Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Grippe, Corona, RSV: So gelingt der Schutz an Festtagen

Stille Nacht, Heilige Nacht – einer schnieft, der andere fiebert. Derzeit haben viele Atemwegser­krankungen. Und die Familienfe­iern nahen. Wie feiert man also gerade mit Risikopers­onen? Jetzt sollte man Vorkehrung­en treffen.

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Na, gibt es in Ihrem Umfeld derzeit auch eine Handvoll Menschen, die ordentlich verschnupf­t sind oder gar flachliege­n? Wahrschein­lich schon, denn jetzt im Dezember sind außergewöh­nlich viele Menschen von Atemwegser­krankungen betroffen. Dahinter stecken verschiede­ne Erreger, wie die Wochenberi­chte des Robert-Koch-Instituts zeigen. „Angeführt wird die Reihe der Atemwegsvi­ren durch Influenza, dann kommen Rhinoviren und RSV – das vor allem bei kleineren Kindern. Und dann kommt Corona“, sagt Prof. Mathias Pletz, Pneumologe und Infektiolo­ge vom Universitä­tsklinikum Jena.

Vor allem dann, wenn zum Weihnachts­fest ganze Familien zusammenko­mmen, ist es also gut möglich, dass man einen Infekt mit nach Hause nimmt. Ein Problem vor allem für diejenigen, die aufgrund von Vorerkrank­ungen ein geschwächt­es Immunsyste­m haben und deshalb schwere Krankheits­verläufe befürchten müssen.

„Für viele scheint etwa das Coronaviru­s jetzt nicht mehr gefährlich. Aber man muss auf die Einzelsitu­ation schauen“, sagt Prof. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiolo­gie am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf. Wenn also die 90-jährige Oma mitfeiert oder der Bruder, der mitten in der Chemothera­pie steckt, fragen sich Familien: Wie können wir Weihnachte­n etwas sicherer gestalten?

Schon in den Tagen vor dem Fest kann man dafür einiges tun. „Sinnvoll kann dann eine MiniQuaran­täne von wenigen Tagen sein, ein Reduzieren der Kontakte“, sagt Julian Schulze zur Wiesch. Das kann konkret heißen: Kurz vor Weihnachte­n auf den Abend in der vollen Kneipe verzichten. Oder für die letzten Arbeitstag­e ins Homeoffice übersiedel­n, sofern das geht.

Und: „Wenn man mit vulnerable­n Familienmi­tgliedern feiern möchte, macht es natürlich Sinn, zum Beispiel während der Anreise in der Bahn weiterhin Maske zu tragen. Das Tragen eines MundNasen-Schutzes ist eine einfache und wirksame Maßnahme“, sagt Schulze zur Wiesch. „Und das auch konsequent durchzuzie­hen, selbst wenn andere schief gucken.“In einigen Bundesländ­ern gibt es in

den Regionalba­hnen keine Maskenpfli­cht mehr.

Er rät dazu, das Thema Infektions­schutz vorab in der Familie zu besprechen – und vor allem auch die einzubezie­hen, die besonderen Schutz brauchen. Ist es für dich okay, wenn die Nachbarn mit den Kindern noch vorbeikomm­en und die Runde etwas größer wird? Oder wenn wir als Familie im kleinen Wohnzimmer singen, wodurch mehr Aerosole entstehen? Wollen wir vereinbare­n, dass wir alle vorher einen Corona-Schnelltes­t machen? Sich auf dem Gedanken „Wird schon nix passieren“auszuruhen, davon rät Julian Schulze zur Wiesch aber ab. „Viele stecken sich im engen Kontakt mit Familie oder Bekanntenk­reis an.“Und eine Regel sollte jeder beachten, wenn es nach Mathias Pletz geht: „Wenn ich mich krank fühle, bleibe ich zu Hause – auch wenn es an Weihnachte­n schwerfäll­t.“Immerhin haben wir dank der Pandemie mittlerwei­le Übung darin, es uns auch in einer Videokonfe­renz festlich zu machen, wenn es denn sein muss.

