Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rock ’n’ Roll im Ruhrpott
Porträt Beim FC Schalke steht Frank Kramer vor der größten Herausforderung seiner Trainerkarriere. Kraft tankt der AC/DC-Fan in seiner Allgäuer Heimat.
Nun also der FC Schalke 04. Der Arbeiterklub aus dem Ruhrpott war in den vergangenen Jahren für seinen Verschleiß an Trainern bekannt. Seit der Saison 2002/2003 versuchten sich insgesamt 17 Übungsleiter auf Schalke, 2021 stieg der Klub in die zweite Bundesliga ab. Nach der Rückkehr in das Fußball-Oberhaus wird in Gelsenkirchen ein neues Kapitel aufgeschlagen – mit einem Trainer aus dem Allgäu.
Der gebürtige Memminger Frank Kramer wurde vor zwei Wochen beim Revierklub vorgestellt. Er tritt die Nachfolge von Vereinslegende Mike Büskens an, der dem Allgäuer künftig als Co-Trainer zur Seite steht. Schalke ist nach Arminia Bielefeld, Greuther Fürth und einer kurzen Phase als Interimscoach der TSG Hoffenheim die vierte Trainerstation Kramers in der FußballBundesliga.
Und es dürfte eine schwierige Mission werden. Zwar wurde der „Betriebsunfall Abstieg“auf Schalke schnell korrigiert, der Uefa-Cup-Sieger von 1997 befindet sich vor dem Trainingsauftakt am Mittwoch aber immer noch in einer Phase des Wiederaufbaus.
Als Wunschkandidat von Sportdirektor Rouven Schröder wurde Kramer bezeichnet, beide haben schon in Fürth zusammengearbeitet. Der 50-jährige Kramer gilt als Kopfmensch, der nichts dem Zufall überlässt; einer, der im Trainingslager abends lieber Fachliteratur liest, als sich an der Bar ein Bierchen zu gönnen. Und doch ist er einer, der privat für jeden Spaß zu haben ist.
Laute Töne sind von Kramer
in der Öffentlichkeit selten zu hören, der bekennende AC/DC-Fan macht lieber intern klare Ansagen. Bei seiner letzten Station in Bielefeld litt allerdings dem Vernehmen nach das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft, kurz vor Saisonende kam es zur Trennung. Überhaupt hielt es den 50-Jährigen an seinen letzten Arbeitsplätzen nie länger als zwei Jahre – sei es in Bielefeld, als Leiter der Nachwuchsabteilung von RB Salzburg, als Trainer der deutschen U-Nationalmannschaften oder bei seinem kurzen Engagement beim Zweitligisten Fortuna Düsseldorf im Jahr 2015. Eine Konstante sind dagegen seine Besuche in der Allgäuer Heimat. Kramer, der Sport und Englisch studierte und vor seiner Ausbildung zum Fußballlehrer 2013 als Gymnasiallehrer und Sportdozent an der Universität Erlangen-Nürnberg tätig war, stammt aus einer waschechten FußballerFamilie. Sein 2015 verstorbener Vater Kurt war Ehrenspielführer des FC Memmingen. Dort spielten auch die drei Söhne Frank, Markus und Jürgen. Markus Kramer ist heute Schatzmeister beim RegionalligaAbsteiger. Regelmäßig bei den FCM-Heimspielen am Kiosk im Einsatz war außerdem Mutter Rosmarie. Bei seinen Aufenthalten im Allgäu tankt Frank Kramer Kraft für seinen Job im Profigeschäft – ebenso wie in seiner Wahlheimat Fürth, wo Kramers Frau, sein Sohn und seine Tochter leben.