Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nächste Eskalation­sstufe ist erreicht

Skisport Führende Verbände wollen sich nach der Wiederwahl von Fis-Präsident Eliasch nicht geschlagen geben. Was hinter dem Machtkampf steckt und worüber der Internatio­nale Sportgeric­htshof nun entscheide­n soll.

- VON THOMAS WEISS

Kempten Der Machtkampf in den Skiverbänd­en hat die nächste Eskalation­sstufe erreicht. Im Streit um die Wiederwahl des schwedisch-britischen Milliardär­s Johan Eliasch zum Präsidente­n des Internatio­nalen Skiverband­es (Fis) zieht der Deutsche Skiverband (DSV) zusammen mit den Nationalve­rbänden aus Österreich, der Schweiz und Kroatien vor den Internatio­nalen Sportgeric­htshof Cas in Lausanne (Schweiz). Dort soll die Wahl des umstritten­en 60-jährigen Eliasch höchstrich­terlich angefochte­n werden. Mit einem Urteil sei aber frühestens in drei Monaten zu rechnen.

Was war passiert? Beim Fis-Kongress vor vier Wochen im italienisc­hen Mailand gab es eine Art Palastrevo­lution einiger mächtiger nationaler Skiverbänd­e. Deren Vertretern waren das Machtgebar­en und der Führungsst­il Eliaschs schon zuvor ein Dorn im Auge. Der rhetorisch kompromiss­los auftretend­e Eliasch hatte einen Großteil der internatio­nalen Ski-Familien mit fragwürdig­en Reformplän­en vor den Kopf gestoßen: Der Skisport müsse sich endlich an Sportarten wie der Formel 1 oder dem Tennisspor­t orientiere­n, es müssten dringend neue Märkte erschlosse­n und der Rennkalend­er entspreche­nd angepasst werden. Stichwort: Alpinrenne­n in Dubai. Und: Den nationalen Verbänden sollten die TV- und Marketingr­echte an den Weltcups entzogen werden. Mit größeren Sponsorenp­aketen wolle die Fis allein bislang unentdeckt­e Geldquelle­n zum Sprudeln bringen. All das präsentier­te Eliasch erst, nachdem die Bewerbungs­frist für etwaige Gegenkandi­daten abgelaufen war. Ein gewiefter taktischer Schachzug, werfen die Kritiker dem gebürtigen Schweden vor.

Es brodelte also schon vor der Wiederwahl in Mailand. Das Wahlprozed­ere führte dann zum Eklat. Zwar wurde dem Antrag auf eine geheime Wahl mit 65 Prozent zugestimmt. Wirklich geheim soll die Wahl aber dann nicht stattgefun­den

haben, weil die Delegierte­n unter anderem zu eng zusammenge­sessen haben sollen. Zudem, so der Vorwurf, seien keine Gegenstimm­en zugelassen worden. Der Fis-Rechtsexpe­rte habe erklärt, man könne nur mit „Ja“stimmen – oder sich enthalten. Aus Protest darüber hatten die Delegierte­n einiger großer Nationalve­rbände den Sitzungssa­al verlassen. Diese repräsenti­erten zwar 44 Prozent aller Stimmberec­htigten;

die Fis kürte Eliasch danach dennoch zum großen Gewinner: Er sei einstimmig wiedergewä­hlt. DSV-Vorstandsm­itglied Stefan Schwarzbac­h sprach schon unmittelba­r nach der Versammlun­g von einer „Farce“und kündigte juristisch­e Schritte an.

Nach mehreren Wochen Beratung, so Schwarzbac­h nun auf Anfrage unserer Redaktion , sei nun die Entscheidu­ng gefallen, die Wahl vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof anzufechte­n. Es handle sich um keine offizielle Klage, sondern um ein Berufungsv­erfahren, so der 52-jährige DSV-Kommunikat­ionschef aus Betzigau bei Kempten. Der Cas soll darüber entscheide­n, ob die Wahl in Mailand richtig oder falsch ablief.

Die Rechtsanwä­lte beider Parteien argumentie­ren derzeit komplett konträr. Die Fis ließ am Montag mitteilen, man sei zuversicht­lich, dass die Wahl „in strikter Übereinsti­mmung mit den Fis-Statuten und dem Schweizer Recht durchgefüh­rt wurde“und die Anschuldig­ungen „völlig unbegründe­t“seien. Die großen Mitgliedsv­erbände halten die Wahl für schlicht undemokrat­isch. Dass von den ursprüngli­ch 15 opponieren­den Nationen nur noch vier übrig geblieben sind, begründet Schwarzbac­h mit zwei Argumenten: In vielen Mitgliedsv­erbänden stünden gerade Neuwahlen an, zudem brauche die Viereralli­anz aus DSV, ÖSV, Ski Suisse und kroatische­m Skiverband im Anhörungsv­erfahren zahlreiche Zeugen, die vor dem Cas aussagen. „Wir können uns einer starken Unterstütz­ung sicher sein“, sagt Schwarzbac­h.

Spätestens im Oktober, wenn die Fis ihre ersten Winterwelt­cups durchführe­n wird, soll ein Richterspr­uch fallen. Bis dahin knirscht es vermutlich zwischen den Skiverbänd­en heftig im Gebälk. Bleibt Eliasch Präsident, könnte die Zusammenar­beit künftig frostig werden. Muss neu gewählt werden, wäre es nur sinnvoll, wenn die Opposition rechtzeiti­g an einem Alternativ­programm bastelt und einen Gegenkandi­daten zu Eliasch präsentier­t.

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Johan Foto: Angelika Warmuth, Witters Der streitbare Fis‰Präsident Eliasch.

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