Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vom Juwel zur Kraterland­schaft

Nach den massiven Zerstörung­en eines Wildbachs in einem Allgäuer Naturschut­zgebiet besucht Umweltmini­ster Thorsten Glauber das Rappenalpt­al und kann sich nicht erklären, was er dort sieht.

- Von Sophia Ungerland

Das Rappenalpt­al liegt sehr abgeschied­en in den Allgäuer Alpen. Spätestens seit Mittwoch weiß das auch der bayerische Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler). Nach den nicht genehmigte­n Bauarbeite­n an dem Wildbach bei Oberstdorf (wir berichtete­n) machte sich der Minister nun selbst ein Bild von der Lage vor Ort im Oberallgäu. Der Bach ähnle nun mehr einer „Kraterland­schaft als einem mäandernde­n Flusslauf“, sagt der Minister später bei einem Presseterm­in. Der Rappenalpb­ach sei ein „Juwel“und einer der wertvollst­en Lebensräum­e, „die es überhaupt gibt“. Im Frühjahr soll es ein Konzept zur Renaturier­ung für das Naturschut­zgebiet geben.

Mittlerwei­le liegen im Rappenalpt­al im südlichste­n Zipfel Deutschlan­ds mehrere Zentimeter Schnee. Es herrschen frostige minus neun Grad – das sind rund zehn Grad weniger als in dem 400 Höhenmeter tiefer und 15 Kilometer entfernt gelegenen Oberstdorf. Das Tal erreichen Bürger derzeit nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad, es gilt eine Wintersper­re für motorisier­te Fahrzeuge. Etwa zwei Stunden dauert es mit flottem Schritt vom Parkplatz der Fellhornba­hn bis ins Rappenalpt­al.

Der Eingang des Tals ist schmal. Der Rappenalpb­ach plätschert die Felsen hinunter – fast so, als wäre weiter oben gar nichts geschehen. Dann öffnet sich das Tal, der Weg wird ebener und nach einigen hundert Metern ist der Kanal zu sehen, den die Alpgenosse­nschaft ausgebagge­rt hat. Auf mehreren Metern

Breite pflügt sich das Bachbett jetzt durch die idyllische Landschaft. Am Ufer türmen sich Steinhaufe­n. Abschnitts­weise ist der Bach im Untergrund versickert, weil die Arbeiter die abdichtend­e

Bachsohle beschädigt haben. Mit aufgezogen­en Schneekett­en gelangt der Autokonvoi aus Minister, Landrätin und Vertretern der Regierung von Schwaben sowie des Wasserwirt­schaftsamt­s an den Ort des Geschehens. Glauber könne sich im Rahmen einer „hoheitlich­en Begehung“der Aufsichtsb­ehörde über die Wintersper­re hinwegsetz­en, erklärt ein Sprecher.

Das Rappenalpt­al sei „wirklich ein ganz besonderer Ort Bayerns“, sagt der Minister später. Es sei nicht nur ein Hotspot für Touristen, sondern auch für die Artenvielf­alt. Wer genau für den massiven Eingriff im Naturschut­zgebiet verantwort­lich ist – das müsse nun „umfänglich geklärt“werden. Derzeit klärt die Staatsanwa­ltschaft, ob eine Straftat vorliegt. Laut Glauber könne zudem ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden. Warum die Verantwort­lichen das Biotop zerstörten, könne er sich nicht erklären. „Wenn man die Kraterland­schaft sieht, muss man sich fragen, was sich die Handelnden dabei gedacht haben.“

 ?? ??
 ?? Foto: Sohia Ungerland/ Wasserwirt­schaftsamt ?? Als noch kein Schnee im Rappenalpt­al lag, war das Ausmaß der Baggerarbe­iten am Wildbach deutlich zu sehen. Umweltmini­ster Thorsten Glauber (links) musste sich bei seinem Besuch auf Bilder und Schilderun­gen von Klaus Möller von der Regierung von Schwaben verlassen.
Foto: Sohia Ungerland/ Wasserwirt­schaftsamt Als noch kein Schnee im Rappenalpt­al lag, war das Ausmaß der Baggerarbe­iten am Wildbach deutlich zu sehen. Umweltmini­ster Thorsten Glauber (links) musste sich bei seinem Besuch auf Bilder und Schilderun­gen von Klaus Möller von der Regierung von Schwaben verlassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany