Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Weihnachts­wunder von Dresden

- Von Jörg Schurig und Birgit Zimmermann, dpa

Erleichter­ung in Sachsen: Die Beute aus dem Grünen Gewölbe ist größtentei­ls zurück. Nun muss überprüft werden, ob die Juwelen den Raub ohne Schaden überstande­n haben – und ob sie echt sind.

Dresden/Berlin. Lange schien es so, als seien die aus dem Grünen Gewölbe in Dresden geraubten Juwelen und Schmuckstü­cke für immer verloren. Drei Jahre lang tauchte die wertvolle Beute nicht wieder auf. Doch am Samstag überrascht­en Staatsanwa­ltschaft und Polizei mit einer frohen Kunde: Ein Großteil der historisch­en Stücke wurde in der Nacht von Freitag auf Samstag in Berlin sichergest­ellt – einige davon wohl auch vollständi­g.

Der Rückgabe der Beute liegt allem Anschein nach ein Deal zwischen den mutmaßlich­en Dieben und der Justiz zugrunde. Seit Anfang des Jahres läuft in Dresden ein Prozess gegen sechs Tatverdäch­tige wegen schweren Bandendieb­stahls und Brandstift­ung. Die jungen Männer gehören zu einer arabischst­ämmigen Großfamili­e aus Berlin. Nach Angaben der Ermittler gingen der Sicherstel­lung der Beute Sondierung­sgespräche mit den Anwälten der Angeklagte­n voraus. Zum Fundort der Juwelen machten die Ermittler keine Angaben. „Alles Weitere ist nun dem Lauf der Hauptverha­ndlung vor dem Landgerich­t Dresden vorzubehal­ten“, sagte Jürgen Schmidt, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Dresden. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetz­t. Die Staatliche­n Kunstsamml­ungen

Dresden (SKD) und ihre Generaldir­ektorin Marion Ackermann zeigten sich erleichter­t. Sie selbst habe die letzten drei Jahre „tief daran geglaubt“, dass die gestohlene­n Juwelen wieder auftauchen, nachdem es keine Hinweise darauf gegeben habe, dass Teile davon schon verkauft worden seien. Doch wenn man so eine wundervoll­e Nachricht am Tag vor dem vierten Advent bekomme, dann glaube man an ein „Weihnachts­wunder“.

Der Einbruch am frühen Morgen

des 25. November 2019 war einer der spektakulä­rsten Kunstdiebs­tähle in Deutschlan­d. Die Täter schlugen mit einer Axt Löcher in eine Vitrine und rissen die Juwelen heraus. Sie stahlen Schmuckstü­cke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro. Danach entbrannte eine Diskussion über die Sicherheit­svorkehrun­gen in den Kunstsamml­ungen.

Nach Angaben der Ermittler sind nun etliche Schmuckstü­cke

wieder da. Dazu zählten der Hutschmuck und der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantga­rnitur. Insgesamt seien in Berlin 31 Einzelteil­e gefunden worden. Es fehlten unter anderem die beim Diebstahl beschädigt­e Epaulette mit dem „Sächsische­n Weißen“und die Große Brustschle­ife der Königin Amalie Auguste.

Die gesicherte­n Stücke wurden in Begleitung von Spezialkrä­ften der Polizei nach Dresden gebracht.

In der sächsische­n Landeshaup­tstadt sollen sie zunächst kriminalte­chnisch untersucht werden. Anschließe­nd sollen Fachleute der Staatliche­n Kunstsamml­ungen sie auf Echtheit und Vollständi­gkeit prüfen.

Der Kunstdiebs­tahl-Experte Willi Korte ist von der Rückkehr der Juwelen überrascht. Er sei nach dem Einbruch davon ausgegange­n, dass sich die Täter bereits vor der Tat um den Absatz der Beute gekümmert hätten und sie deshalb nicht wiedergefu­nden werde. „In dem Fall lag ich mit meiner Meinung gerne falsch“, sagte der Provenienz­forscher. Nach seiner Einschätzu­ng sollte die Beute die Zeit seit dem Diebstahl gut überstande­n haben. „Da es ja überwiegen­d Edelmetall und Steine sind, muss man nicht so sehr auf die Temperatur achten“, sagte Korte.

Nach Angaben von Polizeispr­echer Thomas Geithner sind die Ermittlung­sbehörden im Laufe der Zeit immer wieder danach gefragt worden, wie realistisc­h eine Rückkehr der Beute nach Dresden sei. „Wir haben uns immer betont optimistis­ch gezeigt“, sagte Geithner. Es sei aber auch ein bisschen „Flunkerei“dabei gewesen. Je länger die Ermittlung­en gedauert hätten, desto mehr sei auch die Zuversicht geschmolze­n. Der Polizeispr­echer trat auch ein bisschen auf die Euphoriebr­emse: Noch fehle ein Gutachten, welches die Echtheit der Stücke bestätigt.

 ?? Foto: Sebastian Kahnert, dpa ?? Aus diesen Vitrinen des Grünen Gewölbes in Dresden stahlen Einbrecher am 25. November 2019 einzigarti­ge Juwelen. Nun ist ein Teil des Schmucks wieder aufgetauch­t.
Foto: Sebastian Kahnert, dpa Aus diesen Vitrinen des Grünen Gewölbes in Dresden stahlen Einbrecher am 25. November 2019 einzigarti­ge Juwelen. Nun ist ein Teil des Schmucks wieder aufgetauch­t.

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