Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Keine Ruhe im Streit um EXTRA GROSSES Kanzler Kohl EINKAUFSWOCHENENDE
Konflikt um sein Grab in Speyer
Speyer Das Grab von Helmut Kohl ist auch fünf Jahre nach dem Tod des früheren Bundeskanzlers ein Anziehungspunkt. Menschen verharren im Gedenken, manche schießen ein Foto, der Lärm der Straßen dringt nur gedämpft in den Adenauerpark in Speyer. Das grüne Idyll in der pfälzischen Domstadt strahlt Ruhe aus, doch an der Gestaltung des Grabs stößt sich die Stadtverwaltung – konkret: an Zaun und Kamera. Unmittelbar nach der Beisetzung seien die Wünsche von Witwe Maike Kohl-Richter nach einer Videoüberwachung und Umzäunung zur Verhinderung von Vandalismus „nachvollziehbar gewesen“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Nun sei es Zeit, beides abzubauen. Kohl-Richter sagte im März dazu, mit der Gestaltung vollziehe sie den letzten Willen ihres Mannes. Ein Gespräch zwischen Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) und Kohl-Richter sei zunächst ohne Ergebnis geendet, teilte die Stadt vor wenigen Tagen mit. „Es sollte weitere Gespräche geben.“
Grundsätzlich sei es eine Ehre, dass Kohl als letzte Ruhestätte Speyer gewählt habe, sagt die Sprecherin. Kosten würden nicht anfallen, für die Stadt sei es eher eine „ideelle Verpflichtung“, Kohls Vermächtnis weiterzutragen. Kurz nach der Beisetzung sei das Interesse am Grab sehr hoch gewesen. „Das hat naturgemäß abgenommen. Trotzdem ist mein subjektiver Eindruck, dass das Grab gerne besucht wird.“
Auch an diesem Tag stehen immer wieder Menschen vor dem Grab, dessen Einfassung 2019 mit Buntsandstein neu gestaltet worden war.
„Zum Grab ist von mir aus öffentlich alles gesagt, was es dazu öffentlich zu sagen gibt“, erklärt Kohl-Richter, „und ich will an dieser Stelle nur ergänzen, dass es traurig genug ist, dass in Deutschland jetzt auch noch das Grab meines Mannes zum Gegenstand einer wirklich pietätlosen, öffentlichen Debatte gemacht wird“.
Zum fünften Todestag am 16. Juni dauert rund 280 Kilometer rheinabwärts von Speyer ein Prozess zwischen Kohl-Richter und Kohls Ghostwriter Heribert Schwan in Köln weiter an. Kohl-Richter will erreichen, dass eine Reihe Zitate aus Schwans Buch „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“nicht mehr verbreitet werden dürfen. Damit wendet sie sich gegen ein Urteil des Landgerichts, das ihr, bezogen auf einzelne Passagen, recht gegeben hatte. Auch Schwan hatte Berufung eingelegt.
In dem Berufungsverfahren entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Juni, dass die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme wiederholt werden soll. Nun will das OLG erneut Zeugen hören – und es sei davon auszugehen, dass auch Kohls Söhne geladen würden, hieß es.
In Berlin hat mittlerweile eine vom Bundestag beschlossene Helmut-Kohl-Stiftung ihre Arbeit aufgenommen – gegen den erklärten Willen von Kohl-Richter. Sie hat eine eigene Helmut-Kohl-Stiftung gegründet – um „eine der Wahrhaftigkeit verpflichtete Geschichtsschreibung“sicherzustellen.