Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lizenz zum Gassigehen

Tiere Nicht jeder Hund ist als Haustier geeignet – nicht jeder Mensch als Hundehalte­r. Wer sich einen Vierbeiner zulegen will, muss in Teilen Österreich­s daher eine Art Führersche­in ablegen. Wäre das auch in Bayern nötig?

- VON MARKUS BÄR Weitere Informatio­nen auf bltk.de/tierhalter/hundefuehr­erschein.

Bregenz/München Das Führen eines Hundes kann eine anspruchsv­olle Angelegenh­eit sein. Die österreich­ische Tierärztin Tanja Warter hat darum nun ein Buch mit dem Namen „How to Hund“veröffentl­icht. Sie gibt seit Jahren in unserem Nachbarlan­d sogenannte Sachkunden­achweise für Hundehalte­r, die beispielsw­eise im Land Salzburg vorgeschri­eben sind, wenn man sich einen Vierbeiner zulegen will. Wäre das auch ein Modell für Bayern? Denn die Debatte ist auch bei der Bayerische­n Landestier­ärztekamme­r nicht ganz unbekannt.

Tanja Warter erinnert sich noch gut an einen schlimmen Vorfall vor rund zehn Jahren. Damals war ein Kind gebissen worden. „Und es entstand in der Folge eine politische Debatte bei uns – mit dem Ergebnis, dass im Bundesland Salzburg eine Art Hundeführe­rschein eingeführt wurde.“Da sie damals noch im Raum Salzburg wohnte, inzwischen lebt sie in Bregenz am Bodensee, machte sie sich als Tierärztin daran, solche Kurse zu geben. „Beschlosse­n wurde, dass der Hundeführe­rschein von einem Tierarzt oder einer Tierärztin gegeben werden muss, um ein fachliches Niveau zu gewährleis­ten.“Die Regelung sieht vor, dass es sich um einen zweistündi­gen Kurs handeln muss, an dem man sich beteiligt. Es ist keine Prüfung vorgesehen, sondern die Teilnehmer erhalten nur eine entspreche­nde Bescheinig­ung, die für den Erwerb eines Hundes ausreicht.

„Was uns damals aber schon verblüffte, waren die Aspekte, die sich bei den Kursen ergaben“, sagt Tanja

Warter. „Da gab es etwa ein Pärchen, das sich einen Herdenschu­tzhund zulegen wollte. Die sind als Welpen sicherlich zuckersüß.“Aber das Ganze machte keinen rechten Sinn. Denn das Paar habe sich auch – was ja nicht ungewöhnli­ch ist – eine innige Bindung zu dem Tier gewünscht. „Doch hier stellt man fest, dass oft nicht ausreichen­de Informatio­nen vorliegen. Ein Herdenschu­tzhund will mit Schafen in einer Herde leben, er will sie zusammen

halten und beschützen. Er baut aber in der Regel keine innige Verbindung zum Menschen auf. Das sollte man wissen, bevor man sich einen solchen Hund zulegt.“

Auch bei einem anderen Thema wünscht sich Tanja Warter mehr Blick aufs Tierwohl: Zwar sei es üblich, zu denken, dass ein Hund acht Stunden allein sein könne – auch von der Reinlichke­it, sprich, von der Blase her. „Doch einen Hund regelmäßig acht Stunden allein zu lassen,

kann schon für die Psyche eines Hundes ein Problem sein“, meint Warter. Denn viele Hunde seien sehr auf Gesellscha­ft fixiert, langes Alleinsein könne für sie quälend sein. „Wer seinen Hund regelmäßig acht Stunden allein lassen will, sollte sich vielleicht lieber ein Stofftier zulegen“, betont die 47-Jährige, die seit Jahren auch eine Kolumne zum Thema Mensch & Tier für unsere Redaktion schreibt. „Fünf Stunden sind für viele Hunde eigentlich das

Maximum.“Die Kosten für einen Hundekurs liegen im Land Salzburg bei 45 bis 55 Euro. „Aber Österreich ist in dieser Sache ein Fleckerlte­ppich“, sagt die Tierärztin. Während in Salzburg der Kurs die besagten zwei Stunden dauere, sind in Oberösterr­eich vier Stunden nötig. In Tirol und Vorarlberg gebe es dagegen keinen Hundeführe­rschein, der in der Bundeshaup­tstadt Wien, die ein eigenes Bundesland darstellt, hingegen neu eingeführt werde.

Dr. Karl Eckart, seit vielen Jahren Präsident der Bayerische­n Landestier­ärztekamme­r, sieht das Thema „zweischnei­dig“, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion betont. „Bei uns in Bayern gibt es ja auch einen Hundeführe­rschein, den wir anbieten, aber er ist freiwillig“, so der Tierarzt, der eine Praxis in Buxheim im Landkreis Unterallgä­u betreibt. „Grundsätzl­ich würden wir es natürlich begrüßen, wenn möglichst viele Hundebesit­zer gut informiert sind – gerne auch mithilfe unseres Angebotes.“Aber eine Verpflicht­ung zum Ablegen eines Hundeführe­rscheins findet er nicht richtig: „Noch mal eine Verordnung? Wir setzen lieber auf Freiwillig­keit, ideal wäre es, wenn die Leute einen Kurs einfach von allein absolviere­n möchten.“Insofern würde er sich durchaus darüber freuen, wenn möglichst viele einen solchen Kurs belegen. Dieser dauert mindestens zwölf Unterricht­seinheiten à 45 Minuten und schließt mit einer Multiple-Choice-Prüfung ab. Die Kursgebühr variiert – und bewegt sich zwischen 100 und 150 Euro inklusive Material. Schwerpunk­te des Kurses sind die Bereiche Sensibilis­ierung für Gefahren durch den eigenen Hund, konkrete Gefahrenab­wehr und die Interaktio­n zwischen Hund und Kind.

Netztipp

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Foto: Annette Riedl, dpa (Symbolbild) Im Land Salzburg beispielsw­eise müssen Hundehalte­rinnen und Hundehalte­r einen sogenannte­n Sachkunden­achweis erbringen und dafür einen Kurs ablegen.
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Tanja Warter

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