Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Amazon sucht dringend neue Mitarbeiter
Der Internet-Versandriese soll 10.000 Menschen gekündigt haben. Das betrifft offensichtlich nicht Graben. Was dahintersteckt.
Der Internet-Versandhändler Amazon machte zuletzt mit Ungewohntem Schlagzeilen: Rund 10.000 Menschen sollen laut Medienberichten weltweit ihre Jobs verlieren. Nach Twitter und Facebook wäre Amazon damit der dritte große Tech-Konzern, der Stellen abbaut. Davon betroffen sind vor allem die Sparten, die sich um den Sprachassistenten Alexa, die smarten Echo-Lautsprecher und Anwendungen der künstlichen Intelligenz kümmern – aber nicht Logistikstandorte wie in Graben, versichert das Unternehmen. Dort werden derzeit sogar Mitarbeiter händeringend gesucht. Grund ist das Weihnachtsgeschäft, das dem Online-Versandhändler in Graben viel Arbeit beschert. „Das vierte Quartal des Jahres rund um die Weihnachtssaison ist die betriebsamste Zeit in den Amazon Logistikzentren. Deshalb stellen wir im Logistikzentrum in Graben in diesem Weihnachtsgeschäft über 400 zusätzliche saisonale Kollegen ein, um die Stammbelegschaft zu unterstützen. Auch in den vergangenen Jahren haben einige Hundert saisonale Kolleginnen und Kollegen uns in Graben unterstützt“,
sagt Thorsten Schwindhammer von der Amazon-Pressestelle. Allerdings sind die Jobs der zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeitlich befristet: „Saisonkräfte für das Weihnachtsgeschäft sind immer befristet bis Ende des Jahres. Das ist ganz ähnlich wie bei anderen Firmen mit Saisongeschäft oder bei der Ernte“, so Schwindhammer. Gesucht werden Mitarbeitende für den Versandbereich, die Artikel einlagern, kommissionieren oder verpacken. „Für die Arbeit ist keine gesonderte Qualifikation erforderlich. Die Eignung zur körperlichen Tätigkeit, Motivation sowie Grundkenntnisse in Deutsch oder Englisch sind ausreichend. Schon oft war eine Saisontätigkeit der Beginn einer dauerhaften Beschäftigung“, so der Amazon-Pressesprecher. Auch in den letzten Jahren hätten einige Hundert Saisonkräfte die Mitarbeiter in Graben unterstützt. Insgesamt
gehören 1900 Frauen und Männer zur Stammbelegschaft bei Amazon in Graben. „Die Zahl ist in den letzten Jahren sehr stabil gewesen“, sagt Schwindhammer. In Gersthofen werden keine Saisonarbeitskräfte eingestellt: „Das ist ein Verteilzentrum, da ist der Bedarf nicht so da wie in den großen Logistikzentren wie in Graben“, sagt Schwindhammer. Amazon habe im September den Einstiegslohn in Graben auf 14,03 Euro brutto pro Stunde erhöht, so der Pressesprecher. Dazu kämen weitere Extras und ein modernes und sicheres Arbeitsumfeld. Bei der Gewerkschaft Verdi sieht man das Thema Saisonarbeitskräfte
kritisch: „Das ist immer problematisch für die Lebensplanung, wenn Menschen nur über einen begrenzten Zeitraum beschäftigt werden“, sagt Hans Sterr, Pressesprecher von Verdi Bayern, und widerspricht energisch der Behauptung, dass Saisonarbeit häufig der Einstieg in eine dauerhafte Beschäftigung sei: „Das kommt extrem selten vor. Meist ist es so, dass sich die Menschen von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln, und das ist mit großer Unsicherheit verbunden. Saisonarbeitskräfte sind kein Modell, das wir befürworten.“