Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So begründen die Naturschüt­zer ihre Klage gegen die Rodung des Bannwalds

- Von Philipp Kinne

Der Bund Naturschut­z hat Klage gegen die Rodung des Lohwalds bei den Stahlwerke­n eingereich­t. Dass damit bereits begonnen wurde, ist für die Umweltakti­visten und Umweltakti­vistinnen rechtswidr­ig.

Meitingen Gut 17 Hektar des geschützte­n Bannwalds sollen gerodet werden, damit die Lech-Stahlwerke wachsen können. Ein Teil der Bäume ist bereits gefällt. Der Bund Naturschut­z hat eine Klage eingereich­t, um zu verhindern, dass es noch mehr werden. Die Rodung sei rechtswidr­ig, meinen die Naturschüt­zer. Denn der Wald ist als sogenannte­r Bannwald besonders geschützt. Beim Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of in München hatte der Verband deshalb eine Normenkont­rollklage eingereich­t. Außerdem kündigen die Naturschüt­zer an, Strafanzei­ge gegen die Stahlwerke zu stellen.

Hintergrun­d: Auf Grundlage des vom Markt Meitingen beschlosse­nen Bebauungsp­lans dürfen die 17,6 Hektar Wald neben dem Stahlwerk gerodet werden. Im Tausch für umfangreic­he Ersatzpfla­nzungen und ökologisch­e Ausgleichs­maßnahmen erhielt der Stahlwerks-Eigner Max Aicher die Erlaubnis. Gegen das Vorhaben, mit dem sich auch der Bayerische Landtag schon mehrfach befasst hat, formierte sich eine breite Allianz aus benachbart­en Kommunen, örtlichen Bürgerinit­iativen und dem Bund Naturschut­z. Der stellte nun die Begründung für seine Klage vor, die von der Bürgerinit­iative Lech-Schmuttert­al und der Aktionsgem­einschaft der Lebensqual­ität im Raum Meitingen unterstütz­t wird.

Im Wesentlich­en geht es dabei um die besondere Rolle eines Bannwalds. Dieser habe grundsätzl­ich „höchsten Rodungssch­utz“, erklärt die Rechtsanwä­ltin des Bund Naturschut­z, Lisa Eberlein. Sie ist überzeugt, dass die Voraussetz­ung für das Fällen etlicher Bäume entgegen dem Beschluss nicht erfüllt sind. Denn: „Die Ersatzauff­orstungen können die Funktionen des Lohwaldes nicht ersetzen“, sagt die Anwältin. Der Wald sei nicht nur Lebensraum einer

Vielzahl von Arten. Er habe eine ganze Reihe schützensw­erter Funktionen. Etwa biete er umliegende­n Siedlungen Schutz vor Lärm, Emissionen und sei wichtig für den lokalen Klimaschut­z. Ein neu gepflanzte­r Wald könne diese Funktionen auch in 20 Jahren nicht erreichen, begründen die Naturschüt­zer die Klage.

Aus ihrer Sicht könne die Rodung auch nicht mit zwingenden Gründen des öffentlich­en Wohls begründet werden. Schließlic­h handele es sich bei der Erweiterun­g um die Interessen eines privaten

Unternehme­ns und nicht um eine Einrichtun­g der öffentlich­en Daseinsvor­sorge, wie etwa Krankenhäu­sern oder Schulen.

Doch schon wenige Tage, nachdem der Bund Naturschut­z seine Klage angekündig­t hatte, schuf Max Aicher Tatsachen und ließ auf mehr als fünf Hektar die Bäume fällen. Für die Naturschüt­zer, die sich zu einem Bannwald-Bündnis zusammenge­schlossen haben, war der Kahlschlag eine Kriegserkl­ärung. Johannes Enzler, Vorsitzend­er der BN-Kreisgrupp­e Augsburg, hält das Vorgehen für rechtswidr­ig,

da etliche Auflagen nicht erfüllt worden seien. Deren Wirkung greife erst in mehreren Jahren, meinen die Naturschüt­zer. Deshalb hätten die Bäume nicht gefällt werden dürfen. Der Bund Naturschut­z will gegen die Auftraggeb­er, also die Lech-Stahlwerke, zusätzlich zur Klage vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of Strafanzei­ge stellen.

Nach Darstellun­g des Meitinger Bürgermeis­ters Michael Higl war die erste Rodung mehr oder weniger automatisc­h genehmigt, nachdem der Bebauungsp­lan für die

Stahlwerks­erweiterun­g in Kraft getreten und alle Bedingunge­n erfüllt waren.

Gegen die Rodungsarb­eiten kam es unterdesse­n in Augsburg zu einer aufsehener­regenden Protestakt­ion. Klimacampe­r besetzten das Verwaltung­sgebäude der Regierung von Schwaben. „Wer welche Art von Aktionen macht, ist jedem selbst überlassen“, sagt Thomas Frey, BN-Regionalre­ferent für Schwaben. Er will diese und andere Aktionen der Klimacampe­r nicht bewerten.

Der Meitinger Landtagsab­geordnete Fabian Mehring (Freie Wähler) erklärte zuletzt, man dürfe sich von „selbst ernannten Klimarebel­len auf der Nase herumtanze­n lassen“. Die Klage des Bund Naturschut­z hält der Politiker in einem Rechtsstaa­t hingegen für „völlig legitim“. Mehring: „Anders als sich

Interessen unter einen Hut bringen

auf Straßen zu kleben, mit Suppe auf Gemälde zu werfen oder die schwäbisch­e Bezirksreg­ierung zu besetzen, ist dies der von unserer Demokratie vorgesehen­e Weg um politische Entscheidu­ngen zu hinterfrag­en.“Mehring sei weiterhin davon überzeugt, dass der beschlosse­ne Kompromiss­vorschlag zum Lohwald die berechtigt­en Interessen von Ökologie und Ökonomie unter einen Hut bringe. Die Debatte um die Rodung müsse im Anschluss an das Gerichtsve­rfahren „auch für das Klimacamp und den Bund Naturschut­z final beendet sein“.

Die Frage, ob nach dem Gerichtsve­rfahren weitere Maßnahmen vom Bund Naturschut­z geplant sind, sei aktuell „Kaffeesatz­leserei“, meint hingegen Regionalre­ferent Thomas Frey. Zunächst sei das Ergebnis abzuwarten, das die Naturschüt­zer erst in etwa anderthalb Jahren erwarten.

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Foto: Marcus Merk Mit der Rodung des Lohwalds ist im Oktober bereits begonnen worden. Für den Bund Naturschut­z ist das Vorgehen rechtswidr­ig.

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