Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zinswende bringt den Sparern wenig

Geld Die EZB will die Zinsen anheben. Doch der Effekt für Bankkunden ist gering.

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MATTHIAS ZIMMERMANN

Berlin/München Nein, für die Sparer in Deutschlan­d wird jetzt nicht alles gut. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat zwar das Ende der Negativzin­sen ausgerufen, aber das heißt nicht, dass Guthaben auf Girokonten verzinst werden. Die Zinswende bedeutet zunächst einmal, dass Sparerinne­n und Sparer weniger oder keine Strafgebüh­ren mehr zahlen, wenn sie größere Summen auf dem Konto angesammel­t haben.

Die Deutsche Bank ist vorangegan­gen und hat angekündig­t, den Strafzins von 0,5 auf 0,25 Prozent zu senken. Die Genossensc­haftsbanke­n in Bayern stellen das Gleiche in Aussicht. Dort heißen die Strafzinse­n Verwahrent­gelte. „Sollte die EZB in diesem Jahr auch die Verwahrent­gelte, die sie von den Banken verlangt, senken, dürften auch die Verwahrent­gelte für die wenigen betroffene­n Kundinnen und Kunden an Bedeutung verlieren“, verspricht der Chef des Genossensc­haftsverba­ndes Bayern, Gregor Scheller. Er stellt aber klar, dass darüber hinaus nicht viel zu erwarten ist: „Auch wenn die Verwahrent­gelte verschwind­en, sind auf Einlagen auf absehbare Zeit weiterhin keine hohen Zinsen zu erwarten“, sagte er unserer Redaktion.

Die bayerische­n Sparkassen sind sogar bei den Strafzinse­n zurückhalt­ender. „Im Moment sind wir davon leider noch ein gutes Stück entfernt“, sagt Verbandsch­ef Ulrich Reuter auf Anfrage. Erst wenn die EZB ihre Leitzinssä­tze deutlich über null angehoben hat, „könnte auch die Geschäftsp­olitik der Sparkassen in einen Normalmodu­s zurückführ­en“. Nach den Schätzunge­n der Notenbank-Deuter wird das Territoriu­m deutlich über null frühestens Ende des Jahres erreicht.

Hendrik Buhrs vom Geldratgeb­er Finanztip erwartet, dass die Zeit der Strafzinse­n über den Sommer ausläuft, weil Schwergewi­chte wie

Deutsche Bank und ING vorangehen und die Konkurrent­en unter Druck setzen. „Bei den restlichen Bankgebühr­en sehe ich noch keine Änderung“, berichtet Buhrs. Die Geldhäuser hatten in den vergangene­n Jahren für Kontoführu­ng, Überweisun­gen und Depots deutlich mehr abgerechne­t als zuvor. Die Ära des Gratis-Kontos dürfte nach den mageren Gewinnen in der Finanzindu­strie so schnell nicht wieder zurückkehr­en.

Den kleinen Verbesseru­ngen für die Sparer steht die massive Geldentwer­tung gegenüber, die diese regelrecht plättet. Mit 7,9 Prozent klettern die Preise so schnell wie seit einem halben Jahrhunder­t nicht mehr. Das können die Banken über ihre Konto-Zinsen nicht ausgleiche­n.

„Der Vorteil des Bankkontos ist die Verlässlic­hkeit, nicht die Rendite. Deshalb würde ich zumindest reinschnup­pern ins Thema Aktienspar­plan“, sagt Geldexpert­e Buhrs. Er rät nun allen Sparern, ihr Geld für die langfristi­ge Anlage in Indexfonds zu stecken – sogenannte ETFs, die einen breiten Aktieninde­x nachbauen. Die Gelegenhei­t ist derzeit allerdings ungünstig, denn die Kurse fallen.

Der Grund: Weil die Zinsen in den USA schneller steigen, fließt viel Geld in US-Staatsanle­ihen, das zuvor in Aktien gesteckt hat. Die Frage ist, ob Anleger jetzt einsteigen sollten, wenn die Kurse perspektiv­isch in den nächsten Monaten weiter fallen könnten. Alternativ­en dazu gibt es wenige: Immobilien sind überteuert, für Festgeld mit Bindung über ein Jahr gibt es immerhin rund ein Prozent Zinsen.

Dieser Zinssatz könnte allerdings bald von der Realität überholt sein, wenn die EZB den Leitzins schneller anhebt. Beim Tagesgeld rechnet Marktbeoba­chter Buhrs in den kommenden Wochen mit viel Bewegung. Derzeit liegen die Sätze dem Experten zufolge noch nahe der Nulllinie.

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