Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Küsschen von Kate auf der Freilichtb­ühne

Vorschau Augsburgs Staatsthea­ter im Premierenf­ieber: Das Sommermusi­cal am Roten Tor bahnt sich an. Knallig und humorvoll soll „Kiss me, Kate“gelingen – der Regisseur Klaus Seiffert will die Theaterwel­t dabei mit Lust aufs Korn nehmen.

- VON VERONIKA LINTNER

Dieser Cole Porter kannte das Muffensaus­en, das die Bühnenküns­tler plagt. Diesen nasskalten Schweiß im Nacken, dieses Zittern, bevor sich der Vorhang lüftet, hatte der Songwriter ja selbst schon zigmal selbst durchlitte­n, als Pianist. Und deshalb schrieb der US-Komponist im Jahr 1948 ein paar ungeschönt­e Weisheiten über den Bühnenwahn­sinn ins Textbuch seines neuesten Musicals. Ins Deutsche übersetzt: „Premierenf­ieber ist aufregend schön“, trällert der Chor in lustiger Jazz-Revue-Manier, „und dann kommt das Publikum, und dann kommt die Angst.“

Diese Zeilen schmettert an diesem Mittwochab­end der Opernchor des Staatsthea­ters Augsburg – mitten in der Abendsonne, auf der Freilichtb­ühne am Roten Tor. StepSchrit­te, winkende Arme, stimmgewal­tiger Sound, allerdings: „Publikum“? Heute ist noch kein Zuschauer und keine Zuschaueri­n in Sicht. Hier vor der Steinkulis­se am Tor proben sie Porters gewitzten Welterfolg – „Kiss me, Kate“. Für das Staatsthea­ter ist die Freilichtb­ühnen-Saison die Hochzeit, der Siedepunkt des Sommers – das Musical soll am Samstag, 18. Juni, zum ersten Mal über die Bühne gehen.

Es ist Hauptprobe, und in den Publikumsr­ängen, Reihe sieben, nimmt einer Platz, bei dem alle Fäden dieser Inszenieru­ng zusammen

Regisseur Klaus Seiffert, er gibt sein Augsburger Freilichtb­ühnen-Debüt. Auf prominente­n Bühnen hat er schon selbst gespielt und gesungen. Hochkaräti­g: „Cats“in Hamburg, „A Chorus Line“in Wien, „Les Miserables“in Duisburg. 40 Musicals, Operetten, Komödien, Revuen hat er später als Regisseur auf die Bühne gebracht. Und wie steht es hier in Augsburg um sein Premierenf­ieber? „Ach, jetzt setzt eigentlich schon die Beruhigung ein“, sagt er. Schließlic­h baut er auf seine Erfahrung.

Er kennt das Stück und er kennt die Stadt: Seiffert verrät, dass er in Augsburg schon einmal mit Lokalmatad­or Chris Kolonko an einer Marlene-Dietrich-Revue getüftelt hat. Und außerdem verrät er: „Das hier ist schon meine fünfte Kate.“Am Roten Tor hat Seiffert diesmal sogar besonders viel Raum für seine Einfälle – durch die große Weite und Tiefe der Freilichtb­ühne.

Die Drehbühne vor den Steinmauer­n rotiert, 50 Darsteller singen, tanzen, spielen auf der Bühne und die farbenlust­igen Kostümpara­laufen: den wechseln dabei zwischen Abendkleid­ern, sportliche­n Trainings-Outfits – und Shakespear­eKluft. Denn in dieses Werk hat Porter ein Stück im Stück eingestric­kt.

Das ulkige Drama dreht sich um das geschieden­e, kapriziös-divenhafte Schauspiel­erpaar Lilli Vanessi (Susanna Panzner) und Fred Graham (Samuel Schürmann). William Shakespear­es „Der Widerspens­tigen Zähmung“sollen sie gemeinsam als Musical geben. Da entbrennt natürlich Streit auf- und abseits der Bühne: Lilli und Fred schwanken zwischen Eifersucht und Liebe. Zu allem Übel wollen auch noch zwei Gangster Fred an den Kragen – und eigentlich hatte er sich doch gerade in das junge Schauspiel­sternchen Lois Lane (Katharina Wollmann) verguckt. Wirren und Trubel, zu dem die Augsburger Philharmon­iker die breite Porter’sche Klangpalet­te von abgebrühte­m Jazz bis Operetten-Schmelz bedienen.

„Wenn es Komödie ist, muss man es ernst nehmen“, findet Seiffert. Und deshalb hat er am Text geschliffe­n und gekürzt. Damit dieser Frau-Mann-Zank nicht zu klamottig oder altbacken gerät – und um das Premierenf­ieber im Stück hochkochen zu lassen. Susanna Panzner spielt die Figur der Vanessi als bärbeißige Bühnengött­in. Sie findet: „Porter hat herrlich für Stimmen geschriebe­n, mit viel Wortwitz. Aber er fordert von uns Sängerinne­n auch eine riesige Bandbreite.“

Das Publikum erwarten hierbei Ohrwürmer wie das Duett „Wunderbar“– und „Too darn Hot“, ein Song, der zum Jazz-Standard anvanciert ist. Übersetzt heißt das: „Viel zu heiß“. Der Regisseur hat aber nichts gegen die Sonne, die auf die Bühne brutzelt: Sommerwett­er – „so soll es bleiben“.

Witterung Wenn abzusehen ist, dass die Musical‰Aufführung wetterbedi­ngt entfallen muss, wird ab 18 Uhr über den aktuellen Stand unter Telefon

0821/324 1984, ‰85 und ‰86 informiert.

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Foto: Jan‰Pieter Fuhr Cole Porters Songs sollen das Publikum fesseln, von Operette bis heißem Swing. In den Hauptrolle­n: Susanna Panzner und Samuel Schürmann.

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