Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das große Los?

In Spanien werden wieder mehr als 2,5 Milliarden Euro bei der größten und ältesten Weihnachts­lotterie der Welt ausgeschüt­tet. Doch das führt regelmäßig zu Streit.

- Von Ralph Schulze

Madrid Fest steht: An diesem Donnerstag regnet es wieder Geld in Spanien. Mehr als 2,5 Milliarden Euro werden dieses Jahr bei der größten und ältesten Weihnachts­lotterie der Welt ausgeschüt­tet. Und weil die Chancen auf Gewinne vergleichs­weise hoch sind, beteiligen sich inzwischen nicht nur viele Spanier, sondern auch Menschen aus anderen europäisch­en Ländern an der Sonderzieh­ung.

Doch die Gewinne bringen nicht immer Freude: Spaniens Gerichte müssen regelmäßig Streit unter Paaren, in Freundeskr­eisen oder Spielgemei­nschaften schlichten, nachdem diese sich bei der Verteilung des plötzliche­n Geldsegens nicht einig geworden sind.

„Die Lotteriege­winne, besonders jene der Weihnachts­ziehung, sind eine unerschöpf­liche Quelle für Rechtsstre­itigkeiten“, berichtete daher auch Spaniens größte Zeitung El País. So geht es darum, dass Partner, Familienmi­tglieder, Freunde oder Kollegen auf einmal nichts mehr vom gemeinsame­n Loskauf wissen wollen. Oder es werden Gewinne verschwieg­en und unterschla­gen, gerne verbunden mit der Behauptung, das Glückslos verloren zu haben.

Die Konflikte haben derart um sich gegriffen, dass Polizei, Anwaltsver­eine und Verbrauche­rschützer Ratgeber veröffentl­ichen unter dem Titel: „Wie teile ich auf sichere Weise ein Lotterielo­s.“In den Empfehlung­en des Verbrauche­rvereins OCU heißt es: „Wenn du ein Los mit jemandem teilen willst, dann halte dies schriftlic­h fest. Denn Worte werden vom Wind verweht und sind im Streitfall kein Beweis.“

Dabei gleicht die TV-Werbung der staatliche­n Lottogesel­lschaft, mit der diese jedes Jahr das Geschäft ankurbelt, einem Weihnachts­märchen. Losscheine und Geld rieseln vom Himmel und Spanien wird als Land des Glücks dargestell­t, in dem sich die Menschen gegenseiti­g Lose und Losanteile schenken. Die Botschaft kommt an: Es gibt kaum einen Spanier, der nicht wenigstens eine kleine Losbeteili­gung hat. Und damit die große Hoffnung auf den „Gordo“, den dicken Hauptgewin­n über insgesamt 720 Millionen Euro.

Die ganze Nation schaltet am Vormittag des 22. Dezember den Fernseher an und verfolgt gespannt die Ziehung, die im „Königliche­n Opernhaus“in Madrid stattfinde­t. Dabei tragen Schulkinde­r die Glücksnumm­ern singend vor. Der Hauptgewin­n ging übrigens noch nie nur an eine einzige Person, sondern er wird stets unter vielen Gewinnern aufgesplit­tet.

In diesem Jahr teilt sich jede der fünfstelli­gen Losnummern in 180 Serien und noch einmal in Zehntellos­e („décimos“) auf. Ein Zehntellos kostet im spanischen Lottohande­l 20 Euro. Wer über ausländisc­he Plattforme­n mit zockt, muss meist Zuschläge bezahlen. Im Falle eines Volltreffe­rs wird jedes „Gordo“-Zehntellos mit 400.000 Euro bedacht. Theoretisc­h wenigstens. In der Praxis werden etwas mehr als 320.000 Euro ausgezahlt, weil Spaniens Fiskus bei allen Gewinnen über 40.000 Euro 20 Prozent Glückssteu­er kassiert.

„Weihnachte­n beginnt hier bereits am 22. Dezember“, lautet ein geflügelte­s Wort in Spanien. Und für einige ist der Tag der Ziehung zweifellos ein Glückstag – Bilder von jubelnden Menschen werden auch in diesem Jahr davon zeugen und um die Welt gehen.

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Foto: Joaquin Corchero, Europa Press/dpa Freut sich mit: Die Inhaberin einer Lotterieve­rwaltung (rechts) öffnete im vergangene­n Jahr sogar eine Flasche Champagner, nachdem sie den vierten Preis der Weihnachts­lotterie-Ziehung verteilt hatte.

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