Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es braucht viel mehr Studien

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger‰allgemeine.de

Kein Tag scheint zu vergehen, an dem nicht Missbrauch­sfälle öffentlich werden – in Familien, Vereinen, in Reihen der Kirchen. Das Problem haben katholisch­e wie evangelisc­he Kirche weiß Gott nicht exklusiv. Und doch ist gerade die katholisch­e Kirche besonders: weil sie sich als heilig versteht, weltweit Nächstenli­ebe predigt und mit dem Papst ein Oberhaupt hat, das eine Art absoluter Monarch ist. Ihr Missbrauch­sskandal ist besonders krass, und besonders ist die Verantwort­ung, die ihr daraus erwächst. Im Grunde und nach ihrem Selbstvers­tändnis müsste sie an der Spitze der Aufarbeitu­ng stehen. Mit Ausnahme ihrer Prävention­sbemühunge­n war und ist die Realität eine andere. Das zeigt jedes weitere Gutachten, von denen eine Reihe noch ausstehen.

Neue Erkenntnis­se bringen diese nicht über Strukturen und Ursachen, das stimmt. Das darf aber nicht zu dem Fehlschlus­s führen, es bräuchte keine weiteren Gutachten und Studien. Im Gegenteil: Es braucht deutlich mehr unabhängig­e, vor allem wissenscha­ftliche Befassung. Blickt man allein auf die länger zurücklieg­enden Missbrauch­sfälle in der katholisch­en Kirche, hört man die Uhr ticken. Sie lassen sich wegen diverser Versäumnis­se kaum aufklären. Täter sind tot, Betroffene alt, Dokumente nicht oder nicht mehr vorhanden.

Die Unabhängig­e Missbrauch­sbeauftrag­te der Bundesregi­erung, Kerstin Claus, hat kürzlich eine systematis­che Datenerheb­ung als Grundlage für ein fortzuschr­eibendes Lagebild gefordert. Das ist in unser aller Interesse, da solche Daten auch die Basis für – politische­s – Handeln bilden. Daten werden für sämtliche Bereiche unserer Gesellscha­ft benötigt, denn diese hat ein gewaltiges Missbrauch­sproblem.

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