Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zinswende bringt den Sparern wenig
Geld Die EZB will die Zinsen anheben. Doch der Effekt für Bankkunden ist gering.
Berlin/München Nein, für die Sparer in Deutschland wird jetzt nicht alles gut. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zwar das Ende der Negativzinsen ausgerufen, aber das heißt nicht, dass Guthaben auf Girokonten verzinst werden. Die Zinswende bedeutet zunächst einmal, dass Sparerinnen und Sparer weniger oder keine Strafgebühren mehr zahlen, wenn sie größere Summen auf dem Konto angesammelt haben.
Die Deutsche Bank ist vorangegangen und hat angekündigt, den Strafzins von 0,5 auf 0,25 Prozent zu senken. Die Genossenschaftsbanken in Bayern stellen das Gleiche in Aussicht. Dort heißen die Strafzinsen Verwahrentgelte. „Sollte die EZB in diesem Jahr auch die Verwahrentgelte, die sie von den Banken verlangt, senken, dürften auch die Verwahrentgelte für die wenigen betroffenen Kundinnen und Kunden an Bedeutung verlieren“, verspricht der Chef des Genossenschaftsverbandes Bayern, Gregor Scheller. Er stellt aber klar, dass darüber hinaus nicht viel zu erwarten ist: „Auch wenn die Verwahrentgelte verschwinden, sind auf Einlagen auf absehbare Zeit weiterhin keine hohen Zinsen zu erwarten“, sagte er unserer Redaktion.
Die bayerischen Sparkassen sind sogar bei den Strafzinsen zurückhaltender. „Im Moment sind wir davon leider noch ein gutes Stück entfernt“, sagt Verbandschef Ulrich Reuter auf Anfrage. Erst wenn die EZB ihre Leitzinssätze deutlich über null angehoben hat, „könnte auch die Geschäftspolitik der Sparkassen in einen Normalmodus zurückführen“. Nach den Schätzungen der Notenbank-Deuter wird das Territorium deutlich über null frühestens Ende des Jahres erreicht.
Hendrik Buhrs vom Geldratgeber Finanztip erwartet, dass die Zeit der Strafzinsen über den Sommer ausläuft, weil Schwergewichte wie
Deutsche Bank und ING vorangehen und die Konkurrenten unter Druck setzen. „Bei den restlichen Bankgebühren sehe ich noch keine Änderung“, berichtet Buhrs. Die Geldhäuser hatten in den vergangenen Jahren für Kontoführung, Überweisungen und Depots deutlich mehr abgerechnet als zuvor. Die Ära des Gratis-Kontos dürfte nach den mageren Gewinnen in der Finanzindustrie so schnell nicht wieder zurückkehren.
Den kleinen Verbesserungen für die Sparer steht die massive Geldentwertung gegenüber, die diese regelrecht plättet. Mit 7,9 Prozent klettern die Preise so schnell wie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr. Das können die Banken über ihre Konto-Zinsen nicht ausgleichen.
„Der Vorteil des Bankkontos ist die Verlässlichkeit, nicht die Rendite. Deshalb würde ich zumindest reinschnuppern ins Thema Aktiensparplan“, sagt Geldexperte Buhrs. Er rät nun allen Sparern, ihr Geld für die langfristige Anlage in Indexfonds zu stecken – sogenannte ETFs, die einen breiten Aktienindex nachbauen. Die Gelegenheit ist derzeit allerdings ungünstig, denn die Kurse fallen.
Der Grund: Weil die Zinsen in den USA schneller steigen, fließt viel Geld in US-Staatsanleihen, das zuvor in Aktien gesteckt hat. Die Frage ist, ob Anleger jetzt einsteigen sollten, wenn die Kurse perspektivisch in den nächsten Monaten weiter fallen könnten. Alternativen dazu gibt es wenige: Immobilien sind überteuert, für Festgeld mit Bindung über ein Jahr gibt es immerhin rund ein Prozent Zinsen.
Dieser Zinssatz könnte allerdings bald von der Realität überholt sein, wenn die EZB den Leitzins schneller anhebt. Beim Tagesgeld rechnet Marktbeobachter Buhrs in den kommenden Wochen mit viel Bewegung. Derzeit liegen die Sätze dem Experten zufolge noch nahe der Nulllinie.