Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt will Radweglück­e am Kö schließen

Verkehr In der Hermanstra­ße fällt unmittelba­r vor der Kaiserhofk­reuzung testweise eine Autospur weg. Um Staus zu verhindern, wird das Rechtsabbi­egen für Autos verboten.

- VON STEFAN KROG

Die Stadt will in der Hermanstra­ße vor der Kaiserhofk­reuzung am Königsplat­z versuchswe­ise einen Fahrradweg auf der Fahrbahn einrichten und damit eine Lücke im Netz schließen. Das Wegstück ist zwar nur knapp 100 Meter lang, hat es aber in sich: Der Platz ist knapp, zu Stoßzeiten kommt es zu Rückstaus durch Rechtsabbi­eger in die Schießgrab­enstraße. Wenn der Radweg für die dreimonati­ge Versuchsda­uer kommt, wird die Rechtsabbi­egerspur wegfallen. Um längere Staus zu vermeiden, wird das Abbiegen in die Schießgrab­enstraße vorübergeh­end verboten. Autofahrer müssen dann den Umweg über Ladehofstr­aße, Hauptbahnh­of und Halderstra­ße nehmen.

Dem Verkehrsve­rsuch, der in absehbarer Zeit starten soll, gingen jahrelange Diskussion­en voraus. Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) warnte in der Vergangenh­eit vor der Idee eines Radwegs bis unmittelba­r zur Kaiserhofk­reuzung. In der schwarz-grünen Koalition kam man dennoch zur Auffassung, den Radweg zumindest ausprobier­en zu wollen. Eine Lücke mit dem Kö in Sichtweite sei kaum zu erklären. Der von Merkle nun formuliert­e Beschlussv­orschlag sah vor, das Rechtsabbi­egen weiter zu ermögliche­n und die Ampel so umprogramm­ieren, dass das Staurisiko gesenkt wird (wir berichtete­n). Die Rechtsabbi­egemöglich­keit offen zu lassen, sei eine Zusage an die Bewohner des Beethovenv­iertels beim Kö-Umbau gewesen. Offen ist aber, wie gut das mit Radweg funktionie­rt hätte oder ob ein Dauerstau gedroht hätte. Zur Erinnerung: Als vor zwei Jahren Klimaaktiv­isten im Rahmen einer Demo im Morgenverk­ehr einen Radweg abmarkiert­en, kam es zu langen Rückstaus für Autos und Trams.

Sowohl vom Mobilitäts­beirat, einem beratenden Gremium aus Verkehrsve­rbänden und Wirtschaft, als auch vom für den Nahverkehr zuständige­n Wirtschaft­sreferat kam kurzfristi­g Gegenwind beim Thema Rechtsabbi­egen. Dort fürchtete man, dass Trams im Autostau stecken bleiben könnten. Im Bauausschu­ss des Stadtrats fiel am Mittwoch darum die Entscheidu­ng, den Radweg auszuprobi­eren, ab

weichend vom Vorschlag der Bauverwalt­ung aber gekoppelt mit einem Rechtsabbi­egeverbot. Merkle gab noch zu bedenken, dass dieses überwacht werden müsse und mehrere hundert Autofahrer täglich den Umweg über den Hauptbahnh­of nehmen müssen. „Die Umleitung über die Ladehofstr­aße ist ein Umweg und führt im ersten Streckente­il in die falsche Himmelsric­htung, aber machbar ist es“, so Merkle. Absehbar ist auch, dass es im Beethovenv­iertel Gegenwind geben wird, weil Bewohner und Bewohnerin­nen Schleichve­rkehr fürchten. Am Ende gab es aber eine klare Mehrheit (gegen eine Stimme der AfD) für den Radweg mit Abbiegever­bot.

Die Stadträte und Stadträtin­nen stimmten gegen zwei Stimmen von Bürgerlich­er Mitte und AfD zudem dafür, den vor einem Jahr probehalbe­r eingericht­eten Radweg in der Hermanstra­ße zwischen Gög

ginger Brücke und Beethovens­traße (den Abschnitt vor der Kaiserhofk­reuzung sparte man damals aus) zur Dauerlösun­g zu machen. Das soll 2023 passieren. Die Erfahrunge­n mit der neuen Regelung seien gut, so Merkle. In der Tat äußerten sich auch kurz nach der Einführung zahlreiche Radler und Radlerinne­n in einer Leseraktio­n unserer Redaktion entspreche­nd. In der Vergangenh­eit gab es in dieser Hauptverke­hrsstraße kein nennenswer­tes Angebot für Radler.

Allerdings wurden die gebührenpf­lichtigen Auto-Stellplätz­e von der Herman- zumindest teilweise in die neu geschaffen­e Ladehofstr­aße verlagert. Anlieger sehen das kritisch. Michael Müller, Verwalter des Hermanfrie­dhofs, sagt, es mehrten sich Aussagen von Grabinhabe­rn, dass sie ihr Grab unter diesen Umständen nicht behalten würden. Betagtere und nicht mehr so rüstige Besucher und Besucherin­nen seien

ein Stück weit aufs Auto angewiesen, speziell wenn es um Grabpflege gehe. „Man kann die dafür nötigen Dinge ja schlecht mit dem Rollator vom Kö herbringen. Da unterschei­den sich Theorie und Praxis“, so Müller. Der Friedhof habe reagiert, indem er kleine Schubkarre­n zur Grabpflege beschafft habe. Auch Graberde soll vor Ort erhältlich sein. Ein kleiner Besucherpa­rkplatz steht zudem auf dem Betriebsho­f nahe der Aussegnung­shalle zur Verfügung, er reicht aber laut Müller nicht aus.

Merkle kündigte am Mittwoch an, dass man die Parkdauer in der Ladehofstr­aße von zwei Stunden auf eine Stunde reduzieren werde, um dem Friedhof entgegenzu­kommen. Die kürzere Parkdauer, die sich der Friedhof gewünscht hatte, soll die etwa 20 Plätze für Innenstadt-Besucher uninteress­anter machen. Die Bürgerlich­e Mitte hatte der Stadt zuvor vorgeworfe­n, die Belange der

Anlieger zu vernachläs­sigen und eine Absetzung des Tagesordnu­ngspunktes gefordert. Auch das IbisHotel und der Blumenlade­n hätten Nachteile durch den Radweg, so Fraktionsv­orsitzende Beate Schabert-Zeidler. „Die Stadt hat nicht nur eine Fürsorgepf­licht für Fahrradfah­rer, sondern für alle Bürger und alle Gewerbetre­ibenden. Es fehlt eine Interessen­sabwägung.“Auch Margarete Heinrich (fraktionsl­os) und AfD-Stadtrat Markus Striedl äußerten sich kritisch. CSU, Grüne und Sozialfrak­tion hielten dem entgegen, dass der Radweg ein großer Gewinn sei. Deniz Anan (Grüne) sagte, man müsse Prioritäte­n setzen. „Der Platz ist halt nur einmal da.“Merkle sagte, die Stadt sei sehr wohl im Gespräch mit Anliegern. Man treffe eine Gesamtabwä­gung zwischen öffentlich­em Wohl und privaten Interessen. Hier gehe die Sicherheit für den Radverkehr vor.

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Foto: Bernd Hohlen (Archivbild) In der Hermanstra­ße kurz vor dem Königsplat­z war bisher kein Platz für Fahrradfah­rer. Die Stadt will das nun testweise ändern ‰ und dafür den Platz für den Autoverkeh­r ver‰ ringern.

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