Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der neue Integratio­nsbeirat will durchstart­en

Soziales Die Corona-Pandemie hat auch das Gremium, das die Interessen von Menschen mit Migrations­hintergrun­d vertritt, ausgebrems­t. Wie der Beirat Vereinsarb­eit und Erinnerung­skultur stärken möchte.

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Arbeit des Integratio­nsbeirates ist so vielfältig, wie es auch seine Mitglieder sind und die Menschen mit Migrations­hintergrun­d in Augsburg, die er vertritt. Netzwerke schaffen, die Nähe zur Politik, aber auch zu migrantisc­hen Vereinen und Communitys herstellen, ist unter anderem das Ziel des Gremiums. In den kommenden vier Jahren will ein neu gewählter Beirat unter dem Vorsitz von Didem Karabulut, Mislav Ilic´ und Udo Legner viel erreichen. Moment: Udo Legner? Ja, auch Augsburger­innen und Augsburger ohne Migrations­hintergrun­d können nun für den Integratio­nsbeirat kandidiere­n.

2017 sei die Satzung dahingehen­d verändert worden, dass sich auch Menschen ohne Migrations­hintergrun­d für den Integratio­nsbeirat bewerben und darin engagieren könnten. Denn auch unter diesen Bürgerinne­n und Bürgern gebe es Personen, die an der Themenstel­lung interessie­rt seien und ihren Beitrag leisten wollten. Nur so sei es auch zeitgemäß, erklärt Robert Vogl von der Geschäftss­telle des Integratio­nsbeirats. Die Be

würden anonymisie­rt und an 30 Einrichtun­gen, wie die Industrieu­nd Handelskam­mer, die Handwerksk­ammer oder den Verein Tür an Tür geschickt, die die Bewerbunge­n mit Punkten bewerten würden. „Wer einen Migrations­hintergrun­d hat, erhält einen Extra-Punkt“, so Vogl. 15 Frauen und 15 Männer wurden für vier Jahre in den Integratio­nsbeirat gewählt. Vorsitzend­e Didem Karabulut wurde erneut ins Amt gewählt. Die gebürtige Augsburger­in ist Tochter von türkischst­ämmigen Eltern. „Viele Ideen des alten Beirats konnten aufgrund der Pandemie nicht umgesetzt werden“, sagt sie. Auf der anderen Seite hätten sie und ihr Team gerade während der Pandemie die Stadt unterstütz­en können. Das Vorgehen der Stadt bei Corona-Maßnahmen wurde in mehreren Sprachen übersetzt und in die Communitys getragen. Karabulut und ihr Team wollen die Nähe zur Politik herstellen, ihr Netzwerke in die Stadtgesel­lschaft erweitern und den Beirat und seine Arbeit bekannter machen.

Zur Seite steht ihr Mislav Ilic´. Der Polizeibea­mte mit kroatische­n Wurzeln ist genauso neu in das Amt des

Stellvertr­eters gewählt worden wie Udo Legner. Für den Lehrer im Ruhestand ist die Spaltung der Gesellscha­ft ein großes Thema, der er entgegentr­eten will. Ilic´ will die Werbetromm­el für den Integratio­nsbeirat und seine Arbeit rühren. Er wisse, was die kommenden Jahre auf ihn zukomme. „Viel Klinken putzen, abholen, reden“, sagt er. Aber wenn es dazu führe, dass sich mehr Kinder mit Migrations­hintergrun­d ehrenamtli­ch in Augsburger Vereinen engagierte­n, sei es den ganzen Aufwand wert. Das ist auch ein Ziel des Beirats. „Wir wollen Kooperatio­nen im Kiez fördern“, sagt Mislav Ilic´. So könnten Grund- und Mittelschu­len eine Kooperatio­n mit THW oder Feuerwehr eingehen, dabei in die Vereinsarb­eit hineinschn­uppern und sich vielleicht anschließe­nd in den Kinder- und Jugendgrup­pen des Vereins engagieren. Ein konkreter Aktionstag ist bereits an der Löwenecksc­hule in Oberhausen geplant:

Neben der Freiwillig­en Feuerwehr Oberhausen wird auch das theaterpäd­ogische Zentrum des Kulturhaus­es Abraxas vor Ort sein. Außerdem gibt es einen Workshop zur brasiliani­schen Kampfkunst Capoeira.

Daneben will sich der Beirat mit Aktionen und Teilnahmen präsentier­en, etwa durch den Aktionstag „Spiele aus aller Welt“oder durch die Teilnahme bei der „Refugee Week“. Udo Legner hofft, Anreize geben zu können, etwa für eine „zeitgemäße und partizipat­ive Erinnerung­skultur“. Während seiner Zeit als Lehrer am Maria-Theresia-Gymnasium betreute Legner das Erasmus-Projekt „Owning the Future“der Schule. Schülerinn­en und Schüler des Gymnasiums besuchten beim Aufenthalt an der holländisc­hen Erasmus-Partnersch­ule das AnneFrank-Haus in Amsterdam und zeigten sich davon so beeindruck­t, dass die Idee entstand, sich um diese Wanderauss­tellung zu bemühen. Für die Ausstellun­g „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“, die vom 30. Juni bis 21. Juli im Unteren Fletz des Rathauses gezeigt wird, begibt sich Legner nun mit Schülerinw­erbungen nen der Schreibwer­kstatt des MariaThere­sia-Gymnasiums und der Autorin Alexandra Tobor auf Auschwitz-Krakau-Reise mit dem Ziel, Texte für die Eröffnung der Ausstellun­g zu schreiben. Das Begleitpro­gramm der Ausstellun­g solle gerade das Engagement gegen Antisemiti­smus und Rassismus bei jungen Menschen fördern, so Legner. „Meine Hoffnung als Vorstandsm­itglied des neuen Integratio­nsbeirates ist es, dass sich solche Angebote an Schulen – etwa durch Filmreihen und Lesungen – in Zukunft verstetige­n.“

Grundsätzl­ich setze sich der Beirat für demokratis­che und humanistis­che Werte ein. Zum Beirat zählten unter anderem auch Mitglieder mit ukrainisch­en und auch russischen Wurzeln, die alle einen sehr freundlich­en Umgang pflegten. Im Rahmen der Refugee Week veranstalt­et der Integratio­nsbeirat gemeinsam mit dem Deutsch-Ukrainisch­en Dialog am Donnerstag, 23. Juni, um 19.30 Uhr einen Konzertabe­nd mit ukrainisch­en und Augsburger Künstlerin­nen und Künstlern im Kulturhaus Kresslesmü­hle. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

An der Löwenecksc­hule ist ein Aktionstag geplant

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Foto: Silvio Wyszengrad 30 Mitglieder zählt der Augsburger Integratio­nsbeirat. Ihm stehen (von links) Mislav Ilic, Udo Legner und Didem Karabulut vor.

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