Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Treffer gegen die Vergänglichkeit
Die rekordverdächtige Wiederkehr eines tollen alten Popsongs.
Der Zeitgeist ist ein gefräßiges Monster. Das zeigt sich etwa in seinem Klang, in der Popmusik: Selbst wer mal einen Treffer in den Charts landet, wird bald im Wogen der Geschmackswellen untergespült und fortan nicht mehr gesehen.
Bloß dann und wann, da kneten Patrick Swayze und Demi Moore lasziv Ton, dazu läuft eine „Unchained Melody“– und schon stehen durch den Film „Ghost“1990 die Righteous Brothers damit 25 Jahre nach dem Entstehen top in Hitparaden. Oder ein Mann macht sich mit markenblauem Reservekanister in einer TV-Werbung auf den Weg zur Tankstelle – und schon steht, wiederaufgetaucht wie der biblische Jonas aus dem Wal, Fats Domino mit dem 34 Jahre alten „I’m Walking“wieder oben …
Einen solchen Hit, einen Treffer gegen die Vergänglichkeit also, feiert nun auch Kate Bush. Ihr „Running Up That Hill“von 1985 steht in Deutschland plötzlich auf Platz 4, in England sogar auf der 1. Die Distanz zum Erscheinen mit 37 Jahren ist dort Rekord, zudem ist die Britin mit inzwischen 63 damit die älteste Frau an der Spitze in der Geschichte der Charts. Und diesmal ist das zeitgeistgemäß der neuen Staffel einer Netflix-Serie
zu verdanken, „Stranger Things“. Die hat den Song aus den Untiefen des unendlichen Pop-Ozeans heraufgetaucht. Wie 2016 zum Serien-Auftakt schon Totos „Africa“. Aber dieser Song hat noch viel mehr gegen die Vergänglichkeit vermocht, gilt heute, 40 Jahre nach Entstehung, durch immer neue Anverwandlungen, als „vielleicht beliebtester Song“im Internet. Und der deutsch-namibische Künstler Max Siedentopf installierte ihn sogar mit MP3-Player und sechs Boxen samt Solarbatterien in der Wüste Namib – in Endlosschleife. Ein Lied für die Ewigkeit.