Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was Menschen an Augsburg mögen – und was nicht
Statistik Miete, Schule, Verkehr: Wo liegen die Stärken und Schwächen der Stadt? Eine Bürgerumfrage liefert nun ein breites Stimmungsbild. Vor allem in einem Bereich nehmen die Probleme deutlich zu.
Gerade an diesen Tagen fällt es leicht, die schönen Seiten Augsburgs zu sehen. Vor den Eisdielen tummeln sich erwartungsfrohe Menschen, die Biergärten sind voll, man genießt gut gelaunt die Sonne und den Sommer. Und doch ist die Frage, wie es den Augsburgerinnen und Augsburgern in ihrer Stadt geht, naturgemäß komplexer. Eine Untersuchung hält der Stadt nun einen Spiegel vor. Die aktuelle Bürgerumfrage zeigt klar, wo die Menschen Augsburgs Stärken und Schwächen sehen, womit sie zufrieden sind – und auch, welche Probleme sich im Lauf der Jahre zunehmend verschärft haben.
Alle zwei Jahre begibt sich die Stadt auf die Spur des Wohlbefindens ihrer Bürgerinnen und Bürger. Ergebnis ist eine repräsentative Bürgerumfrage, deren Ergebnisse es der Stadt Augsburg nach eigenen Angaben ermöglichen sollen, „bürgernah und zielorientiert auf die Bedürfnisse der Stadtgesellschaft einzugehen“. Die aktuelle Bürgerumfrage 2021, an der rund 20.000 Augsburgerinnen und Augsburger teilnahmen, ist die zehnte seit dem Beginn 2003.
Insgesamt fühlen sich die Augsburgerinnen und Augsburger wohl dort, wo sie leben. Sowohl mit Blick auf die Gesamtstadt als auch auf den eigenen Stadtteil gaben die Befragten den Mittelwert 5,3 an – bei einer Skala von 1 (sehr ungern) bis 6 (sehr gern). Im Vergleich zur Bürgerumfrage 2011 ist der Wert leicht gestiegen, im Vergleich mit 2019 minimal gesunken. Letzteres könnte aber auch mit dem Gesamteindruck der Pandemie zu tun haben.
Ohnehin kann man davon ausgehen, dass Corona einen Einfluss auf die Zufriedenheit der Menschen hatte. In welchem Umfang, ist jeweils schwer zu beurteilen. Beim Blick auf die Entwicklung der Stärken und Schwächen (4 = große Stärke, 1 = große Schwäche) zeigt sich aber, dass sich im Vergleich zu 2019 fast jeder erfasste Wert verschlechtert hat. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Freizeit und Kultur, mit Ausnahme von „Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten“aber auch die fünf größten Stärken, die die Augsburgerinnen und Augsburger identifizieren. An erster Stelle, und das mit weitem Abstand, steht seit 2003 die Geschichte. Der Wert 3,5 ist zwar niedriger als das 2009 erreichte Maximum (3,7), bewegt sich aber im Vergleich auf sehr hohem Niveau. Auch die Bereiche Lebensqualität und Architektur werden überdurchschnittlich und seit 2011 immer besser bewertet.
Dem gegenüber stehen fünf Schwächen. Hier zeigt sich vor allem, wie teuer Wohnen in Augsburg geworden ist. So werden die Grundstücksund Immobilienpreise mit 1,5 bewertet – im Vergleich aller Kategorien entspricht dies der niedrigsten Bewertung seit Beginn der Bürgerumfragen. 2011, als sich die Verschärfung auf dem Markt bereits andeutete, lag sie noch bei 2,4. Ähnlich stellt sich die Entwicklung bei den Mietkosten dar (2011: 2,5; 2021: 1,7). Auch bei der Benennung der größten Probleme – ohne Skala – liegen die „Mietkosten“in der Rangfolge auf Platz eins, gefolgt vom „Immobilienmarkt“. Als drittgrößtes Problem wird der Verkehr gesehen, gefolgt von der Finanzlage der Stadt. Letztere ist seit Beginn der Bürgerumfragen unter den Top-Vier-Problemen.
Auffällig ist, dass Bereiche, die Umweltaktivistinnen und -aktivisten in den vergangenen Jahren zunehmend moniert haben, auch in der öffentlichen Wahrnehmung immer schlechter abschneiden. So ging die Zufriedenheit mit den Aspekten „Ökologie/Natur-Umwelt-Klimaschutz“(2017: 2,73; 2021: 2,59) sowie „Fahrradfreundlichkeit“(2017: 2,51; 2021: 2,36) zurück. Die Stadt Augsburg sieht dafür „gesellschaftliche Gründe“ursächlich. Was meint sie damit? „Es ist zu vermuten, dass sich die gefühlte Wahrnehmung der Bevölkerung zu diesen Thematiken durch eine stärkere Präsenz verändert hat“, erklärt Benedikt Unger vom Amt für Statistik auf Nachfrage. Dies sei mutmaßlich „auch beeinflusst von Protestbewegungen und -organisationen“. Nicht ermitteln lasse sich jedoch, ob das veränderte Antwortverhalten primär von „eventuell aufgedeckten Defiziten“beeinflusst worden sei – oder doch eher von anderen Effekten wie sozialer Erwünschtheit. Dies ist der Fall, wenn sich eine Antwort an der Vorstellung orientiert, was gesellschaftlich akzeptiert oder erwünscht ist.
Im Bereich „Angebote und Einrichtungen“sind die Augsburgerinnen und Augsburger vor allem mit Naherholungsmöglichkeiten zufrieden (3,4 von 4), auch allgemeine Einkaufsmöglichkeiten und das gastronomische Angebot stellen sie zufrieden (jeweils 3,3 von 4). Am schlechtesten werden die öffentlichen Toiletten (2) und die Schulen (2,1) bewertet. Gerade im Bereich Bildung und Erziehung hat die Zufriedenheit im Verlauf der vergangenen Jahre kontinuierlich am stärksten nachgelassen. Bei den Schulen sank die Zufriedenheit seit 2011 um 0,5 Punkte, bei den Kindertagesstätten seit 2015 um 0,3 Punkte.
Durchaus positiv entwickelt sich dagegen das Sicherheitsgefühl. Laut Kriminalstatistik ist Augsburg die zweitsicherste Großstadt Deutschlands, dies äußert sich auch in der Wahrnehmung der Menschen. Auf einer Skala von 1 (sehr unsicher) bis 4 (sehr sicher) fühlten sich die Befragten tagsüber in ihrer Wohnung mit 3,8 am sichersten, an Bahnhöfen am unsichersten (3,2). Nach Einbruch der Dunkelheit verringert sich die gefühlte Sicherheit allerdings deutlich. Mit einem Mittelwert von 2,3 fühlen sich die Menschen nachts in Parks und Grünanlagen sogar eher unsicher.