Verlagsgru­ppe noch 6300 Beschäftig­te weltweit.

Lange war es nicht sicher, ob es für Weltbild weitergehe­n wird. Die Verlagsgru­ppe galt als zweitgrößt­er Buchhändle­r in Deutschlan­d. Zum 1. Juli 2014 übernahm das Finanzunte­rnehmen Droege Internatio­nal Group zunächst 60 Prozent der Geschäftsa­nteile, mittlerwei­le gehört Weltbild dem Unternehme­n Droege zu 100 Prozent. Der Einstieg war nach Auskunft von Droege erfolgt, um die Neuausrich­tung voranzutre­iben. Ziel sei es gewesen, unter der starken Marke Weltbild einen Multikanal-Marktplatz aufzubauen. Die Digitalisi­erung spielte dabei eine zentrale Rolle – heute mehr denn je.

Aktuelle Geschäftsz­ahlen unterstrei­chen den Erfolg des eingeschla­genen Weges. Der Umsatz liegt bei mehr als 500 Millionen Euro. 1500 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sind für die Gruppe tätig. 400 Beschäftig­te arbeiten in Augsburg. Es gibt rund 50 Filialen in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz. Die Hol

heißt seit April 2021 „Weltbild D2C Group GmbH“, kurz: Weltbild. Nach Unternehme­nsangaben ist sie einer der führenden Buch- und Medienhänd­ler in Deutschlan­d und zähle zu den Top 3 Buchhandel­sunternehm­en (Buchreport 3/2021). Im Internetbu­chhandel nehme Weltbild.de den dritten Platz ein.

Weltbild investiert auch weiterhin in Augsburg. Ein neues Logistikze­ntrum wird errichtet. Es zieht in die Pfaffenhof­ener Straße in Lechhausen. Auch die Verlagsgru­ppe Weltbild betrieb früher an diesem Standort ihr Logistikze­ntrum. Es wurde nach Tschechien verlagert. Das alte Logistikze­ntrum war 2017 geschlos

sen worden. Es befand sich in Besitz des ebenfalls zur Droege Group gehörenden Logistikun­ternehmens Also. Die Schließung des Augsburger Standorts 2017 war begleitet worden von Protesten der Gewerkscha­ft Verdi, des Betriebsra­tes und der Beschäftig­ten.

Nach dem Auszug aus der früheren Zentrale in der Steinernen Furt hatte Weltbild für die deutlich kleinere Bürofläche im Stadtgebie­t Räume angemietet. Hier saß man unter anderem bei Böwe. Jetzt gibt es wieder einen Bürokomple­x, der eigens für Beschäftig­te des Onlinehänd­lers konzipiert ist. Es steht im sogenannte­n Campus „Augsburg Offices“

nahe der Eichleitne­rstraße. Allerdings liegt das Gebäude, das am Montag offiziell eingeweiht wurde, versteckt auf dem Areal. Oberbürger­meisterin Eva Weber, die im Jahr des Insolvenza­ntrags als Wirtschaft­sund Finanzrefe­rentin agierte, erinnerte sich am Montag an die herausford­ernde Konstellat­ion. Heute könne man sagen, „dass die Geschichte ein gutes Ende gefunden hat“.

So sieht es auch Christian Sailer. Er ist seit fünf Jahren Chef von Weltbild: „Unsere Zentrale ist ein Bekenntnis zum Standort.“Man habe einen Zehn-Jahres-Mietvertra­g unterzeich­net und wolle mit dem Bau Transparen­z und Modernität verkörpern. Es gibt viele lichtdurch­flutete Großraumbü­ros auf vier Etagen.

Weltbild setzt auf Digitalitä­t. Dies zeigt sich auch in internen Abläufen. Gegenwärti­g sind 70 Prozent der Beschäftig­ten in Augsburg im Homeoffice. Sailer glaubt, dass die neue Zentrale Anreiz sein werde, um den Arbeitspla­tz daheim wieder häufiger zu verlassen. Umstellen müssen sich Beschäftig­te auf geänderte Abläufe. „Wer mindestens drei Tage in der Zentrale ist, hat einen festen Arbeitspla­tz“, so Sailer. Ansonsten müsse man flexibel sein. Um diese Wechsel zu ermögliche­n, müsse der Arbeitsdin­g

platz stets aufgeräumt sein. Keine Unterschie­de macht Weltbild bei der technische­n Ausstattun­g. Für Beschäftig­te und Führungsri­ege gibt es jeweils zwei Computer und einen Laptop am Arbeitspla­tz. Sailer wünscht sich, dass die Belegschaf­t immer wieder ihren Arbeitspla­tz in der Zentrale wechselt. „Ich selbst sitze auch gerne unter den Mitarbeite­rn“, sagt Sailer, „auf diese Weise erfährt man viel mehr, was gut läuft oder auch mal schlecht.“In der Zentrale selbst stehen 200 Tiefgarage­nplätze zur Verfügung. Damit alle Beschäftig­ten einen Parkplatz erhalten, hat Weltbild zudem 200 Parkplätze im nicht weit entfernten Parkhaus der Firma Hosokawa Alpine angemietet. „Diese Aspekte sind auch ein Kriterium, um uns für neue Mitarbeite­r attraktiv zu machen“, ergänzt Sailer. Bei Weltbild arbeiten hauptsächl­ich Medienkauf­leute und ITExperten.

Der ehemalige Firmensitz der Weltbild Verlagsgru­ppe in Lechhausen wird mittlerwei­le von einem anderen bekannten Unternehme­n mit großer Geschichte in Augsburg genutzt. Die Firma NCR hat in der Steinernen Furt ihr Domizil. Ihr Standort in Kriegshabe­r wurde aufgegeben. »Kommentar Seite 32

 ?? Fotos: Michael Hochgemuth ?? Weltbild‰Chef Christian Sailer (vorne) setzt auf Transparen­z in der neuen Zentrale, die aus diesem Büro auch einen Blick auf den Hotelturm freigibt. Auf dem Bild zu sehen sind Natalie Müller (links hinten), Judith Geh (links vorne), Andrea Breumair und Clemens Schiel.
Fotos: Michael Hochgemuth Weltbild‰Chef Christian Sailer (vorne) setzt auf Transparen­z in der neuen Zentrale, die aus diesem Büro auch einen Blick auf den Hotelturm freigibt. Auf dem Bild zu sehen sind Natalie Müller (links hinten), Judith Geh (links vorne), Andrea Breumair und Clemens Schiel.
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Das ist die neue Firmenzent­rale von Weltbild.

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