Und wie kann man mehr Sicherheit schaffen, wenn die Familie am Tannenbaum oder der Festtafel zusammensi­tzt? „Viele fühlen sich gar nicht krank, obwohl sie trotzdem Viren ausscheide­n. Deshalb ist regelmäßig­es Lüften wichtig“, sagt Mathias Pletz. Denn Aerosole, also feine Tröpfchen, die in der

Luft schweben, können etwa Grippevire­n übertragen. Um infektiöse Aerosole nach draußen zu schicken, reicht es im Winter schon aus, wenige Minuten zu lüften, heißt es auf dem Portal zusammenge­gencorona.de des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums. Dafür sollte man das Fenster nicht nur kippen, sondern stoß- oder querlüften. Und hustet oder niest jemand in der Runde, macht man das Fenster am besten sofort auf.

Stichwort: Husten und Niesen. Die Angewohnhe­it, beides in der Ellenbeuge zu erledigen, ist natürlich weiterhin sinnvoll. Ebenso das Händewasch­en, das die Keimbelast­ung der Hände deutlich senkt. Betritt man als Gast das Haus, biegt man also am besten erst mal ins Badezimmer ab. Die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung (BZgA) erinnert daran, dass Einseifen und Abwaschen mindestens 20 Sekunden dauern sollte. Etwa so lange wie zweimal „Happy Birthday“summen dauert, was sich an den Feiertagen aber sicherlich auch durch „Ihr Kinderlein kommet“ersetzen lässt.

Der wirksamste Schutz vor Infektione­n mit schweren Verläufen sind und bleiben aber Impfungen. Gegen RS- und Rhinoviren gibt es bislang keine, gegen Grippe und Corona allerdings schon. Bis sich der jeweilige Impfschutz optimal aufgebaut hat, dauert es jedoch rund zwei Wochen. Auch wenn das bis Weihnachte­n nicht mehr gelingt: Es lohnt sich, Impflücken

rasch zu schließen, denn die Grippewell­e etwa nimmt erst Fahrt auf. Laut Mathias Pletz kann eine Grippeschu­tzimpfung auch für Kinder sinnvoll sein. „Zum einen ist eine Influenza insbesonde­re für Kleinkinde­r keinesfall­s harmlos, wie die aktuelle Situation eindrückli­ch zeigt. Zum anderen scheiden Kinder das Virus deutlich länger aus.“Sind die Kinder gegen Grippe geimpft, schützt das also auch die Großeltern oder andere vulnerable Personen in der Familie. Und Impfungen können sich gleich mehrfach lohnen. „Es gibt unspezifis­che Impfeffekt­e, die immer wieder in Studien auftauchen. Zum Beispiel, dass kurz nach einer Influenza-Impfung die Wahrschein­lichkeit für schwere Corona-Verläufe sinkt“, sagt Pletz. Die Annahme der Wissenscha­ft: Das Immunsyste­m wird so trainiert, dass sich daraus auch ein besserer Schutz vor anderen Erregern ergibt – wenn auch nicht perfekt oder lang anhaltend. Ein Effekt, der in diesem Winter besonders willkommen ist. (Ricarda Dieckmann, dpa)

Ganz wichtig: Wer sich krank fühlt, bleibt zu Hause – auch an Weihnachte­n

 ?? Foto: Imago Images (Symbolbild) ?? Wie wunderbar, wenn wieder alle an Weihnachte­n an einem Tisch sitzen und ein köstliches Essen genießen. Doch gerade, wenn chronisch Kranke oder ältere Menschen mit in der Runde sind, sollte besonders auf den Ansteckung­sschutz geachtet werden, denn es sind aktuell viele Viren unterwegs.
Foto: Imago Images (Symbolbild) Wie wunderbar, wenn wieder alle an Weihnachte­n an einem Tisch sitzen und ein köstliches Essen genießen. Doch gerade, wenn chronisch Kranke oder ältere Menschen mit in der Runde sind, sollte besonders auf den Ansteckung­sschutz geachtet werden, denn es sind aktuell viele Viren unterwegs.

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