Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Geldabholer eines Telefonbetrugs wird selbst zum Opfer
Blaulicht In Steppach fällt ein 80-Jähriger auf einen Telefonbetrug herein und übergibt einem Unbekannten 30.000 Euro und 5000 Franken. In Meitingen jedoch landet die Polizei einen überraschenden Fahndungserfolg.
Neusäß Diese Masche fordert immer neue Opfer. Betrüger geben sich als Polizisten aus und gaukeln den meist älteren Männern und Frauen am Telefon vor, dass sie in Kürze Opfer eines Einbruchs werden könnten. Angeblich hätte die Kripo kriminelle Personen festgenommen, bei denen die Adresse der Angerufenen als einer der nächsten Tatorte vermerkt sei. Sie sollten daher ihr Geld und sonstige Vermögenswerte zusammensuchen, ein Polizeibeamter würde diese dann abholen und in Sicherheit bringen. In Neusäß fiel ein 80-Jähriger tatsächlich auf dieses Märchen herein – in Meitingen jedoch wurde sogar der Geldabholer ein Opfer der Betrüger.
Ob es sich bei den betrügerischen Anrufen in Neusäß und in Meitingen um dieselben Täter handelte, steht noch nicht fest. Der Ablauf ähnelt sich jedoch stark. Ein falscher Polizeioberkommissar rief am vergangenen Mittwoch zunächst den 80-Jährigen in Steppach an. Der Unbekannte erzählte, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft des Seniors einen Raubüberfall gegeben hätte. Im Rahmen der Fahndung sollen zwei Tatverdächtige festgenommen worden sein. Die Auswertung ihrer Laptops hätte dann zu einer Liste mit weiteren potenziellen Opfern geführt, zu denen auch der 80-Jährige zählen würde.
Im Verlauf des Telefonats wurde der Senior schließlich nach seinen Vermögenswerten befragt. Als der Rentner aus Sorge vor dem Einbruch dem falschen Oberkommissar aufzählte, was er alles besitzt, zog sich die Schlinge zu. Der Anrufer drängte den Senior dazu, sein gesamtes Bargeld in ein Briefkuvert zu verpacken und der Polizei zu übergeben. Ganz konkret gab er ihm Anweisungen und lotste ihn zu einem nahegelegenen Supermarkt-Parkplatz. Dort übergab der Senior einem ihm unbekannten Geldabholer mehr als 30.000 Euro und 5000 Schweizer Franken. Völlig anders verlief jedoch am selben Tag die Geldübergabe in Meitingen.
Hier sollte laut Polizei ein 65-Jähriger ebenfalls sein gesamtes Vermögen
an einen Geldabholer übergeben. Der Mann befand sich bereits am Anwesen des Seniors, als dieser jedoch den Betrugsversuch bemerkte. Der 65-Jährige gab dem Anrufer zu verstehen, dass er nun die echte Polizei verständigen werde. Dies bekam auch der Abholer mit und entfernte sich sofort von dem Haus. Auf seiner Flucht stellten ihn jedoch die alarmierten echten Polizeibeamten und nahmen ihn vorläufig fest. Das Verhör nahm allerdings schon bald eine überraschende Wendung.
Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der Geldabholer ein Stellenangebot auf der Plattform „eBay-Kleinanzeigen“geschaltet hatte. Darin bot er seine Dienste für Kurierfahrten und allgemeine Fahraufträge an. Die Täter wurden offenbar auf diese Anzeige aufmerksam und heuerten den 25-Jährigen gegen eine lukrative Bezahlung an. Der Festgenommene ging fälschlicherweise von einem seriösen Hintergrund aus und nahm den Auftrag an. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft entließ die Kriminalpolizei Augsburg daher den bislang unbescholtenen Geldabholer nach den polizeilichen Maßnahmen wieder, ohne ihn einem Ermittlungsrichter vorzuführen. Strafrechtlich wird er sich aber dennoch für seine Tat verantworten müssen.
In diesem Zusammenhang warnt die Polizei vor derartigen InternetAngeboten und bittet solche auch zu melden. Vorsicht gelte besonders, wenn die angebotenen Fahraufträge außergewöhnlich hoch entlohnt werden. „Je mehr gezahlt wird, desto genauer sollten die Hintergründe hinterfragt werden“, warnt die Polizei. Der Auftragnehmer sollte daher klären, wer der Auftraggeber ist, ob es eine schriftliche Vereinbarung gibt, und warum der Fahrauftrag so außergewöhnlich gut entlohnt wird. Bei verdächtigen Jobangeboten sollte man diese im Zweifel ablehnen und gegebenenfalls die örtliche Polizei informieren. Schließlich bleiben derartige Dienstleistungen in der Regel nicht unbestraft.
Als mögliche strafrechtliche Konsequenzen drohen sogar mehrjährige Haftstrafen, da es sich bei vollendeten Taten um Beihilfe zum gewerbsund bandenmäßigen Betrug handelt. Zudem kann der Abholer nicht nur für seinen „Lohn“, sondern auch für die Höhe der gesamten weitergegebenen Beute in Haftung genommen werden.