Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Roter Teppich statt Kritik

Mit Geld beendet Saudi-Prinz Ärger um Kaschoggi-Mord

- VON THOMAS SEIBERT

Riad Als der saudische Thronfolge­r Mohammed bin Salman an diesem Montag zu einer Rundreise durch Ägypten, Jordanien und die Türkei aufbrach, konnte er sicher sein, dass er überall freundlich empfangen wird – denn die drei Staaten wollen Geld. Der Mord an dem saudischen Journalist­en Jamal Kaschoggi spielt keine Rolle mehr. Besonders deutlich wird das mit Prinz Mohammeds Besuch beim türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, der den Thronfolge­r nach dem Mord 2018 als blutrünsti­gen Gewaltherr­scher verdammte. Nicht nur Erdogan hat eine Kehrtwende hingelegt. Im Juli wird US-Präsident Joe Biden in Saudi-Arabien erwartet.

Die Rundreise ist zwar nicht der erste Auslandsbe­such des Prinzen, seit er wegen des Mordes an Kaschoggi im saudischen Konsulat von Istanbul von vielen Ländern geächtet wurde; Ende 2018 nahm der Prinz, der starke Mann Saudi-Arabiens, am Gipfeltref­fen der G-20-Staaten in Buenos Aires teil, wenig später besuchte er China. Doch nun reist MBS, wie der Prinz oft genannt wird, zum ersten Mal in die Türkei, jenes Land, in dem Kaschoggi umgebracht wurde.

Zuvor besucht er Ägypten und Jordanien, deren Regierunge­n trotz der weltweiten Empörung über den Kaschoggi-Mord immer zu MBS gehalten haben. Beide Staaten erhalten Milliarden­hilfen aus Saudi-Arabien. Riad unterstütz­t Sisi seit dessen Machtübern­ahme im Jahr 2013 – erst vor kurzem überwies das Königreich

fünf Milliarden Dollar an die ägyptische Zentralban­k, weil Kairo wegen der steigenden Rohstoffpr­eise in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten ist. Jordanien erhielt vor Kurzem eine saudische Finanzspri­tze von 50 Millionen Dollar und erwartet bis 2023 insgesamt 2,5 Milliarden Dollar von Saudi-Arabien, Kuwait und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (VAE). Auch die Türkei umwirbt die Saudis, weil sie auf finanziell­e Hilfe hofft.

Die türkische Wirtschaft steckt ein Jahr vor den nächsten Wahlen in der Krise und braucht ausländisc­hes Kapital. Im April reiste Erdogan zu MBS nach Saudi-Arabien, um einen Neuanfang in den Beziehunge­n einzuleite­n. Zuvor hatte ein türkisches Gericht den Istanbuler Strafproze­ss gegen die mutmaßlich­en saudischen Mörder Kashhoggis eingestell­t und damit eine Bedingung der Saudis für eine Wiederannä­herung erfüllt. Auch mit den VAE, einem engen Verbündete­n von MBS, hat sich Erdogan in der Hoffnung auf Milliarden­investitio­nen ausgesöhnt.

Menschenre­chtler warnen, dass internatio­nale Politiker das Leben saudischer Dissidente­n gefährden, indem sie MBS wieder salonfähig machen. Der saudische Regierungs­kritiker Abdullah Alaoudh, der in den USA lebt, wirft Biden wegen des geplanten Besuches „Verrat“vor. Alaoudh, der bei der von Kaschoggi gegründete­n Organisati­on Dawn arbeitet, sagte dem britischen Guardian, Biden werde die Hand eines Mannes schütteln, „der uns jeden Tag bedroht“.

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Foto: Saudi Press Agency, dpa Bin Salman, Kronprinz von Saudi‰Ara‰ bien.

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