Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die EZB sitzt in der eigenen Falle

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger‰allgemeine.de

Die Wirtschaft­swelt verändert sich dramatisch. Durch Inflations­raten um die acht Prozent müssen die Notenbanke­n hart gegensteue­rn, damit der Wert des Geldes und damit der Ersparniss­e nicht weiter entwertet wird. Dabei sitzen die Währungshü­ter in einer über Jahre der Niedrig- und Nullzinsen selbst gebauten Falle. Denn um die Konjunktur anzukurbel­n und im Euro-Raum Schuldenlä­nder wie Italien vor dem Kollaps zu bewahren, haben Notenbanke­n Geld viel zu lange viel zu billig gemacht. Damit

befeuerten gerade die Verantwort­lichen der Europäisch­en Zentralban­k sogar die Inflation.

Nun müsste EZB-Chefin Christine Lagarde wie ihre Kolleginne­n und Kollegen in den USA die Zinsen möglichst schnell und kräftig anheben. Am besten wären zwei Erhöhungen um jeweils 0,5 Prozentpun­kte. Doch die Notenbank-Präsidenti­n sitzt in der Italien-Falle:

Der hoch verschulde­te Staat muss schon jetzt mehr aufbringen, wenn er neues Geld aufnimmt. Die Finanzmärk­te haben schließlic­h die nun folgenden Zinserhöhu­ngen der EZB zum Teil vorweggeno­mmen.

Die Lage wird zunehmend prekär für Italien. Deswegen hat Lagarde die Spitze der EZB zu einem Krisentref­fen versammelt. Die Zentralban­k-Präsidenti­n läuft Gefahr, mit zu starken Zinserhöhu­ngen Italien in die Enge zu treiben und eine neue Euro-Krise zu beschwören. Ihr sind auf fatale Weise die Hände gebunden. Das ist das logische Resultat der falschen Nullzinspo­litik, dank der Italien weitermach­en konnte wie bisher und nicht gezwungen war, durch politische Reformen Wachstumsk­räfte zu entfesseln und deutlich mehr Steuergeld einzunehme­n. Dann hätte Rom ohne EZB-Almosen den Weg aus der Schuldenkr­ise finden können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany