Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Vom Glück und Unglück grüner Weihnachten
Die Chancen standen diesmal so gut wie lange nicht. Minus zehn Grad und eine geschlossene Schneedecke sogar in der Stadt und das nur eine Woche vor dem Fest. Das muss doch reichen für weiße Weihnachten. Denkt man. Und hat wieder falsch gedacht. Nach Lage der Dinge muss am 24. Dezember mit Temperaturen von sieben bis elf Grad Celsius gerechnet werden – Plustemperaturen wohlgemerkt. Da haben wir es dann wieder, das Matschwetter zum Fest. Doch weil alles klagen nicht hilft, vielleicht kann man es ja trotzdem irgendwie positiv sehen. Da sind zum einen die Händler, die sich jetzt doch noch über ein versöhnlich endendes Weihnachtsgeschäft freuen. Sinkende Temperaturen bedeuten steigende Kauflust, hat ihr bayerischer Verbandssprecher Bernd Ohlmann dieser Tage erklärt. Textilien und Wintersportartikel seien zu beliebten Geschenken geworden. So sei es denn. Deswegen hätte es zwar keines Wärmeeinbruchs gebraucht, wenn die Sachen doch schon gekauft sind. Aber wenn die Händler zufrieden sind, wollen wir nicht so kleinlich sein.
Zudem sind warme Weihnachten in diesem Jahr natürlich noch aus einem anderen Grund ein Glücksfall. Die Gasspeicherstände sind gesunken in den vergangenen Tagen. Jetzt heißt es wieder Maß halten. Und wenn das zum Fest gelingt, ohne sich einschränken zu müssen, ist das doch ganz angenehm. Man sieht sich schon dasitzen in seinem neuen Wintertextil, sich den vollen Bauch halten und auf blitzend-neue Wintersportgeräte blicken, die man jetzt mit gutem Gewissen nicht anfassen muss, da der Winter ja schon wieder weg ist. Und dann erst das ganze Salz, das nicht gestreut werden muss, die Winterdienstfahrerinnen und -fahrer, die viele Kilometer einsparen und und und …
Aber Moment. Wenn das Wintersportgerät der erste Bob zum Schlittenfahren ist und die Kinder am ersten Feiertag nach dem Aufstehen als Erstes zum Fenster rennen, um zu sehen, ob es nicht doch geschneit hat, ändert das die Gleichung. Schade ist es schon. Vielleicht täuscht er sich ja, der Wetterbericht. Das kommt ja mindestens so oft vor wie grüne Weihnachten.