Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf dem Trockenen
Weltweit macht das aktuelle Wetter den Menschen zu schaffen Klimawandel Hitzewellen, Dürren, Waldbrände: Große Teile der USA leiden immer stärker unter extremen Wetterlagen. Kalifornien reagiert darauf mit strikten Maßnahmen.
Zumindest ein Einwohner von Phoenix, der Millionenmetropole inmitten der Wüste von Arizona, hatte Spaß. Als die Temperaturen kürzlich auf 46 Grad Celsius kletterten, packte Joe Brown zwei rohe Hamburger-Bratlinge auf ein Blech und stellte es unter die Windschutzscheibe seines Autos. Drinnen zeigte das Thermometer 95 Grad an – offenbar ideale Bedingungen. Dem 20-Jährigen bescherte sein Experiment einen viralen Hit auf dem Portal TikTok.
Unzählige andere Menschen im Südwesten der USA dagegen sind von der Hitze keineswegs begeistert. Vielerorts suchten sie verzweifelt nach Abkühlung. Jene, die draußen arbeiten, gerieten an ihre Grenzen. Anfangs habe er sich übergeben müssen und keine Kraft mehr gehabt, berichtete etwa ein Mann einem Reporter. Nahe des Flughafens von Las Vegas war der Gärtner mit Kollegen damit beschäftigt, abgestorbenes Gras aus dem Boden zu reißen, um Platz für dürreresistente Gewächse zu schaffen.
Ungewöhnlich früh im Jahr hatten die Behörden am vergangenen Wochenende einen Hitzealarm ausrufen müssen. Mittlerweile zieht die Hitzeglocke zwar weiter und die Temperaturen in Los Angeles sind von 38 auf 28 Grad gefallen. Doch das Phänomen immer häufigerer Extremwetterlagen bleibt. Von der Mitte Oregons über den Süden Kaliforniens und Nevadas bis zu weiten Teilen von New Mexico und Texas sind große Teile des Westens und Südens der USA auf dem DürreMonitor der Universität von Nebraska und des Nationalen Wetterdienstes NOAA tiefrot eingefärbt. Tiefrot ist die höchste von fünf Warnstufen. Sie bedeutet: außergewöhnliche Trockenheit.
Nach den Daten der Wetterbehörde war der Mai im Schnitt der USA knapp ein Grad wärmer als im Durchschnitt des vergangenen Jahrhunderts. Doch sagt der Mittelwert wenig aus. Während der Bundesstaat Washington im Nordwesten einen seiner kältesten Frühsommer erlebte, litt Texas unter dem zweitheißesten Mai der Geschichte. Ähnlich ungleich war der Niederschlag verteilt. Während es in den vergangenen Monaten beispielsweise in North Dakota kräftig regnete, herrscht in Kalifornien, Arizona, Nevada und Utah seit Jahresbeginn Rekord-Trockenheit. Zugleich wüten im Südwesten Waldbrände riesigen Ausmaßes.
„Der Klimawandel hat den Sommer in unsere Gefahren-Saison verwandelt“, stellte die im kalifornischen San Francisco beheimatete Klimaforscherin Kristy Dahl von der Wissenschaftlervereinigung Union of Concerned Scientists fest. Kalifornien erlebt derzeit die schlimmste Trockenheit der letzten Jahrzehnte. Die Wasserspiegel der Stauseen sind auf extrem niedrigem Niveau, Regen ist nicht in Sicht. Zunehmend rigoros versuchen der Bundesstaat und die Kommunen, den drohenden Notstand abzuwenden. So hat Gouverneur Gavin Newsom die Bewässerung kommerzieller und industrieller Grundstücke verboten. Im Süden Kaliforniens darf man den privaten Rasen nur ein- oder zweimal in der Woche für wenige Minuten besprenkeln. In den Santa Monica Mountains bei Los Angeles drosseln die Behörden bei „Umweltsündern“den Wasserdruck in den Leitungen.
Die Hauptleidtragenden an der Wasserknappheit sind aber Landwirte. Im Central Valley, dem wichtigsten Obst- und Gemüseanbaugebiet des Landes, wurde die Wasserzuteilung stark gesenkt. Teile des Landes liegen nun brach und tausende Erntehelfer sind arbeitslos.