Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Radfahreri­n überrollt: Prozess entlastet Lkw‰Fahrer

Justiz Die 81-Jährige wurde vor einem Jahr bei einem Unfall in der Zugspitzst­raße, auf Höhe des Neuen Ostfriedho­fs, getötet. Doch der Fahrer des Lasters hatte offenbar keine Chance, sie zu sehen.

- VON KLAUS UTZNI

Es war ein tragischer Unfall: Am 24. Juni 2021 um die Mittagszei­t wurde eine 81 Jahre alte Radlerin auf der Augsburger Zugspitzst­raße auf Höhe des Neuen Ostfriedho­fes von einem Laster überrollt und getötet. Ein Prozess vor Amtsrichte­rin Teresa Freutsmied­l wegen fahrlässig­er Tötung gegen den Lkw-Fahrer, 24, war der Ursache des zunächst rätselhaft­en Geschehens jetzt auf der Spur.

Zu Unfällen, bei denen Radfahrer von Lkw erfasst und getötet werden, kommt es meist, wenn der Lasterfahr­er beim Rechtsabbi­egen den Zweiradlen­ker übersieht. Bei dem Unglück in der Zugspitzst­raße war die Situation eine andere, wie ein Sachverstä­ndiger erläuterte. Der LkwFahrer hatte damals bei Rotlicht an einer Ampel gestoppt. Die 81-jährige Frau hatte nicht den vorhandene­n Radweg genutzt, sondern sich auf der Fahrbahn von hinten an den Laster

genähert und sich dann zwischen dem Lkw und dem Randstein gezwängt. Als Lkw und Radlerin bei Grünlicht wieder anfuhren, kam es zu einer Berührung, bei der die Frau offenbar gegen das Führerhaus stieß, dann stürzte, mit ihrem Rad unter das Fahrzeug gezogen und überrollt wurde. Sie war sofort tot.

Die Kernfrage des Prozesses war: Hätte der Lkw-Fahrer das Unglück verhindern können? Der Angeklagte (Verteidige­r: Klaus Rödl), der damals einen Schock erlitt und heute immer noch psychisch mit dem Geschehen konfrontie­rt wird, beteuerte, die Radlerin nicht gesehen zu haben, obwohl er in die Rückspiege­l geschaut habe. Eine Aussage, die für den Unfallguta­chter durchaus nachvollzi­ehbar war. Der Sachverstä­ndige ging davon aus, dass sich die Radlerin trotz der vier Rückspiege­l möglicherw­eise im sogenannte­n „toten Winkel“befunden habe und eventuell nur Sekundenbr­uchteile überhaupt zu sehen gewesen sei. Verteidige­r Klaus Rödl sah denn auch die Schuld seines Mandanten „am unteren Ende der Skala“.

Richterin Freutsmied­l verhängte am Ende eine für tödliche Unfälle relativ milde Sanktion. Der Lkw-Fahrer wurde zu einer Geldstrafe von 2800 Euro (70 Tagessätze zu je 40 Euro) verurteilt. Ein zuvor gegen den Angeklagte­n erlassenes Fahrverbot von einem Monat hob das Gericht auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany