Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Dichterin klärt auf
Neuer Tagesroman ist „Das Fräulein von Scuderi“
Paris „im Herbste des Jahres 1680“: Ein Serienmörder hält die Stadt in Atem, seine Opfer sind durchweg mit einem teuren Schmuckgeschenk unterwegs, das der unbekannte Täter ihnen raubt, nachdem er ihnen den Dolch in die Brust gestoßen hatte. Wer ist dieser Mörder, was ist sein Motiv? Alles rätselt bis hinauf zum „Sonnenkönig“Ludwig XIV. Bis eines Nachts im Hause der Madeleine de Scuderi, Dichterin bei Hofe, ein verwirrter junger Mann auftaucht, mit einem Kästchen kostbarsten Schmucks. Die Neugier des ehrwürdigen alten Fräuleins ist geweckt, hinter das Geheimnis der Mordserie zu kommen, und rasch landet sie beim berühmtesten Goldschmied der Stadt, bei René Cardillac…
„Das Fräulein von Scuderi“gehört zu den beliebtesten Erzählungen von E.T.A. Hoffmann, und das nicht ohne Grund. Hält die Mordgeschichte doch von Anfang an in Atem und spielt dabei virtuos mit der Bereitschaft des Lesers und der Leserin, sich mit auf Spurensuche zu begeben, nur um ein ums andere Mal ins Leere zu laufen.
Hoffmanns 1819 erschienene Novelle zählt zu den frühesten Kriminalgeschichten der deutschen Literatur, und die Figur des Fräuleins von Scuderi ist eine Ahnin jener betagten klugen Damen, die seither – man denke nur an Agatha Christies Miss Marple – Licht ins Dunkel des Verbrechens bringen.
Versteht sich, dass dies am Ende auch dem Fräulein von Scuderi gelingt, und nicht zuletzt deshalb, weil sie lieber auf ihre Fähigkeiten als Dichterin vertraut als auf die grobschlächtigen Methoden der amtlichen Ermittler: „Sie gedachte, sich [… ] noch einmal alles, wie es sich in jener verhängnisvollen Nacht begeben, erzählen zu lassen, und so viel möglich in ein Geheimnis zu dringen, das vielleicht den Richtern verschlossen geblieben, weil es wertlos schien, sich weiter darum zu bekümmern.“
„Das Fräulein von Scuderi“ist ab Freitag, 24. Juni, unser neuer Tagesroman. Wer mehr erfahren will über den Schriftsteller E.T.A.Hoffmann (1776–1822), der sei auf die Würdigung dieser höchst farbigen Gestalt der deutschen Romantik in unserer Wochenendausgabe verwiesen – zum 200. Todestag des Juristen, Komponisten und Autors fantastisch dunkler Geschichten.