Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fußballerinnen schlagen die Katar-WM
Turnier ist diesmal kein Straßenfeger
Berlin Im EM-Finale geschlagen, aber bei der Quoten-Bilanz 2022 die Nummer eins: Die deutschen Fußballerinnen sind überraschend die TV-Königinnen des Jahres. Keine andere Sportsendung im deutschen Fernsehen hatte ein so großes Fernsehpublikum wie die DFBAuswahl beim verlorenen Endspiel gegen England. Allerdings profitierten die Vize-Europameisterinnen von einem überraschenden Einbruch der Katar-Quote von rund 40 Prozent im Vergleich zur vorherigen WM in Russland.
17,952 Millionen Menschen hatten am 31. Juli das EM-Finale im Ersten gesehen, für einen Marktanteil von 64,5 Prozent und Platz eins gesorgt. „Es freut uns sehr“, sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. „Denn es zeigt, dass diese Europameisterschaft sportlich sehr attraktiv war.“Drei Spiele der Fußballerinnen landeten in den Top Ten des TV-Rankings 2022. „Es war ein kleines Sommermärchen“, kommentierte die Bundestrainerin. „Die Menschen hatten Lust auf uns!“
Lust auf die WM hatten hingegen deutlich weniger Menschen als erwartet. Auch die Spiele der deutschen Männer lockten weniger Fans vor den Bildschirm als gewohnt: 2018 gab es noch einen Schnitt von mehr als 25 Millionen TV-Zuschauern, bei den drei DFBSpielen dieser WM lag der Wert bei nicht einmal 15 Millionen. Das WM-Spiel mit den meisten TV-Zuschauern war Costa Rica gegen Deutschland mit 17,495 Millionen (Marktanteil 53,1). Bei der WM 2018 in Russland hatte es 20 Übertragungen mit mehr als zehn Millionen TV-Zuschauern gegeben. Beim Turnier in Katar waren es vier. Das Finale vor vier Jahren zwischen Frankreich und Kroatien (4:2) hatten 21,45 Millionen Menschen im ZDF geschaut, während es am Sonntag bei Argentiniens 4:2-Sieg im Elfmeterschießen gegen Frankreich nur 13,86 Millionen waren. ARD und ZDF erlebten einen Einbruch von rund 40 Prozent bei der Reichweite. 2018 lag der Durchschnittswert pro Liveübertragung bei rund 10,16 Millionen, jetzt waren es nur knapp 6,33 Millionen. Keine Zahlen gibt es von der Telekom, die gegen Bezahlung alle Partien aus Katar zeigte, davon 16 exklusiv. Auch die Daten der Internetnutzung bei den öffentlichrechtlichen Sendern liegen noch nicht vor. „Die Digital-Zahlen waren sehr gut und werden immer besser, aber sie gleichen das bei weitem nicht aus“, sagte ARDSportkoordinator Axel Balkausky.
Warum es so einen Einbruch bei der WM gab? „Viele Menschen wollten die WM aus persönlichen Gründen nicht schauen und haben es auch nicht getan“, sagte VossTecklenburg, die selbst als Expertin für das Zweite arbeitete. „Auch das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft nach der Gruppenphase wird wahrscheinlich ein Grund gewesen sein.“Ähnlich kommentierte ARD-Mann Balkausky: „Die WM hat viele kaltgelassen. Durch die Leistungen der deutschen Mannschaft, auch schon vor der WM, ist kein Funke übergesprungen.“
Trotz des deutlichen Minus bei der WM ist Fußball als Sportart unschlagbar. Erst auf Platz 41 folgt mit Skispringen eine andere Sportart. Das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee sahen 5,44 Millionen Menschen. Auf den Rängen 46 und 47 folgen in der Liste die ersten Liveübertragungen von den Olympischen Winterspielen in Peking (Rodeln/5,148 Millionen) und von den European Championships (5,125 Millionen/Leichtathletik). (dpa)