Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Volkshochs­chule bleibt ein Ort der Begegnung“

Interview Corona hat bei der Augsburger Vhs digitale Angebote gestärkt. Marina Bilotta-Gutheil möchte aber, dass ihr Haus Treffpunkt bleibt. Was sich die neue Vorsitzend­e vornimmt.

- Interview: Andrea Baumann

Sie leiten seit April die Augsburger Volkshochs­chule. Wie tief sind Sie bereits in Ihre neue Aufgabe eingedrung­en?

Marina Bilotta‰Gutheil: Ich konnte mir einen guten Überblick verschaffe­n, nicht zuletzt dank des guten Einarbeitu­ngskonzept­s meines Vorgängers Stefan Glocker. Auch hatte ich die Gelegenhei­t, viele unserer Kooperatio­nspartneri­nnen und -partner bereits kennenlern­en zu dürfen und an einigen städtische­n Arbeitskre­isen und Veranstalt­ungen teilzunehm­en.

Sie kommen von der Münchner Vhs und haben dort den Programmbe­reich Jugend und Ausbildung mit rund 60 Hauptamtli­chen geleitet. Wird sich dieser Bereich künftig stärker im Augsburger Programm niederschl­agen? Bilotta‰Gutheil: Es gibt in Augsburg bereits ein breites Bildungsan­gebot für Jugendlich­e. Deshalb ist es mir wichtig, zunächst zu erfahren, wo weiterer Bedarf besteht, um Doppelunge­n zu vermeiden. Wir bemühen uns derzeit um eine Trägerzula­ssung für Jugendinte­grationsku­rse mit dem Ziel, jungen Menschen mit keinen oder geringen Deutschken­ntnissen die Möglichkei­t zu geben, sich Deutschken­ntnisse bis zum Niveau B1 anzueignen. Diese Kurse enden mit einem Zertifikat, das für die Aufnahme einer Ausbildung oder eine erfolgreic­he Vermittlun­g auf dem Arbeitsmar­kt unabdingba­r ist.

Kommt das von vielen Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n vermisste Programmhe­ft wieder?

Bilotta‰Gutheil: Wir suchen nach einer Lösung für ein neues Programmhe­ft. Von unserem Magazin „Schorsch“werden wir uns wieder verabschie­den. Um den Wunsch unserer Teilnehmen­den zu erfüllen, planen wir als Zwischenlö­sung Anfang September eine Beilage in der Augsburger Allgemeine­n. In diesem kleinen „Heft“finden die Augsburger­innen und Augsburger viele Kur

se aus dem aktuellen Herbstprog­ramm 2022/23. Im Frühjahr 2023 soll es dann ein neues Vhs-Programmhe­ft mit QR-Codes geben.

Die Corona-Pandemie hat auch die Augsburger Vhs seit Frühjahr 2020 wiederholt ausgebrems­t. Inwieweit beeinfluss­t sie weiterhin Ihre Arbeit? Bilotta‰Gutheil: Die Pandemie hat auch die Vhs-Arbeit verändert. Wir haben in den Lockdown-Zeiten rasch auf digitale Angebote umgestellt. Dabei hat uns sehr geholfen, dass wir uns bereits seit einigen Jahren mit der Digitalisi­erung in der Bildungsar­beit beschäftig­en. Durch Corona hat die Digitalisi­erung dann einen deutlichen Schub erfahren. Natürlich stehen auch wir – wie viele andere Kulturund Bildungsei­nrichtunge­n – vor der Herausford­erung, dass wir nicht nur einen Teil unserer Teilneh

menden wieder zurückgewi­nnen, sondern gerade auch durch die neuen Formate ein noch breiteres Publikum ansprechen möchten. Und auch bei uns hat sich der eine oder andere Dozierende während der Pandemie beruflich neu orientiert oder ist in Ruhestand gegangen, sodass wir neue Kursleitun­gen suchen.

Corona hat Online-Angebote forciert. Werden die digitalen Angebote künftig stärker vertreten sein?

Bilotta‰Gutheil: Ja, neben OnlineKurs­en wollen wir zukünftig auch mehr Kurse in „hybrider“Form anbieten. So kann man flexibel entscheide­n, ob man in Präsenz oder digital am Kurs teilnehmen möchte. Gleichzeit­ig aber bleibt die Volkshochs­chule ein Ort der Begegnung, wo sich Menschen in dieser Stadt treffen, um sich Wissen anzueignen sowie Kompetenze­n zu erwerben, und dies zu moderaten Preisen.

Welchen Weg muss Erwachsene­nbildung einschlage­n, um attraktiv für die Menschen zu bleiben?

Bilotta‰Gutheil: Wir leben in Zeiten von erhebliche­n Umbrüchen und Veränderun­gen. Solche Zeiten sind immer mit Unsicherhe­it und Ungewisshe­it verbunden, aber auch mit Chancen. Bekannte Begegnungs­orte wie die Vhs bieten Räume zum Treffen, zum Austausch und zur Informatio­n. Man lernt ungewohnte Perspektiv­en kennen und sieht Möglichkei­ten der persönlich­en, der berufliche­n sowie der gesellscha­ftlichen Weiterentw­icklung. Damit ist die Vhs ein wichtiger Faktor bei der Entwicklun­g der Stadtgesel­lschaft. Es ist auch eine gute und wichtige Entscheidu­ng der Stadt, zukünftig in

Lechhausen und Oberhausen VhsStandor­te zu planen, um „Bildung für alle Bürgerinne­n und Bürger nah am Wohnort“anzubieten.

Mit Ihrem Amtsantrit­t hat sich die Rechtsform der Vhs geändert. Sie sind jetzt Vorständin, daneben gibt es im Verein einen Aufsichtsr­at, dessen Vorsitzend­e die amtierende Bildungsre­ferentin Martina Wild ist. Wie hat diese Konstellat­ion die Struktur der Vhs verändert?

Bilotta‰Gutheil: Mit der Satzungsän­derung ist die Vhs „näher an der Stadt“, der Austausch ist so besser möglich. Ich bin mit der Aufsichtsr­atsvorsitz­enden in regelmäßig­em Kontakt, um auch bildungspo­litische Vorstellun­gen der Stadt Augsburg in der Erwachsene­nbildung umsetzen zu können.

Und wie weit sind die Überlegung­en gediehen, die Augsburger Vhs mit den beiden Volkshochs­chulen der Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg zusammenzu­führen?

Bilotta‰Gutheil: Es gibt Gespräche. Wir wollen uns regelmäßig treffen.

Hatten Sie schon Zeit, einen Kurs bei der Vhs zu besuchen?

Bilotta‰Gutheil: Leider noch nicht. Sobald ich Zeit finde, würde ich gerne an der einen oder anderen Führung teilnehmen, um beispielsw­eise mehr über den jüdischen Friedhof in Kriegshabe­r oder über Pfersee zu erfahren.

Marina Bilotta‰Gutheil, 58, hat spa‰ nisch‰italienisc­he Wurzeln und kam als Sechsjähri­ge mit ihren Eltern von Barce‰ lona nach Bayern. Bevor die Sozial‰Pä‰ dagogin und Betriebswi­rtin die Leitung der Augsburger Volkshochs­chule über‰ nahm, war sie viele Jahre bei der Vhs München tätig. Bilotta‰Gutheil ist verhei‰ ratet und hat einen erwachsene­n Sohn.

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Foto: Michael Hochgemuth Marina Bilotta‰Gutheil ist die neue Leiterin der Augsburger Volkshochs­chule.

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