Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wo ist noch Platz für Solar- und Windkraft?
Immer wieder schlagen in Dinkelscherben Investoren auf, die neue Anlagen errichten möchten. Deshalb sollen jetzt Kriterien erarbeitet werden, von denen die Gemeinde auch finanziell profitiert.
So groß wie Dinkelscherben ist kaum eine andere Gemeinde im Augsburger Land. Lediglich die Fläche des Gemeindegebiets Zusmarshausen ist mit 68,7 Quadratkilometern ein kleines Stück größer. Kein Wunder also, dass Dinkelscherbens Bürgermeister Edgar Kalb meint: „Fläche ist unser wertvollstes Gut.“Das will man in Dinkelscherben nicht ohne Auflagen hergeben.
Nicht nur die Grundstückspreise steigen seit Jahrzehnten unaufhaltsam. Auch für das Erzeugen von Energie wird immer mehr Fläche benötigt. In den vergangenen Monaten seien immer wieder Interessenten im Rathaus aufgeschlagen, die neue Solarparks oder Windräder errichten möchten, erzählte der Rathauschef in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Doch welche dieser Projekte will die Gemeinde unterstützen?
Um diese Frage beantworten zu können, will Dinkelscherben nun einen Katalog mit Kriterien ausarbeiten. Eine Rolle spielen soll etwa der Naturschutz oder der Abstand zu Wohngebäuden. Wichtig ist vielen Gemeinderäten aber auch, dass die Gemeinde an neuen Energieprojekten gut mitverdient – nicht nur durch Gewerbesteuer.
„Wir haben mittlerweile mehrere Anfragen zu neuen Anlagen“, sagte Christine Gruber vom Dinkelscherber Bauamt. Die Gemeinde müsse sich fragen, inwiefern sie neue Photovoltaikanlagen oder Windräder unterstützen möchte. Denn in den meisten Fällen geht ohne Zustimmung der Kommune nichts. In der Regel muss für einen großen Solarpark der Flächennutzungsplan angepasst werden – die Gemeinde muss also zustimmen. Diese Position der Stärke möchte man in Dinkelscherben ausnutzen und mitbestimmen.
Nach welchen Kriterien dabei entschieden wird, soll in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Orientierung bietet eine Liste des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit. Das Ministerium rät den Kommunen neue Photovoltaikanlagen nur dort zu genehmigen, wo ausreichend Abstand zu Wohngebäuden besteht. Der Schutz des Landschaftsbilds und der Natur spielt eine Rolle in der Vorlage. Ebenso wie Einnahmen für die Kommune durch neue Projekte.
Bürgermeister Kalb stellte klar, dass die Gemeinde erneuerbaren Energien grundsätzlich nicht im Weg stehen möchte – soweit die festzulegenden Kriterien eingehalten werden. Wolle man die Energiewende stemmen, müsse sich noch viel tun. Potenzial sah der Bürgermeister zum Beispiel bei ungenutzten Dachflächen, bei denen es zu oft bürokratischen Hürden gebe. Er nannte als Beispiel den Rathausstadel. Bei der Sanierung könnte dort eine neue Photovoltaikanlage auf dem Dach angebracht werden. Doch der Denkmalschutz lasse nur eine bestimmte Art von Anlage zu – und die sei deutlich teurer als übliche Anlagen.
Potenzial sahen auch viele andere Gemeinderäte. Stefan Hörtensteiner (Grüne) warb dafür, auch andere gemeindliche Dachflächen für neue Photovoltaikanlagen zu prüfen. Ebenso könnten gemeindliche Grünflächen für Investoren „in den Ring geworfen“werden, meinte Martin Fischer (Grüne). Willibald Gleich (CSU) mahnte, dass große Solarparks nicht auf Kosten der Landwirtschaft entstehen dürften. Gleich: „Ich will Photovoltaikanlagen nicht verhindern. Aber landwirtschaftliche Fläche ist genauso wichtig.“
Reinhard Pentz (SPD) machte deutlich, dass die Beteiligung von Bürgern an neuen Energieprojekten nicht vergessen würde dürfe. Sie trage zur Akzeptanz großer Bauprojekte bei. Arthur Guggemos (UW14) warb außerdem für die Bewilligung der Kommune an neuen Anlagen. Schließlich solle auch die Gemeinde finanziell von neuen Anlagen profitieren.
Aktuell sorgt im Gemeindegebiet vor allem ein Großprojekt für
Gesprächsstoff in Sachen erneuerbare Energien. Wie mehrfach berichtet, sollen bei Ettelried neue Windkraftanlagen entstehen. Während der Investor zunächst zehn große Anlagen bauen wollte, plant er mittlerweile nur noch mit vier.
Diese vier halten – anders als die anderen geplanten Windräder – die sogenannte 10-H-Regel ein. Sie sollen also in weiter Entfernung zur Wohnbebauung gebraut werden. Kritik gibt es immer wieder von Naturschützern, welche den Wald bei Ettelried sowie viele Tierarten durch die neuen Windräder gefährdet sehen. Vermutlich hat der Investor auch deshalb zurückgefahren und will nun nur noch weniger Windräder bauen. Mit Fertigstellung der Anlagen rechnet der Investor nach eigener Aussage frühestens 2026.