Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Modric mag noch nicht aufhören
Platz drei soll nicht das Ende sein
Doha Natürlich hätte dieser aufblasbare Goldpokal, aus dem nur langsam die Luft wich, ein gutes Sinnbild sein können. Auch vor dem Spiel um den dritten Platz haben die Organisatoren dieser Weltmeisterschaft so getan, als würde es für Kroatien und Marokko (2:1) noch um alles gehen. Feuerwerk, Getöse rund um die Nachbildung aus Plastikfolie mit Heißluft gab es auch vor Anpfiff des kleinen Finals, ehe fleißige Helfer alles beiseite räumten. Hinterher tauchten glücklicherweise genügend Protagonisten auf, die sich aufführten, als habe es wirklich eine goldfarbene Veredelung gegeben. Vor allem Kroatiens Kapitän Luka Modric lieferte solche Bilder.
Der 37-Jährige zeigte den Fotografen seine Medaille, die zwar in Wirklichkeit bronzefarben glänzte, aber das machte gar nichts. Seine Frau Vanja war da und vor allem seine Kinder hüpften so vergnügt über den Rasen, als handele es sich beim Khalifa Stadium um einen Freizeitpark: Ivano, Ema und Sofia hatten jedenfalls einen Heidenspaß. Nach solch rührigen Szenen und 162 Länderspielen seine Nationalmannschaftskarriere vielleicht zu beenden, daran dachte der Papa jedoch nicht mal im Entferntesten. Er will „definitiv“noch das Finale der Nations League im Sommer 2023 spielen, richtete Modric aus, schließlich hat sich Kroatien neben Italien, Niederlande und Spanien qualifiziert. „Wenn wir schon beim Finalturnier dabei sind, wäre es sinnlos, wenn ich das nicht mitmachen würde.“Er könne sich auch ein „paar Qualifikationsspiele für die EM 2024“vorstellen, sagte der bis Saisonende an Real Madrid gebundene Mittelfeldspieler.
Für viele Landsleute ist längst klar, dass der unverwüstliche Stratege bei der Endrunde in Deutschland mitspielen möchte, wenn die „Vatreni, die Feurigen“von einer rot-weiß-roten Karawane aus der Heimat begleitet werden. Zudem wohnen mehr als 400.000 Kroaten in Deutschland. Wenn ein altersloses Idol dann noch mitmischt, wäre das für beide Seiten eine prima Sache.
Was die Kroaten im vergangenen Vierteljahrhundert erreicht haben, ist bemerkenswert. Das immer noch junge Land ist nun WMDritter 1998, WM-Zweiter 2018 und WM-Dritter 2022 geworden. Zum Vergleich: Seitdem kam das hochgelobte Spanien nur 2010 unter die letzten Vier, war da immerhin Weltmeister. Und die Engländer? Waren 2018 WM-Vierter, im Halbfinale eben den Kroaten unterlegen. Podiumsplätze seitdem? Fehlanzeige.
Gegen Marokko sorgten Tore von Josko Gvardiol (7.) und Mislav Orsic (42.) beim zwischenzeitlichen Ausgleich von Achraf Dari (9.) für den Sieg.
Störend war allerdings, wie sich die Marokkaner verhielten. Ständig wurde der unsicher wirkende katarische Unparteiische Abdulrahman Al Jassim bedrängt, mitunter nach einwandfrei entschiedenen Situationen. Abertausende marokkanische Fans stimmten bei der Ehrung Rufe wie „Fifa Mafia“an, was völlig überzogen klang. Verteidiger Achraf Hakimi geriet offenbar in den Katakomben in ein Wortgefecht mit Fifa-Präsident Gianni Infantino, entschuldigte sich später aber. (Bild: Tom Weller, dpa)