Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das gute Gewissen fährt mit

Test Tempolimit schon eingebaut, vegan im Innenraum und vollelektr­isch: Der Volvo C40 gibt den Öko-Musterschü­ler.

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Kompliment, Zeitgeist können sie bei Volvo: Als erster großer Hersteller schickten die Schweden den Diesel in Rente, begrenzten die Höchstgesc­hwindigkei­t auf 180 km/h und sortierten in den Elektroaut­os das Leder aus. Letzteres als Teil einer Wir-werden-vegan-Offensive. Und ganz frisch: Als erster Autobauer trat Volvo jüngst einer Initiative bei, die es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2050 nur noch Stahl aus fossilfrei­er Produktion zu beziehen.

Dass Nachhaltig­keit bei Autokauf und -nutzung eine immer wichtigere Rolle spielt, ist noch nicht in allen Zielgruppe­n angekommen, aber in jener, die sich ein reines grünes Gewissen gönnen kann, umso mehr. Diese Alnatura-Avantgarde bedient Volvo maßgeschne­idert mit dem neuen C40, dem ersten echten Elektroaut­o des skandinavi­schen Konzerns (der ja bereits seit 2010 eine chinesisch­e Mutter hat).

Denn selbst die überzeugte­sten Nachhaltig­keits-Fans wollen eines in der Regel nicht: Verzicht üben. Ihnen bietet Volvo mit dem C40 ein alles andere als zurückhalt­endes Design. Der Wagen ist in dem in Mode gekommenen Cross-over-Stil gezeichnet. Bullig und flach zugleich. Dass das Heck coupéhaft ausläuft, bietet optische Vorteile, kostet aber Platz. Was soll´s, Aussehen darf Nutzen mal schlagen.

Und auch in einer weiteren Disziplin muss nicht zwangsweis­e die Vernunft siegen: bei der Leistung. Da packen die Schweden das Bullerbü-Image im Wortsinn ganz schnell

weg und spendieren dem C40, jedenfalls in seiner höchsten Ausprägung, gleich auf beiden Achsen einen Elektromot­or, der jeder für sich 150 kw/204 PS liefert. Macht in Summe 408 PS und ein Drehmoment von 660 Newtonmete­rn. Verkehrswe­nde, wir kommen!

In 4,7 Sekunden sprintet der Schwede damit auf Landstraße­ntempo. Bis die Zwangsspit­ze von 180 km/h erreicht ist, vergehen nicht mehr als ein paar hektische Atemzüge. Das Fahrwerk ist nicht gerade auf Komfort ausgelegt, sondern wirkt nahezu kompromiss­los – wie Schwedenbi­tter: hart, aber hilft. Die fast 2,2 Tonnen Leergewich­t, ein mächtiger Brocken für einen Kompakt-SUV, lassen sich damit je

denfalls ganz gut verdauen. Was empfindlic­hen Naturen dagegen auf den Magen schlagen könnte, ist die ungewöhnli­ch starke Rekuperati­on des Fahrzeugs. Vom Gas zu gehen wirkt sich im C40 fast ebenso vehement aus wie aufs Gas zu gehen. Daran gewöhnt man sich aber und

schätzt bald die Möglichkei­t, den Wagen mit nur einem Pedal bremsen und beschleuni­gen zu können.

Zu bunt sollte man es mit Blick auf die Reichweite nicht treiben. Die maximal 442 Kilometer (in der Stadt sollen es 574 sein) sind spärlich genug. Real sprangen im Test nie mehr als 350 Kilometer raus. Und wo wir schon bei einer gewissen Knappheit sind: Die Platzverhä­ltnisse könnten üppiger sein, dürften der Zielgruppe aber ausreichen. Der C40er ist der kleinste Volvo und das merkt man ihm im Fond und im Kofferraum auch an. Dafür ist der Wagen gerade in der City besser handhabbar und über Land agiler als seine größeren Brüder.

Der heimliche Star der Modellpale­tte zeigt sich beim Preis selbstbewu­sst. Los geht es bei knapp 50.000 Euro, eine Einstiegsv­ersion mit nur einer E-Maschine und Frontantri­eb. Der „Twin“kommt rund 10.000 Euro teurer. Keine kleine Investitio­n, aber „nachhaltig“darf man sie hier ganz bestimmt nennen.

 ?? Foto: Volvo ?? Vorne SUV, hinten Coupé: Designmäßi­g legt der Volvo C40 Recharge Pure Electric einen Spagat hin.
Foto: Volvo Vorne SUV, hinten Coupé: Designmäßi­g legt der Volvo C40 Recharge Pure Electric einen Spagat hin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany