Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Pavillon wird in Holland zum Ausstellun­gsraum

Transport Der Abbau des Holzbaus am Rathauspla­tz dauert bis zu zwei Wochen. Noch vor dem Winter soll er in den Niederland­en wieder stehen. Davor steht eine logistisch­e Herausford­erung.

- VON NICOLE PRESTLE

Der Abbau wird noch einmal ein Kraftakt: Bis Ende kommender Woche muss der Fugger-Pavillon vom Augsburger Rathauspla­tz entfernt sein, denn mit der langen Kunstnacht findet am 25. Juni dort bereits das nächste Ereignis statt. So werden die sechs bis acht Meter langen und viereinhal­b Meter hohen Holzbautei­le nun demontiert und in einer Halle der Firma Dierig zwischenge­lagert. Darauf folgt die nächste logistisch­e Herausford­erung: der Transport in die Niederland­e, wo der Pavillon die nächsten fünf Jahre auf einem öffentlich zugänglich­en Landgut stehen wird. Bis zu einer möglichen Rückkehr nach Augsburg bliebe Zeit, sich hier Gedanken über eine Weiterverw­endung zu machen.

Die Zukunft des Pavillons war in den vergangene­n Tagen in Augsburg viel diskutiert worden. Manche Bürgerinne­n und Bürger hätten sich gewünscht, der geschwunge­ne Bau könnte noch länger auf dem Rathauspla­tz stehen. Andere konnten mit der Holzkonstr­uktion wenig anfangen – architekto­nisch wie inhaltlich. Denn der Pavillon war nicht als Museum mit Ausstellun­gsstücken und Begleittex­ten angelegt, wie viele das sich vorgestell­t hatten. Er sollte der Stadtgesel­lschaft vielmehr als Ort der Begegnung und des Austausche­s dienen. Ein Austausch, in dem es vorwiegend darum gehen sollte, wie Stiftungen künftig den Herausford­erungen der Gesellscha­ft begegnen können. Ein Bereich mit Zuschauert­ribüne und Bühne nahm deshalb den meisten Raum ein.

Darüber, wie er nach seinem „Gastspiel“auf dem Rathauspla­tz verwendet werden könnte, haben sich die Fuggersche­n Stiftungen einige Gedanken gemacht. Schon vor dem Aufbau gab es Gespräche über eine mögliche Nachnutzun­g, die Fugger hatten sich einen Verbleib in der Stadt für eine kulturelle oder soziale Nutzung vorstellen können. Aufgrund der technisch komplexen Konstrukti­on aus gebogenen Holzbautei­len war der Aufbau jedoch eine größere Herausford­erung als gedacht, was in den Verhandlun­gen über eine spätere Nutzung dann auch aus finanziell­er Sicht eine Rolle spielte. Denn der Pavillon wird zwar kostenlos abgegeben, den Wiederaufb­au muss jedoch der Nachnutzer bezahlen.

Ein weiterer Punkt: Wäre der Holzbau in der Stadt geblieben und dort eventuell auf städtische­m

Grund, hätte der Stadtrat abstimmen müssen.

Mitten in diese Überlegung­en kam ein Anruf aus dem niederländ­ischen Freiluftmu­seum Fraeylemab­org. Die gleichnami­ge Stiftung hatte erfahren, dass in Augsburg ein Pavillon zu vergeben ist und sich an die Fuggerei gewandt. Nach einem kurzfristi­gen Besuch der Verantwort­lichen in Augsburg bekräftigt­en sie ihr Interesse, den Pavillon abzunehmen. „Wir haben uns letztlich für die Stiftung entschiede­n, weil sie sich unter anderem ebenfalls mit dem Thema Wohnungsno­t beschäftig­t“, sagt Wolf-Dietrich Graf von Hundt, Administra­tor der Fuggersche­n Stiftungen.

Das rund 23 Hektar große Landgut westlich der niederländ­ischen Stadt Groningen besteht aus einer Parkanlage im englischen Stil und einer Burg, die über 700 Jahre alt ist. Auf dem Gelände stehen verschiede­ne temporäre Bauten, sogenannte Follies, die als Ausstellun­gsräume genutzt werden. Der Fuggerei-Pavillon soll dort noch vor dem Winter aufgebaut und dann ab Frühjahr ge

nutzt werden. Vorher muss die Stiftung ihn jedoch winterfest machen. Statisch ist der Bau laut von Hundt so ausgelegt, dass ein Dach aus Holzschind­eln oder einem anderen Material aufgesetzt werden kann. Doch zunächst müssen die Bauteile erst mal nach Holland gebracht werden.

„Hinter diesem Transport stehen noch einige Fragezeich­en“, sagt Wolf-Dietrich Graf von Hundt. Die Einzelteil­e des Pavillons sind zwischen 36 und 50 Quadratmet­er groß und bis zu sechs Tonnen schwer. Sie müssen mit einem Schwertran­sport in die Niederland­e gebracht werden. Ob dafür ein Lkw ausreicht oder ob zwei benötigt werden, sei noch nicht klar.

Und: Solche Schwertran­sporter dürfen nur in der Zeit zwischen 22 und 5 Uhr fahren und müssen zudem von Polizeifah­rzeugen begleitet werden. An jeder Bundesland­grenze wechselt diese Begleitung, weil jeweils die Polizei des Bundesland­es zuständig ist. Die möglichen Strecken müssen je nach Höhe und Breite der verwendete­n Laster vorher

geprüft werden. „Das muss nun alles organisier­t werden“, so von Hundt.

Die Stiftung Fraeylemab­org hat der Fuggerei angeboten, den Pavillon nach fünf Jahre wieder an Augsburg zurückzuge­ben. Bis dahin sei nun genügend Zeit, sich über eine spätere Nutzung in der Heimat der

Fuggerei Gedanken zu machen. Denn an der ursprüngli­chen Idee, den Pavillon langfristi­g in Augsburg zu halten, hat sich laut von Hundt nichts geändert: „Der Holzbau ist auf eine Lebensdaue­r von 30 bis 40 Jahren angelegt.“Es wäre schön, ihn einen Großteil dieser Zeit auch in der Stadt haben zu können.

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Fotos: Michael Hochgemuth, Silvio Wyszengrad Der Pavillon ist eine technisch komplexe Konstrukti­on aus gebogenen Holzbautei­len. Sein Abbau könnte sich bis zu zwei Wochen hinziehen. Den Wiederaufb­au muss der Nachnutzer zahlen.
 ?? ?? Jede Menge Platz: Der Pavillon soll als Ausstellun­gsfläche genutzt werden. Im Bild Alexander Erbgraf Fugger‰Babenhause­n (links) und Architekt Jacob van Rijs.
Jede Menge Platz: Der Pavillon soll als Ausstellun­gsfläche genutzt werden. Im Bild Alexander Erbgraf Fugger‰Babenhause­n (links) und Architekt Jacob van Rijs.

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