Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Über 100 Millionen auf Flucht
UN: „Dramatischer Meilenstein“
Genf Kriege, Konflikte und Krisen verschärfen die Flüchtlingskrise weltweit. Inzwischen sind erstmals mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtet. Die Organisation sprach in ihrem Weltflüchtlingsbericht von einem „dramatischen Meilenstein“, der nicht zuletzt durch den russischen Krieg gegen die Ukraine sowie die schwierige Lage in Afghanistan und anderen Ländern erreicht worden sei.
Die Vertreibung aus der Ukraine sei die am schnellsten wachsende derartige Krise seit Gründung des UNHCR 1951. Innerhalb von Wochen seien Ukrainerinnen und Ukrainer zur zweitgrößten Flüchtlingsgruppe der Welt geworden, nach Syrerinnen und Syrern. 4,9 Millionen Menschen flüchteten bislang aus der Ukraine, aus Syrien waren es fast sieben Millionen.
Eigentlich bezieht sich der Bericht jeweils auf das vorangegangene Jahr. Wegen der dramatischen Folgen des russischen Angriffskriegs nannte das UNHCR ausnahmsweise auch die aktuelle Flüchtlingszahl von Mai 2022. Aber auch Ende 2021 sei bereits eine Rekordzahl von Menschen auf der Flucht gewesen: 89,3 Millionen, acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor, berichtete das UNHCR. Es war der 15. jährliche Anstieg in Folge. Insgesamt waren mehr als doppelt so viele Menschen auf der Flucht wie vor zehn Jahren. Rund 60 Prozent der Vertriebenen fanden Zuflucht innerhalb der Grenzen des eigenen Landes.
Die Krisen werden nach Angaben von Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, immer vertrackter. Konflikte würden durch wachsende Ungleichheit geschürt. Schlechte Regierungsführung verhindere vielerorts Entwicklung. Der Klimawandel verschärfe den Kampf um Ressourcen, zum Beispiel in der Sahel-Zone in Afrika, was schwelende ethnische Konflikte anheize. Die explodierenden Lebensmittelpreise dürften noch mehr Menschen in die Flucht treiben.