Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nächste Eskalationsstufe ist erreicht
Skisport Führende Verbände wollen sich nach der Wiederwahl von Fis-Präsident Eliasch nicht geschlagen geben. Was hinter dem Machtkampf steckt und worüber der Internationale Sportgerichtshof nun entscheiden soll.
Kempten Der Machtkampf in den Skiverbänden hat die nächste Eskalationsstufe erreicht. Im Streit um die Wiederwahl des schwedisch-britischen Milliardärs Johan Eliasch zum Präsidenten des Internationalen Skiverbandes (Fis) zieht der Deutsche Skiverband (DSV) zusammen mit den Nationalverbänden aus Österreich, der Schweiz und Kroatien vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas in Lausanne (Schweiz). Dort soll die Wahl des umstrittenen 60-jährigen Eliasch höchstrichterlich angefochten werden. Mit einem Urteil sei aber frühestens in drei Monaten zu rechnen.
Was war passiert? Beim Fis-Kongress vor vier Wochen im italienischen Mailand gab es eine Art Palastrevolution einiger mächtiger nationaler Skiverbände. Deren Vertretern waren das Machtgebaren und der Führungsstil Eliaschs schon zuvor ein Dorn im Auge. Der rhetorisch kompromisslos auftretende Eliasch hatte einen Großteil der internationalen Ski-Familien mit fragwürdigen Reformplänen vor den Kopf gestoßen: Der Skisport müsse sich endlich an Sportarten wie der Formel 1 oder dem Tennissport orientieren, es müssten dringend neue Märkte erschlossen und der Rennkalender entsprechend angepasst werden. Stichwort: Alpinrennen in Dubai. Und: Den nationalen Verbänden sollten die TV- und Marketingrechte an den Weltcups entzogen werden. Mit größeren Sponsorenpaketen wolle die Fis allein bislang unentdeckte Geldquellen zum Sprudeln bringen. All das präsentierte Eliasch erst, nachdem die Bewerbungsfrist für etwaige Gegenkandidaten abgelaufen war. Ein gewiefter taktischer Schachzug, werfen die Kritiker dem gebürtigen Schweden vor.
Es brodelte also schon vor der Wiederwahl in Mailand. Das Wahlprozedere führte dann zum Eklat. Zwar wurde dem Antrag auf eine geheime Wahl mit 65 Prozent zugestimmt. Wirklich geheim soll die Wahl aber dann nicht stattgefunden
haben, weil die Delegierten unter anderem zu eng zusammengesessen haben sollen. Zudem, so der Vorwurf, seien keine Gegenstimmen zugelassen worden. Der Fis-Rechtsexperte habe erklärt, man könne nur mit „Ja“stimmen – oder sich enthalten. Aus Protest darüber hatten die Delegierten einiger großer Nationalverbände den Sitzungssaal verlassen. Diese repräsentierten zwar 44 Prozent aller Stimmberechtigten;
die Fis kürte Eliasch danach dennoch zum großen Gewinner: Er sei einstimmig wiedergewählt. DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach sprach schon unmittelbar nach der Versammlung von einer „Farce“und kündigte juristische Schritte an.
Nach mehreren Wochen Beratung, so Schwarzbach nun auf Anfrage unserer Redaktion , sei nun die Entscheidung gefallen, die Wahl vor dem Internationalen Sportgerichtshof anzufechten. Es handle sich um keine offizielle Klage, sondern um ein Berufungsverfahren, so der 52-jährige DSV-Kommunikationschef aus Betzigau bei Kempten. Der Cas soll darüber entscheiden, ob die Wahl in Mailand richtig oder falsch ablief.
Die Rechtsanwälte beider Parteien argumentieren derzeit komplett konträr. Die Fis ließ am Montag mitteilen, man sei zuversichtlich, dass die Wahl „in strikter Übereinstimmung mit den Fis-Statuten und dem Schweizer Recht durchgeführt wurde“und die Anschuldigungen „völlig unbegründet“seien. Die großen Mitgliedsverbände halten die Wahl für schlicht undemokratisch. Dass von den ursprünglich 15 opponierenden Nationen nur noch vier übrig geblieben sind, begründet Schwarzbach mit zwei Argumenten: In vielen Mitgliedsverbänden stünden gerade Neuwahlen an, zudem brauche die Viererallianz aus DSV, ÖSV, Ski Suisse und kroatischem Skiverband im Anhörungsverfahren zahlreiche Zeugen, die vor dem Cas aussagen. „Wir können uns einer starken Unterstützung sicher sein“, sagt Schwarzbach.
Spätestens im Oktober, wenn die Fis ihre ersten Winterweltcups durchführen wird, soll ein Richterspruch fallen. Bis dahin knirscht es vermutlich zwischen den Skiverbänden heftig im Gebälk. Bleibt Eliasch Präsident, könnte die Zusammenarbeit künftig frostig werden. Muss neu gewählt werden, wäre es nur sinnvoll, wenn die Opposition rechtzeitig an einem Alternativprogramm bastelt und einen Gegenkandidaten zu Eliasch präsentiert.