Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Markt für Gebrauchtwagen ist fast leer
Die Preise für gebrauchte Autos sind laut ADAC in den vergangenen zwei Jahren zwischen 20 und 30 Prozent gestiegen. Trotzdem sind sie gar nicht so leicht zu bekommen. Jetzt deutet sich eine Wende an.
Die gute Nachricht zuerst: Die Autohändler im Augsburger Land berichten, dass die Preise für Gebrauchtwagen seit Kurzem stagnieren. Wenn auch auf hohem Niveau. Die Lage auf dem Automarkt bleibt also angespannt. Wer einen guten Gebrauchten kaufen will, muss dafür nicht nur mehr Geld mitbringen als noch vor wenigen Jahren. Der ADAC rät unter anderem auch zu starken Nerven und viel Geduld bei der Suche nach dem passenden Modell.
Vor Corona habe es eine Überproduktion im Neuwagenbereich gegeben, erklärt der Verkaufsleiter von BMW Drexl und Ziegler, Andreas Mocnik. Das Autohaus hat Filialen in Neusäß, Augsburg und Günzburg. Der Verkaufsleiter sagt, dass der Weltmarkt sich während der Pandemie verändert habe. So erschweren LieferkettenProbleme die Produktion, sodass am Ende weniger neue Autos auf den Markt kommen als früher. Die Nachfrage nach Neuwagen übersteigt seither teilweise das Angebot. Die Kunden entscheiden sich daher nicht selten für einen Gebrauchtwagen, wenn ein neues Auto nicht geliefert werden kann. Oder sie verlängern ihre LeasingVerträge und fahren den Geschäftswagen länger als ein Jahr. Drei bis fünf Jahre alte Gebrauchte
seien mitunter Mangelware, beobachtet der Verkaufsleiter bei Drexl und Ziegler. Fahrzeuge, die etwa sechs Monate oder ein Jahr alt sind, stünden dort im Moment aber noch auf dem Hof.
Constantin von Mellenthin vom Gebrauchtwagen-Team beim Autohaus Listle beurteilt die Lage ganz ähnlich. Er glaubt, dass gebrauchte Kleinwagen besonders schwer zu bekommen sind. Bei dem Autohaus mit Niederlassungen in Stadtbergen, Lechhausen, Günzburg und Neu-Ulm wurde außerdem festgestellt: DieselFahrzeuge sind nach wie vor gefragt. Thomas Neubert bietet
nicht weit vom Autohaus Listle entfernt in Stadtbergen Gebrauchtwagen an. Er sagt, dass der Neuwagenmarkt im Großen und Ganzen nicht unbedingt das anbiete, was die Kunden sich wünschen. Thomas Neubert hat Zweifel, ob E-Autos tatsächlich so begehrt sind. Für Händler wie ihn sei die Gewinnspanne derzeit etwas kleiner, erzählt er. Die Preise für ein gebrauchtes Auto ließen sich nicht ins Unendliche steigern.
Der ADAC berichtet von Preissteigerungen zwischen 20 und 30 Prozent innerhalb von zwei Jahren für Gebrauchtwagen. Einzelne
Modelle seien noch teurer geworden, sagt ADAC-Verkehrsexperte Florian Hördegen. Mit Gebrauchtwagen kennt er sich aus. „Wir sehen gerade erstaunlich viele Fahrzeuge in einem schlechten Zustand, die trotzdem viel Geld kosten.“Der Markt sei einfach überhitzt. Florian Hördegen, rät dazu, Gebrauchtwagen vor dem Kauf genau unter die Lupe zu nehmen. Käufer sollten einen guten Freund zum Autokauf mitnehmen, der etwas von Fahrzeugen versteht.
Wer den nicht hat, kann eine professionelle Gebrauchtwagenuntersuchung in Anspruch nehmen. Neben dem ADAC bieten beispielsweise TÜV und Dekra eine solche Untersuchung an. Florian Hördegen räumt jedoch ein, dass es in diesen Zeiten nicht immer einfach sei, den Verkäufer von einer solchen Prüfung zu überzeugen. Der Markt habe sich eben verändert. Der Verkäufer habe heute meist das Heft in der Hand. Autokäufer sollten auf einen sauberen, umfassenden Kaufvertrag achten, sagt der ADAC-Verkehrsexperte. Auch ein Verkehrsrechtsschutz sei für den Kauf denkbar. „Ich glaube, die Lage entspannt sich wieder“, sagt Florian Hördegen. Die befragten Autohändler im Augsburger Land schätzen die Lage ganz ähnlich ein. Zurück zu den guten alten Zeiten vor der Corona-Pandemie wird sich der Markt aber nicht bewegen, da sind sie sich einig.
Bernd Flegel, Filialleiter von Opel Haas in Schwabmünchen, geht davon aus, dass die angespannte Lage noch mindestens bis Mitte/Ende 2023 anhält. Sobald wieder ausreichend Neuwagen vorhanden sind, werde auch der Gebrauchtwagenmarkt ruhiger, glaubt er.
Im Moment stünden noch drei bis vier Jahre alte Gebrauchte auf dem Hof. Der Abverkauf bei Gebrauchtwagen stagniere im Moment, sagt der Filialleiter. Die Preise würden nicht weiter steigen. „Die Kunden lassen auch wieder mehr reparieren“, stellt er fest.