Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Keine Kasse, keine Verkäufer, immer geöffnet
Wirtschaft Das Wertinger Start-up-Unternehmen Lokbest will Selbstbedienungsläden in der Region etablieren. Doch es gibt noch ein Problem mit der Gesetzeslage.
Wertingen/Lauingen Vollautomatisch, per App bedienbar und autark – sieht so die Zukunft des Einkaufens aus? Wenn es nach Myriam Kim Haber vom Start-Up-Unternehmen Lokbest geht, dann finden derlei Einkaufsmöglichkeiten zumindest einen festen Platz auf dem Markt für Lebensmittel und anderen Produkten. Von Dezember bis Ende März stand an der Ecke Industriestraße/ Alemannenstraße in Wertingen ein Container der Nordendorfer „Büffelbox“. Dieser bot einen 24-Stunden-Zugang für all diejenigen, die sich die App dafür auf das Handy geladen hatten. Dass dieser Container auf dem Grundstück der Erwin Müller Real Estate gestanden hatte – wo mittlerweile die Arbeiten für einen neuen Wohn- und Einzelhandelskomplex begonnen haben – ist kein Zufall. Erwin Müller ist einer der Geschäftsführer des jungen Unternehmens, das im März gegründet wurde. Im Internetauftritt von Lokbest – der Name steht verkürzt für „Lokal das Beste“– präsentiert sich Erwin Müller, der mit dem gleichnamigen Unternehmen bekanntermaßen gut im Geschäft ist, betont bodenständig. Statt einen teuren Anzug trägt er auf dem Teamporträt Jeans, T-Shirt und Turnschuhe. Das passt zum Gesamtbild: Ein Bewusstsein für regionale Produkte gepaart mit Bodenständigkeit sind das, was das Unternehmen mit seiner modernen Vermarktungsmethode nach vorne bringen will.
„Die regionale und heimische Herkunft von Lebensmitteln ist ein immer wichtiger werdendes Einkaufskriterium der Konsumenten“, sagt Myriam Kim Haber, geschäftsführende Gesellschafterin und Sprecherin des jungen Unternehmens. Das belegten auch neueste Befragungen nach dem Einkaufsverhalten. Doch es gebe ein grundsätzliches Problem: „Leider sind regionale Produkte nicht überall und zu jeder Tageszeit verfügbar. Hofläden haben wegen eingeschränkter Zeitressourcen oder Personalmangels meist nur an ausgewählten Tagen geöffnet.“Automatenlösungen gebe es viele, doch verfügten diese nicht über genug Platz, um ein umfangreiches Produktsortiment auszustellen. Ein weiteres Problem sei die Verfügbarkeit. Wen im Sommer nach Ladenschluss noch die Lust auf einen ausgedehnten Grillabend packt, der Kühlschrank diesbezüglich jedoch leer ist, der muss auf sein Glück hoffen. Haben noch andere diesen Gusto, kann es passieren, dass man vor
leeren Automaten steht. Statt Automaten will Lokbest deshalb in der Region Selbstbedienungsläden etablieren. Das Konzept funktioniere im Prinzip mit jeder Art von Ladengeschäft. Es braucht nicht zwangsläufig eine Box, es ginge auch mit einer Gartenhütte oder einem Ladengeschäft, so Haber. Mit der entsprechenden App könnten Verbraucherinnen und Verbraucher dann Brot, Nudeln, Fleisch, Obst und vieles mehr einkaufen, wann sie wollen. Mittels eines QR-Codes, den man auf dem Handy generiert und an einen Scanner an der Eingangstüre hält, öffnet sich diese. Auf der App werden auch die Zahlungsinformationen hinterlegt – das Geld wird nach dem Auschecken automatisch abgebucht. Welche Produkte wo verfügbar sind, kann man mit der App ebenfalls suchen.
Auch die Betreiber der Läden bekommen von Lokbest ein eigenes Interface zur Verfügung gestellt, mit welchem sie neue Produkte anlegen können, Bestände verwalten und ihre Umsätze überwachen, sagt LokbestSprecherin Haber.
Das Besondere am System: Die Lösung sei flexibel und könne in jeder Art von Geschäft integriert wer
den. Als Plattform zur Onlinepräsenz für regionalen Betriebe in Augsburg und den angrenzenden Landkreisen gestartet, habe Lokbest das Ziel, Direktvermarkter sichtbarer zu machen und Verbrauchern einen leichteren Zugang zu regionalen Produkten zu ermöglichen.
Das System der Gründer wird in Asbach-Bäumenheim in der Büffelbox von Familie Grob verwendet und es gibt bereits weitere Interessenten. „So entstehen nun nach und nach einzigartige Anlaufstellen für regionale Produkte“, so Haber. Sein System möchte das Start-Up noch innerhalb der nächsten fünf Jahren europaweit anbieten.
Dem Modell von Lokbest stehen allerdings gesetzliche Hürden im Weg. Die aktuelle Gesetzeslage erlaubt es digitalen Läden, welche die Technologie von Lokbest nutzen, nur eine Öffnung von Montag bis Samstag. An Sonn- und Feiertagen müssen die Selbstbedienungsläden in Bayern geschlossen bleiben.
Offene Ohren für derlei unternehmerische Probleme hat die FDP. Die hat im Bayerischen Landtag einen Antrag eingereicht, dass digitale Kleinstsupermärkte in Zukunft auch an Sonn- und Feiertagen öffnen düreinem
fen. Aus diesem Anlass tauschte sich Haber vor kurzem mit FDP-Bezirksrat und Kreisvorsitzendem Alois Jäger aus Lauingen aus.
Ihren Gesetzesvorstoß begründen die Liberalen mit dem Argument, dass es bei Geschäften wie denen von Lokbest ja kein Personal gebe, dass man vor ausufernden Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen schützen müsse. Mehr noch: Das Angebot sei ja gerade eine Ergänzung zum klassischen Einkaufsmodell unter der Woche.
Wer etwas vergessen oder aus sonstigen Gründen nicht eingekauft habe, könne dies dann noch am Sonntag im Selbstbedienungsladen besorgen.
Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen von Myriam Kim Haber. „Wir finden den Vorschlag der FDP richtig und wegweisend. Wir hoffen, dass durch den Einsatz von Alois Jäger und der FDP der Antrag eine Mehrheit im Bayerischen Landtag findet. “