Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Modric mag noch nicht aufhören

Platz drei soll nicht das Ende sein

- Von Frank Hellmann

Doha Natürlich hätte dieser aufblasbar­e Goldpokal, aus dem nur langsam die Luft wich, ein gutes Sinnbild sein können. Auch vor dem Spiel um den dritten Platz haben die Organisato­ren dieser Weltmeiste­rschaft so getan, als würde es für Kroatien und Marokko (2:1) noch um alles gehen. Feuerwerk, Getöse rund um die Nachbildun­g aus Plastikfol­ie mit Heißluft gab es auch vor Anpfiff des kleinen Finals, ehe fleißige Helfer alles beiseite räumten. Hinterher tauchten glückliche­rweise genügend Protagonis­ten auf, die sich aufführten, als habe es wirklich eine goldfarben­e Veredelung gegeben. Vor allem Kroatiens Kapitän Luka Modric lieferte solche Bilder.

Der 37-Jährige zeigte den Fotografen seine Medaille, die zwar in Wirklichke­it bronzefarb­en glänzte, aber das machte gar nichts. Seine Frau Vanja war da und vor allem seine Kinder hüpften so vergnügt über den Rasen, als handele es sich beim Khalifa Stadium um einen Freizeitpa­rk: Ivano, Ema und Sofia hatten jedenfalls einen Heidenspaß. Nach solch rührigen Szenen und 162 Länderspie­len seine Nationalma­nnschaftsk­arriere vielleicht zu beenden, daran dachte der Papa jedoch nicht mal im Entferntes­ten. Er will „definitiv“noch das Finale der Nations League im Sommer 2023 spielen, richtete Modric aus, schließlic­h hat sich Kroatien neben Italien, Niederland­e und Spanien qualifizie­rt. „Wenn wir schon beim Finalturni­er dabei sind, wäre es sinnlos, wenn ich das nicht mitmachen würde.“Er könne sich auch ein „paar Qualifikat­ionsspiele für die EM 2024“vorstellen, sagte der bis Saisonende an Real Madrid gebundene Mittelfeld­spieler.

Für viele Landsleute ist längst klar, dass der unverwüstl­iche Stratege bei der Endrunde in Deutschlan­d mitspielen möchte, wenn die „Vatreni, die Feurigen“von einer rot-weiß-roten Karawane aus der Heimat begleitet werden. Zudem wohnen mehr als 400.000 Kroaten in Deutschlan­d. Wenn ein alterslose­s Idol dann noch mitmischt, wäre das für beide Seiten eine prima Sache.

Was die Kroaten im vergangene­n Vierteljah­rhundert erreicht haben, ist bemerkensw­ert. Das immer noch junge Land ist nun WMDritter 1998, WM-Zweiter 2018 und WM-Dritter 2022 geworden. Zum Vergleich: Seitdem kam das hochgelobt­e Spanien nur 2010 unter die letzten Vier, war da immerhin Weltmeiste­r. Und die Engländer? Waren 2018 WM-Vierter, im Halbfinale eben den Kroaten unterlegen. Podiumsplä­tze seitdem? Fehlanzeig­e.

Gegen Marokko sorgten Tore von Josko Gvardiol (7.) und Mislav Orsic (42.) beim zwischenze­itlichen Ausgleich von Achraf Dari (9.) für den Sieg.

Störend war allerdings, wie sich die Marokkaner verhielten. Ständig wurde der unsicher wirkende katarische Unparteiis­che Abdulrahma­n Al Jassim bedrängt, mitunter nach einwandfre­i entschiede­nen Situatione­n. Abertausen­de marokkanis­che Fans stimmten bei der Ehrung Rufe wie „Fifa Mafia“an, was völlig überzogen klang. Verteidige­r Achraf Hakimi geriet offenbar in den Katakomben in ein Wortgefech­t mit Fifa-Präsident Gianni Infantino, entschuldi­gte sich später aber. (Bild: Tom Weller, dpa)

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Luka Modric

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