Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lizenz zum Gassigehen
Tiere Nicht jeder Hund ist als Haustier geeignet – nicht jeder Mensch als Hundehalter. Wer sich einen Vierbeiner zulegen will, muss in Teilen Österreichs daher eine Art Führerschein ablegen. Wäre das auch in Bayern nötig?
Bregenz/München Das Führen eines Hundes kann eine anspruchsvolle Angelegenheit sein. Die österreichische Tierärztin Tanja Warter hat darum nun ein Buch mit dem Namen „How to Hund“veröffentlicht. Sie gibt seit Jahren in unserem Nachbarland sogenannte Sachkundenachweise für Hundehalter, die beispielsweise im Land Salzburg vorgeschrieben sind, wenn man sich einen Vierbeiner zulegen will. Wäre das auch ein Modell für Bayern? Denn die Debatte ist auch bei der Bayerischen Landestierärztekammer nicht ganz unbekannt.
Tanja Warter erinnert sich noch gut an einen schlimmen Vorfall vor rund zehn Jahren. Damals war ein Kind gebissen worden. „Und es entstand in der Folge eine politische Debatte bei uns – mit dem Ergebnis, dass im Bundesland Salzburg eine Art Hundeführerschein eingeführt wurde.“Da sie damals noch im Raum Salzburg wohnte, inzwischen lebt sie in Bregenz am Bodensee, machte sie sich als Tierärztin daran, solche Kurse zu geben. „Beschlossen wurde, dass der Hundeführerschein von einem Tierarzt oder einer Tierärztin gegeben werden muss, um ein fachliches Niveau zu gewährleisten.“Die Regelung sieht vor, dass es sich um einen zweistündigen Kurs handeln muss, an dem man sich beteiligt. Es ist keine Prüfung vorgesehen, sondern die Teilnehmer erhalten nur eine entsprechende Bescheinigung, die für den Erwerb eines Hundes ausreicht.
„Was uns damals aber schon verblüffte, waren die Aspekte, die sich bei den Kursen ergaben“, sagt Tanja
Warter. „Da gab es etwa ein Pärchen, das sich einen Herdenschutzhund zulegen wollte. Die sind als Welpen sicherlich zuckersüß.“Aber das Ganze machte keinen rechten Sinn. Denn das Paar habe sich auch – was ja nicht ungewöhnlich ist – eine innige Bindung zu dem Tier gewünscht. „Doch hier stellt man fest, dass oft nicht ausreichende Informationen vorliegen. Ein Herdenschutzhund will mit Schafen in einer Herde leben, er will sie zusammen
halten und beschützen. Er baut aber in der Regel keine innige Verbindung zum Menschen auf. Das sollte man wissen, bevor man sich einen solchen Hund zulegt.“
Auch bei einem anderen Thema wünscht sich Tanja Warter mehr Blick aufs Tierwohl: Zwar sei es üblich, zu denken, dass ein Hund acht Stunden allein sein könne – auch von der Reinlichkeit, sprich, von der Blase her. „Doch einen Hund regelmäßig acht Stunden allein zu lassen,
kann schon für die Psyche eines Hundes ein Problem sein“, meint Warter. Denn viele Hunde seien sehr auf Gesellschaft fixiert, langes Alleinsein könne für sie quälend sein. „Wer seinen Hund regelmäßig acht Stunden allein lassen will, sollte sich vielleicht lieber ein Stofftier zulegen“, betont die 47-Jährige, die seit Jahren auch eine Kolumne zum Thema Mensch & Tier für unsere Redaktion schreibt. „Fünf Stunden sind für viele Hunde eigentlich das
Maximum.“Die Kosten für einen Hundekurs liegen im Land Salzburg bei 45 bis 55 Euro. „Aber Österreich ist in dieser Sache ein Fleckerlteppich“, sagt die Tierärztin. Während in Salzburg der Kurs die besagten zwei Stunden dauere, sind in Oberösterreich vier Stunden nötig. In Tirol und Vorarlberg gebe es dagegen keinen Hundeführerschein, der in der Bundeshauptstadt Wien, die ein eigenes Bundesland darstellt, hingegen neu eingeführt werde.
Dr. Karl Eckart, seit vielen Jahren Präsident der Bayerischen Landestierärztekammer, sieht das Thema „zweischneidig“, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion betont. „Bei uns in Bayern gibt es ja auch einen Hundeführerschein, den wir anbieten, aber er ist freiwillig“, so der Tierarzt, der eine Praxis in Buxheim im Landkreis Unterallgäu betreibt. „Grundsätzlich würden wir es natürlich begrüßen, wenn möglichst viele Hundebesitzer gut informiert sind – gerne auch mithilfe unseres Angebotes.“Aber eine Verpflichtung zum Ablegen eines Hundeführerscheins findet er nicht richtig: „Noch mal eine Verordnung? Wir setzen lieber auf Freiwilligkeit, ideal wäre es, wenn die Leute einen Kurs einfach von allein absolvieren möchten.“Insofern würde er sich durchaus darüber freuen, wenn möglichst viele einen solchen Kurs belegen. Dieser dauert mindestens zwölf Unterrichtseinheiten à 45 Minuten und schließt mit einer Multiple-Choice-Prüfung ab. Die Kursgebühr variiert – und bewegt sich zwischen 100 und 150 Euro inklusive Material. Schwerpunkte des Kurses sind die Bereiche Sensibilisierung für Gefahren durch den eigenen Hund, konkrete Gefahrenabwehr und die Interaktion zwischen Hund und Kind.
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