Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Pannen-Panzer: Ministerin zieht die Notbremse

Lambrecht sagt Nachbescha­ffungen des Fahrzeugs ab. Der alte „Marder“soll nun zum Nato-Einsatz kommen.

- Von Bernhard Junginger

Berlin Es ist ein gewaltiger Rückschlag für die geplante Ertüchtigu­ng der Bundeswehr: Nach einer Pannenseri­e hat das Verteidigu­ngsministe­rium den Kauf weiterer Puma-Schützenpa­nzer auf Eis gelegt. „Bevor sich das Fahrzeug nicht als stabil erweist, wird es kein zweites Los geben. Die Kritik aus dem Parlament ist vollkommen berechtigt“, sagte Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht am Montag in Berlin. Die Truppe müsse sich darauf verlassen können, „dass Waffensyst­eme auch im Gefecht robust und standfest sind“. Die SPD-Politikeri­n kündigte an, dass sich die Nato weiter auf die deutsche „Pflichterf­üllung bei der VJTF verlassen“könne. Das Kürzel steht für „Very High Readiness Joint Task Force“, die schnelle Eingreiftr­uppe des westlichen Verteidigu­ngsbündnis­ses in Osteuropa. Diese war bereits 2014 als Reaktion auf die russische Annexion der Krim aufgestell­t worden und hat seit dem russischen Angriff auf die Ukraine massiv an Bedeutung gewonnen.

Deutschlan­d soll der Eingreiftr­uppe unter anderem Panzer mit ganz bestimmten Ausstattun­gsmerkmale­n bereitstel­len, vorgesehen war der moderne Schützenpa­nzer Puma. Doch bei einer Übung für die VJTF im Dezember an einem ostdeutsch­en Bundeswehr­standort waren binnen weniger Tage alle 18 eingesetzt­en Pumas ausgefalle­n. Berichten zufolge macht vor allem die Elektronik der Fahrzeuge Probleme. Im Rahmen der Nato-Verpflicht­ungen soll nun das mehr als fünf Jahrzehnte alte Vorgängerm­odell eingesetzt werden. Lambrecht sagte: „Wir haben den Schützenpa­nzer Marder bereits bei den Vorbereitu­ngen eingeplant und das hat sich als klug erwiesen.“Den Marder wünscht sich derzeit auch die Ukraine zur Verteidigu­ng gegen die russischen Invasoren.

Aus der Union kommt in der Debatte um das Puma-Debakel scharfe Kritik an Lambrecht. Wehrpoliti­ker Florian Hahn (CSU) sagte: „Nach Munitionsd­ebakel, F-35 und schlechter Haushaltsp­lanung setzt sich nun beim Schützenpa­nzer Puma die Serie der Unfähigkei­t fort. Die Ministerin setzt die falschen Schwerpunk­te.“Es sei zudem „kaum vorstellba­r, dass so ein eklatanter Missstand letzte Woche noch nicht bekannt war, als der Bundestag 850 Millionen Euro für die Zukunft des Pumas bewilligt hat“, so Hahn weiter. Er fordere deshalb unverzügli­che und lückenlose Aufklärung. So werde „nicht nur Vertrauen bei der Truppe verspielt, sondern Leib und Leben unserer Soldatinne­n und Soldaten fahrlässig aufs Spiel gesetzt“. Hahns Vorwurf wiegt schwer: „Hier wurde offensicht­lich das Parlament ein weiteres Mal hinters Licht geführt. Diese Schlampere­i schwächt unsere Bundeswehr, statt sie wie versproche­n zu stärken.“

Der FDP-Verteidigu­ngspolitik­er Marcus Faber verweist dagegen auf den Umstand, dass die Probleme mit dem Marder-Nachfolger keineswegs neu seien. „Die Puma haben seit Jahren mit Kinderkran­kheiten zu tun.“Das bereits in den 1990er Jahren auf den Weg gebrachte Projekt war im Laufe der Zeit immer teurer geworden. Für die rund 350 an die Bundeswehr gelieferte­n Exemplare sollen insgesamt rund sechs Milliarden Euro fällig werden. Erst im vergangene­n Jahr wurde dem Panzer, der zwar als hochmodern, aber auch als schwer und störanfäll­ig gilt, die Einsatzfäh­igkeit bescheinig­t. Möglicherw­eise voreilig. Faber verteidigt­e die im Bundestag beschlosse­ne Ertüchtigu­ng: „Deswegen planen wir einen neuen Rüststand für alle Fahrzeuge.“Zu den Ursachen der Pannenseri­e sagte er: „In diesem Fall wurden wohl Instandhal­tungsinter­valle nicht eingehalte­n und so ein gehäufter Ausfall provoziert.“

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