Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt trennt sich von ihrem letzten Schullandh­eim

Immobilie Die Einrichtun­g in Zusamzell wird aufgegeben, weil die Sanierung zu teuer wäre. Im Stadtrat gibt es eine erregte Debatte, auch vor dem Hintergrun­d der Theatersan­ierung.

- VON STEFAN KROG

Die Stadt Augsburg wird ihr Schullandh­eim in Zusamzell (Kreis Augsburg) zum Verkauf anbieten, weil das Haus mit Millionena­ufwand saniert werden müsste und kein Bedarf gesehen wird. Das hat der Stadtrat am Donnerstag nach einer erregten Debatte entschiede­n, die vor dem Hintergrun­d geführt wurde, dass in der gleichen Sitzung die Fortsetzun­g der Theatersan­ierung beschlosse­n wurde. Es sei bemerkensw­ert, dass man die Kostenstei­gerungen beim Theater in Millionenh­öhe hinnehme, gleichzeit­ig aber kein Geld für ein Schullandh­eim ausgeben wollte, hieß es von Sozialfrak­tion und Bürgerlich­er Mitte. „Es heißt, dass wegen der Theatersan­ierung keine Projekte miteinande­r in Konkurrenz treten müssen. Das stimmt: Wenn man sie vorher killt, dann gibt es keine Konkurrenz“, ärgerte sich Regina

Stuber-Schneider (Bürgerlich­e Mitte).

Wie berichtet, sieht die Stadt für das letzte Augsburger Schulheim keine Perspektiv­e mehr. 3,5 Millionen Euro wären für eine Sanierung ins Gebäude zu stecken, doch um es dauerhaft sinnvoll betreiben zu können, sei eine Vergrößeru­ng der Kapazitäte­n notwendig. „Wir haben es mit einem immens veralteten Gebäude zu tun“, so Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild (Grüne). Es ist seit 2019 wegen Sicherheit­smängeln geschlosse­n. „Und aus einer Bedarfsabf­rage in Schulen wissen wir, dass der Großteil gar nicht mehr ins Schullandh­eim fährt. Es findet eine Abstimmung mit den Füßen statt“, so Wild. Die Klassen, die noch ein Schullandh­eim besuchen wollten, fänden im Augsburger Umland genug Angebote anderer Träger. Wild verwies auch darauf, dass es im Schulberei­ch immense Herausford­erungen gebe, auf die

man sich konzentrie­ren müsse. Es fehlten Kita-Plätze, die Kapazitäte­n der Schulen seien absehbar zu gering, der Sanierungs­bedarf allgemein bekannt. Statt schöne Erinnerung­en ans Schullandh­eim zu haben, sei es viel wichtiger, dass die Kinder später eine schöne Erinnerung an die Schulzeit hätten. Bildung sei ein klarer Schwerpunk­t der Stadtregie­rung.

In der Opposition gab es kein Verständni­s. Die Argumentat­ion der Stadt zeige sehr wohl, dass, anders als beim Theater behauptet, Geld an der einen Stelle fehle, wenn man es an der anderen Stelle ausgebe. Im Übrigen seien Schullandh­eim-Aufenthalt­e nun einmal besondere Höhepunkte in der Schulzeit, so Stefan Kiefer (SPD). „Man lernt die Klassenkam­eraden von einer ganz anderen Seite kennen.“Es sei schlimm, wenn nach der 2018 beschlosse­nen Aufgabe des Thannhause­r Heims nun auch Zusamzell zu den Akten gelegt werde. Beate Schabert-Zeidler (Bürgerlich­e Mitte) sagte, dass eine Sanierung auf einfachen Standard genüge. Pädagogisc­he Erweiterun­gsangebote wie einen Niedrigsei­lgarten, den die Grünen beispielha­ft ins Feld führen, brauche es nicht. „Im Gegenteil, es ist auch ein Signal, dass es einfache Angebote auch tun können“, so Schabert-Zeidler. Es sei absurd, wenn Klassenfah­rten immer früher ins Ausland gingen, weil heimische Angebote nicht mehr reichen.

Die Sozialfrak­tion machte noch den Vorschlag, das Haus künftig über eine Stiftung zu betreiben. Stiftungsr­eferent Roland Barth sagte, die von ihrem Stiftungsz­weck infrage kommenden zwei städtisch verwaltete­n Stiftungen brächten mit fünfstelli­gen Ausschüttu­ngen im Jahr bei Weitem nicht genug, um eine Sanierung zu finanziere­n. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sagte, das vorliegend­e Konzept funktionie­re nicht. „Und das nicht aus bösem Willen, sondern wegen der Fakten.“Am Ende wurde die Aufgabe des Schullandh­eims beschlosse­n. Von Schwarz-Grün und AfD kamen 35 Stimmen, die Opposition brachte 20 Stimmen zusammen.

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Foto: Bernd Hohlen (Archivbild) Das seit 2019 geschlosse­ne Schulland‰ heim in Zusamzell wird von der Stadt auf‰ gegeben.

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