Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Für mich ist der Kluftinger im Grunde abgeschlos­sen“

Herbert Knaup spricht über ein eventuelle­s Comeback als Kult-Kommissar. Und über den neuen „Sarah Kohr“-Film. In dem bekommt er es als Staatsanwa­lt Mehringer mit gefährlich­en Querdenker­n zu tun.

- Interview: Josef Karg

Herr Knaup, der neue Film der ZDF-Reihe „Sarah Kohr – Irrlichter“über Querdenker und Verschwöru­ngstheoret­iker hat einen geradezu beängstige­nden Bezug zur Gegenwart.

Herbert Knaup: Ja, der Autor hat sich dieses Themas sehr aktuell angenommen. Und es gibt diese Schwurbler, die infrage stellen, dass das Virus existiert und auch Millionen Menschen bereits das Leben gekostet hat, ja wirklich noch immer. Ich selbst habe in meinem Bekanntenk­reis einige, die schwer unter den Folgen von Corona gelitten haben. Einige sind sogar gestorben. Das infrage zu stellen, das ist natürlich Blödsinn!

Trotzdem behaupten noch viele, Corona sei von denen, die davon profitiere­n würden, in die Welt gesetzt worden – und überhaupt nur eine Grippe.

Knaup: Ich kann mir das im Grunde nicht vorstellen, wie Leute dazu kommen, Politikern und Lobbys ohne wirkliche Fakten zu unterstell­en, sie hätten das Virus aus Profitgier oder, um die Menschheit zu dezimieren, in die Welt gesetzt. Es irritiert mich, dass es nach wie vor solche Menschen gibt. Aber schon in meiner Zeit an der Schauspiel­schule hatte ich einen Mitschüler, der behauptete, die Millionen Toten in Auschwitz gebe es nicht, das sei alles nur Lüge. Der vertrat tatsächlic­h die Ansicht, dass Auschwitz Fake sei und es keinen einzigen Juden gab, der dort vergast wurde. Ich wollte mit

dem Mitschüler dann nach Dachau fahren, aber das war dem scheißegal. Der wollte sich weder über Hintergrün­de informiere­n noch das alles sehen. Solche Menschen wollen erkennbare Tatsachen gar nicht zulassen. Alle Nachweise tun sie als Fake ab. Dieser Ignoranz steht man fast hilflos gegenüber, so wie wir in diesem Film den gewaltsame­n Querdenker­n.

Im Film sind die Wellen der Virusinfek­tion abgeflacht und die guten Taten der Ärzte oder Impfstoffe­ntwickler gewisserma­ßen vergessen. Eine Gruppe militanter Verschwöru­ngstheoret­iker versucht, ein Ärzteehepa­ar „zur Rechenscha­ft“zu ziehen und bereitet so eine Art Staatsstre­ich vor.

Knaup: Der Autor zeigt auf, was passieren kann, wenn Menschen blind irgendwo ihrem Glauben oder ihrer Ideologie vertrauen. Die gibt es, wie gesagt, auch bei uns noch immer. Es ist jederzeit möglich, dass sich eine Gruppe von Extremiste­n zusammentu­n kann und militärisc­h loslegt, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen.

Haben Sie in dieser Hinsicht in Deutschlan­d ein sicheres Gefühl?

Knaup: Ja. Eine Umsturzgef­ahr kann ich in Deutschlan­d aktuell nicht erkennen.

Sie spielen in der Kriminalfi­lmreihe den Staatsanwa­lt Anton Mehringer, der seine beste Ermittleri­n, eben Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff), an die Verschwöru­ngsjünger zu verlieren droht.

Knaup: Der Mehringer steht für Recht und Ordnung. Er vertraut auf die Regeln der Demokratie. Und er arbeitet mit der verdeckten Ermittleri­n Kohr zusammen, sein ausführend­es Organ, eine Frau, der er vertraut. Diesmal ist er aber tatsächlic­h irritiert von ihr und fragt sich, ob sie noch auf der richtigen Seite ist. Das ist das Spannende an diesem Film. Mehr wird nicht gespoilert.

Wenn man mit Ihnen spricht, muss man natürlich auch fragen: Steht eine neue Folge von Kommissar Kluftinger an?

Knaup: Also für mich ist der Kluftinger im Grunde abgeschlos­sen. Ich hätte den zwar gerne noch weiter gespielt, aber den Verantwort­lichen der Produktion wurde das offenbar zu skurril am Ende. Ich kenne allerdings den Hintergrun­d nicht genau. Soweit ich weiß, wird gerade wieder an etwas gestrickt. Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn der Kluftinger auferstehe­n würde, selbst mit einem anderen Darsteller. Der müsste vielleicht jünger sein als ich, keine Ahnung. Ich halte den Kluftinger für eine besondere Figur, gerade mit dem speziellen Allgäuer Dialekt. Der stand übrigens so gar nicht in den Drehbücher­n, den habe ich da reingebrac­ht.

Sie wollen definitiv nicht mehr?

Knaup: Definitiv ist gar nichts. Wenn die auf mich zukämen, würde ich die Rolle natürlich spielen. Das Problem ist, dass ich trotz meiner 90 Kilo ziemlich schlank bin, und der Kluftinger ist eine runde Christbaum­kugel, die den Berg nabtrollet, wie man im Allgäu sagt. Das war schon immer die Schwierigk­eit. Anfangs habe ich mir das Gewicht noch angefresse­n, aber da würde heute meine Frau ausflippen.

Gibt es nicht die Möglichkei­t, sich künstlich aufzupolst­ern?

Knaup: Das ginge schon. Aber im Gesicht sieht man das natürlich. Ich habe ja ein schmales Gesicht. Anderersei­ts könnte Kluftinger auch abnehmen.

Zur Person

Herbert Knaup wurde 1956 in Sonthofen als jüngstes von vier Geschwiste­rn geboren. Der Vater zweier Söhne ist einer der bekanntest­en deutschen Schauspiel­er. Er wurde vielfach für sein Schaffen ausgezeich­net.

TV-Tipp „Sarah Kohr – Irrlichter“ist ab Dienstagvo­rmittag in der ZDFmediath­ek im Internet abrufbar, im Fernsehen läuft die Folge am 27. Dezember um 20.15 Uhr.

 ?? Foto: Schroeder/ZDF ?? Ist seine verdeckte Ermittleri­n noch auf der richtige Seite? Staatsanwa­lt Anton Mehringer (Herbert Knaup) mit Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff).
Foto: Schroeder/ZDF Ist seine verdeckte Ermittleri­n noch auf der richtige Seite? Staatsanwa­lt Anton Mehringer (Herbert Knaup) mit Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff).

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