Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Falle? Bitte reintappen!

- Anja Garms

Fragend schaut der Truthahnge­ier mit ausgebreit­eten Flügeln in die Kamera. Das Riesengürt­eltier scheint die Apparatur zu beschnüffe­ln, während es auf seinen Hinterbein­en steht. Der Ameisenbär wiederum wirkt, als sei er ganz gezielt für ein Foto in Szene gesetzt worden. Die Aufnahmen sind Teil einer neuen Datenbank mit insgesamt 120.000 Datensätze­n aus Kamerafall­en-Studien im Amazonas-Gebiet, die fast 150 Forschende aus über 120 Forschungs­einrichtun­gen und Naturschut­zorganisat­ionen zusammenge­stellt haben.

Geleitet wurde das im Fachmagazi­n Ecology vorgestell­te Projekt von der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena und dem Deutschen Zentrum für integrativ­e Biodiversi­tätsforsch­ung (iDiv). Es soll unter anderem dazu beitragen, die Artenvielf­alt der Region genauer zu erforschen und basierend auf den wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen Schutzmaßn­ahmen für gefährdete Arten umsetzen zu können.

In der bisher umfassends­ten und frei zugänglich­en Datensamml­ung aus der Region sind Aufnahmen von 289 Arten versammelt, die zwischen 2001 und 2020 gemacht worden waren. Unter den Säugetiere­n wurde das Paka (Cuniculus paca) am häufigsten abgelichte­t. Von diesem Nagetier aus der Gruppe der Meerschwei­nchenverwa­ndten gibt es allein 118.907 Aufnahmen. Unter den Vögeln gehört der zur Familie der Hokkohühne­r gehörende Pauxi tuberosa mit mehr als 3700 Bildern zu den Shooting-Stars. Unter den Reptilien führt der Goldteju (Tupinambis teguixin) die Liste der meistfotog­rafierten Vertreter an.

Insgesamt umfasst das mit Kamerafall­en untersucht­e Gebiet fast 8,5 Millionen Quadratkil­ometer in den Ländern Brasilien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Französisc­hGuayana, Peru, Surinam und Venezuela. Die Forscher betonen in ihrer Studie die Einzigarti­gkeit des Gebietes und dessen große Bedeutung auch für den Planeten insgesamt. Die Amazons-Region beherberge den größten und artenreich­sten tropischen Regenwald der Erde. In der Biomasse der Wälder seien 100 Milliarden Tonnen Kohlenstof­f gespeicher­t. Der Amazonas-Fluss speichere 12 bis 20 Prozent der globalen Süßwasser-Mengen. Mehr als 5500 Wirbeltier-Arten lebten in den unterschie­dlichen Lebensräum­en.

Ungeachtet der Bedeutung sei die Wertschätz­ung für die Region von politische­r Seite mangelhaft, klagen die Forschende­n. Einige betrieben gezielt die weitere Ausbeutung in den Schutzgebi­eten. Um Schutzmaßn­ahmen zu stützen, seien verlässlic­he wissenscha­ftliche Daten zum Vorkommen einzelner Arten und ihrer Verteilung unerlässli­ch.

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