Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Einsätze, die sie nie vergessen werden

Mitglieder der Bergwacht berichten von ihren Rettungsak­tionen – darunter spektakulä­re und kuriose.

- VON MICHAEL MUNKLER

„Jeder Bergretter trägt eine Geschichte mit sich, die er nicht vergessen kann“, sagt der Journalist und Historiker Thomas Käsbohrer. In seinem jetzt erschienen­en Buch „Der Einsatz meines Lebens – Bergretter erzählen“berichtet er von 20 spektakulä­ren Einsätzen bayerische­r Bergwachtl­er. Käsbohrer hat sie alle besucht, stundenlan­g mit ihnen gesprochen und Interviews geführt.

Weit mehr als ein Abenteuerb­uch bietet es einen Einblick jenseits aller Klischees in die Arbeit der Bergwacht und in die Denkweise von Menschen, die raufgehen, wenn andere nicht mehr runterkomm­en. 25 Prozent der Einnahmen des Buches werden an die Bayerische Bergwacht gespendet, teilt der Verlag „Millemari-Bibliothek der Extreme“mit. Von sechs Notsituati­onen im Gebirge berichten Angehörige der Hilfsorgan­isation im Allgäu.

Leni Trenkle, junge Bergretter­in der Bereitscha­ft Pfronten, schildert ihren ersten Einsatz: Eine Totenbergu­ng nach einem Lawinenabg­ang am Breitenber­g. Das Opfer ist ein guter Bekannter, der selbst aktiver Bergwachtl­er ist. An seinem ersten Tag als Rentner kam er an jenem Abend des 1. März 2016 in einer Lawine ums Leben.

Otto Möslang aus dem Oberallgäu­er Blaichach erinnert an eine Hilfsaktio­n in der Osttürkei vor über 30 Jahren. Zigtausend­e Angehörige der kurdischen Minderheit im Irak waren nach Ausbruch des Golfkriegs in die Berge geflohen. Unter anderem waren Bergwachtl­er im Einsatz, die sich bei spätwinter­lichen Verhältnis­sen in den Bergen bewegen konnten und dort medizinisc­he Hilfe leisteten. Jörg Häusler aus Schwangau schildert eine spektakulä­re Rettungsak­tion am Säuling. Ein 53 Jahre alter Mann war abgestürzt und wurde vermisst. In einer nächtliche­n Suchaktion mit Hubschraub­erunterstü­tzung fanden die Retter den Schwerverl­etzten, bargen ihn und brachten ihn ins Krankenhau­s – lebend.

Nina und Hannes Rädler aus Bad Hindelang-Unterjoch erzählen die ungewöhnli­che Geschichte einer Schumpen-Rettung aus einem Tobel. Jungkuh „Bianca“war bei schlechtem Wetter abgestürzt. In einer stundenlan­gen nächtliche­n Aktion gelang es dem BergwachtE­hepaar, das 250 Kilogramm schwere Tier mit einer Seilwinde aus der misslichen Lage zu befreien.

Raphael Müller von der Bergwacht Hinterstei­n blickt auf Silvester 2005 zurück: Ein Schneeschu­hgeher-Paar war bei widrigen Verhältnis­sen am Prinz-Luitpold-Haus in eine Lawine geraten. Die Frau lag unter anderthalb Meter dicken Schneemass­en. Nach einer dreivierte­l Stunde gelang es, sie zu orten und lebend zu bergen.

Stefan Blochum von der Bergwacht-Bereitscha­ft Füssen erzählt von der Rettung von Alpinisten am Zwölf-Apostel Grat, der als Klettertou­r vom Pilgerschr­ofen zum Säuling bei Füssen führt. Zwei 30-Jährige hatten sich bei einer winterlich­en Begehung im Dezember 2020 zeitlich verschätzt und kamen bei einer Abseilakti­on nicht mehr weiter. Eine direkte Hubschraub­er-Rettung der beiden Kletterer war wegen eines Föhnsturms nicht möglich. Doch Bergwachtl­er konnten bei einem nächtliche­n Einsatz schließlic­h von unten zu den beiden vordringen und sie in sicheres Gelände führen. Die Geretteten waren unverletzt.

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Foto: M. Munkler (Archivbild) Bergretter helfen und riskieren ihr Le‰ ben, wenn andere Menschen in Not sind.

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