Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie sicher ist der G7Gipfel in Bayern?
Sicherheit Brennende Polizeiautos, manipulierte Stromkästen, veröffentlichte Einsatzdokumente: Vor dem Besuch mächtiger Staats- und Regierungschefs sorgen massive Straftaten für Aufsehen. Die Polizei gibt sich dennoch gelassen.
München/Krün Die Betreiber von Schloss Elmau werben für ihr Luxushotel mit „Ruhe und Gelassenheit“und dem „Klang der Stille“. Dieses Wochenende dürfte davon wenig zu spüren sein. Denn die Mächtigen dieser Welt sind zu Besuch in Bayern: Joe Biden, Emmanuel Macron, Olaf Scholz, Boris Johnson. Gut 18.000 Polizeibeamte schirmen das Schloss ab. Sie schützen die Delegationen, kontrollieren die Grenze, sperren den Luftraum – Bayern im Ausnahmezustand.
Doch schon vor dem Gipfel sorgen Ausschreitungen für Unruhe. In der Nacht auf Mittwoch brennen acht Polizeibusse der Einsatzkräfte in München. Die Polizei geht von einer politisch motivierten Tat aus. Und es ist nicht der erste Vorfall im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel. Am Dienstag waren teils gefährliche Manipulationen an Stromverteilerkästen bekannt geworden. Sie befanden sich innerhalb des Sicherheitsbereichs rund um den Tagungsort. Auch Schmierereien wurden gesichtet, etwa „G7 verschieben“und „No G7“.
Whistleblower haben außerdem geheime Einsatzpläne aus dem Jahr 2015 veröffentlicht, als zuletzt ein G7-Gipfel auf Schloss Elmau stattfand. Pläne, die auch Aufschluss über das Vorgehen der Polizei in diesem Jahr geben könnten. Wie hoch ist also das Sicherheitsrisiko auf Schloss Elmau?
Die Polizei verurteilt die Angriffe zwar, gibt sich jedoch weitestgehend gelassen. „Auch wenn wir gehofft haben, so etwas nicht erleben zu müssen, überrascht es uns nicht“, sagt Manfred Hauser, Präsident der Polizei Oberbayern Süd am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Sein Präsidium ist federführend am Einsatz bei Elmau beteiligt. Die brennenden Polizeiwagen zeigten, dass trotz der umfangreichen Vorbereitung auch mit gewalttätigen Aktionen politisch motivierter Aktivisten gerechnet werden müsse.
„Wir werden weiterhin unser bisheriges Sicherheitskonzept verfolgen. Es gilt, mit Polizeipräsenz und Aufklärung auch in der virtuellen Welt Erkenntnisse über geplante Gewaltaktionen zu erlangen und diese zu verhindern.“Weder die
Veröffentlichung der Einsatzunterlagen noch die Angriffe auf Polizeiautos hätten Auswirkungen auf die Pläne der Polizei. Die Sicherheit sei gewährleistet.
„Der G7-Gipfel 2015 galt als einer der friedlichsten aller Zeiten“, sagt Hauser. Daran wolle man anknüpfen. Die Maßnahmen von 2015 seien angepasst und maßgeblich erweitert worden. „Wir haben keine Blaupause hier“, sagte Hauser. Die Sicherheitslage habe sich geändert. „Es ist Krieg in Europa, das hatten wir 2015 nicht.“
Der Polizeieinsatz ist der größte der vergangenen Jahre in Bayern. Unterstützung erhalten die Beamten von allen bayerischen Präsidien zu nahezu gleichen Teilen. Auch Polizistinnen und Polizisten aus Schwaben sind im Einsatz. Außerdem sind tausende Sicherheitskräfte aus anderen Bundesländern angereist. Etwa 8000 Beamtinnen und Beamte stellt alleine die Bundespolizei.
Unklar ist jedoch weiterhin, wer hinter den Angriffen und der Veröf
der Einsatzpläne aus dem Jahr 2015 steckt. Die Polizei fahndete kurz nach Bekanntwerden des Brandanschlags auf die Fahrzeuge unter anderem mit einem Hubschrauber nach möglichen Tätern, die Suchaktion blieb aber ohne Erfolg. Den Schaden schätzten die Beamten auf eine sechsstellige Summe. Verletzt wurde niemand.
Im Zentrum der Ermittlungen stehen linksextreme Gruppen und Gegner des G7-Gipfels. Die Aktivistinnen und Aktivisten des Bündnisses „Stop G7 Elmau“distanzierten sich von den Anschlägen. „Das Aktionsbündnis ‘Stop G7 Elmau’ hat mit dem Brandanschlag auf die Polizeifahrzeuge in München nichts zu tun“, sagt Claus Schreer vom Planungsbüro des Bündnisses unserer Redaktion. „Wir halten derartige Aktionen für politisch falsch und kontraproduktiv. Wer Polizeiautos abfackelt, gehört nicht zu uns.“
Die Wucht des Angriffs ist für bayerische Verhältnisse außergewöhnlich. „Es kommt leider immer
wieder vor, dass Polizeiautos oder auch Polizeigebäude beschädigt oder beschmiert werden“, sagt Peter Pytlik aus Krumbach, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Bayern. Aber: „Einen derart massiven Angriff auf Polizeieinsatzfahrzeuge wie jetzt in München hat es meines Wissens in diesem Ausmaß in Bayern noch nicht gegeben.“
Seine Kolleginnen und Kollegen rund um das Schloss sieht er trotzdem nicht in Gefahr. „Unsere Einsatzkräfte sind gut geschult und sind auf die möglichen Einsatzlagen vorbereitet. Gleichwohl wird es eine hundertprozentige Sicherheit nie geben.“
Die Polizei rechnet damit, dass weitere Ausschreitungen bevorstehen – ähnlich wie schon 2015. Doch zwei Faktoren unterscheiden die Lage vom letzten G7-Gipfel vor sieben Jahren. Erstens: Die Beamtinnen und Beamten hatten jetzt weniger Zeit, um sich auf den Gipfel vorzubereiten. Und zweitens: Die Stimmung ist aufgeheizter. Die Pofentlichung
lizei verweist auf Corona-Demonstrationen und den Krieg in der Ukraine. Anfeindungen auf Demonstrationen und Hass auf Politikerinnen und Politiker hätten in den vergangenen Jahren zugenommen.
Immerhin, die Zahl der Protestierenden bleibt hinter den Erwartungen zurück. Bisher seien für das Wochenende 17 Demonstrationen angemeldet. Wie viele die Behörden letztlich zulassen werden, ist noch nicht klar. Insgesamt sei die Mobilisierung aber geringer als 2015. Die Polizei bittet um Verständnis für die Einschränkungen und mahnte, an den Gipfeltagen auf nicht unbedingt notwendige Fahrten zu verzichten.
Die Polizistinnen und Polizisten verzichten während des G7-Gipfels auf Urlaub, um in ausreichender Zahl im Einsatz sein zu können. „Einschränkungen für die Bürger, weil Kolleginnen und Kollegen auf den Dienststellen fehlen, sind nicht zu befürchten“, sagt Peter Pytlik. „Die Sicherheitslage in Bayern ist nicht gefährdet.“