Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was Künstler unter „Feldarbeit“verstehen
Feldarbeit wird allgemein mit Traktoren, Aussaat und Ernte verbunden. Das Gersthofer Rathaus zeigt, was herauskommt, wenn Künstler Feldarbeit leisten.
Gersthofen Feldarbeit ist jetzt im Sommer angesagt: Überall im Augsburger Land wird gemäht, geerntet und bald auch wieder geackert. Doch der Begriff bezieht sich nicht nur auf die Landwirtschaft: Was dabei herauskommen kann, wenn zwei Künstler Feldarbeit betreiben – sich also für ihre Motive ins Freie begeben – zeigt passend zur Jahreszeit die neue Ausstellung im Gersthofer Rathaus. Und dies gestaltet sich sehr vielseitig.
Die Malerin Gabriele GrussSangl und der Fotograf Jochen Eger zeigen eindringlich, „dass Feldarbeit für sie auch heißt, ein Thema, einen Sachverhalt von allen Seiten betrachten, Problemen auf den Grund gehen“, betonte Vernissage-Rednerin Dr. Renate Miller-Gruber bei der Eröffnung der Schau.
Eigentlich wollte die in Hannover geborene und aufgewachsene Malerin gleich nach dem Abitur Kunst studieren, wurde dann aber Lehrerin und unterrichtete in München und London. Seit 15 Jahren steht die Malerei im Vordergrund. Die in Gersthofen gezeigten großformatigen Arbeiten schuf sie auf Hartfaserplatten, kleine Formate auf Papier. Dabei kombiniert sie flächige Malweise, die sie durch Bearbeitung mit dem Spatel wieder aufbricht, mit schmalen Linien oder Kreisen und anderen streng geometrischen Gebilden.
Gabriele Gruss-Sangl verwendet
dafür Öl- und Acrylfarben, die durch eine mehrfache Bearbeitung immer stärker verdichtet werden. „Der Boden im Vordergrund, horizontal angelegt, wirkt häufig durchfurcht, erinnert an Ackerflächen, der Himmel bedeckt oder dunkel.“Oft verwendet die Künstlerin sehr dunkle Erdtöne, die manchmal etwas bedrohlich wirken.
Nicht selten steigen dann Erinnerungen an die Bilder auf, die wir in den Medien angesichts der derzeitigen Krisen unaufhörlich zu sehen bekommen.
In anderen Arbeiten setzt sie Akzente mit hellem Ocker, oder starken Farben wie Rot und Orange. Allen gemeinsam ist den Bildern, dass sich die Betrachtenden
der Atmosphäre nicht entziehen können. Sie tragen Titel wie „Mutmaßungen 21 (Schafskälte)“, bieten so lediglich einen Raum, der die Assoziationen der Ausstellungsbesucher nicht einengt. Scheint vielleicht irgendwo eine menschliche Figur schemenhaft auf? Die Fantasie der Ausstellungsbesucher bleibt gefordert.
Einen klaren Kontrast dazu bilden die Feldstudien des Fotografen Jochen Eger. Er arbeitete als Soziologe und Archivar und betreute Projekte in seiner Stadt. Seine Motive sind klar strukturiert, oft auch von einem streng geometrischen Aufbau geprägt. Sie entstehen ausschließlich in der Stadt Augsburg, zeigen bekannte Gebäude oder Mittelpunkte des Stadtlebens, aber auch Details, die sich abseits der großen Zentren abspielen.
Dabei verzichtet er vollständig auf die Abbildung der Menschen, die eigentlich diese Stadt bevölkern. Eger „findet mit dem Auge oder der Linse der Kamera, gerade das Alltägliche interessant und des Festhaltens wert“, so Dr. Renate Miller-Gruber.
Sehr berührend ist beispielsweise ein Foto des Eingangs des Parkhauses am Augsburger Ernst-Reuter-Platz. Die Metalltore sind geschlossen, die Mauern der umliegenden Häuser wirken fast einschüchternd. Eine Stimmung absoluter Verlassenheit wird auf diese Weise sehr ästhetisch eingefangen. Immer wieder ergeben sich in den Fotografien für die Betrachtenden Durchblicke, Eger richtet ihren Blick auf Details, an denen sie im tatsächlichen Leben achtlos vorbeigehen. Das kann auch ein einsam zurückgelassener Holzkohlegrill auf einer freien Wiese sein oder ein Wegweiser zum Lueginsland.
Die Ausstellung „Feldarbeit“ist noch bis zum 1. September, im Gersthofer Rathaus zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen.