Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hilfe nicht erwünscht

Warum ein Münchner Mieter seine Wohnung nicht mit zwei Flüchtling­en teilen darf.

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München Nach ihrer Flucht vor dem Krieg in der Ukraine haben eine ältere Frau und ihre Enkelin in Gräfelfing bei München ein neues Zuhause gefunden – das sie nach einem Gerichtsur­teil nun gegen den Willen ihres Gastgebers räumen müssen. Der 45 Jahre alter Witwer wohnt mit seinen beiden Kindern in einem großen Einfamilie­nhaus zur Miete und hatte die beiden Ukrainerin­nen im Mai aufgenomme­n. Doch die Vermieter des Hauses forderten, dass die 74-jährige Ukrainerin und ihre 15-jährige Enkelin ausziehen sollten. Dagegen klagte der Mieter. Doch das Amtsgerich­t München urteilte am Dienstag: Die Entscheidu­ng, ob Geflüchtet­e in Mietwohnun­gen und -häusern aufgenomme­n werden dürfen, liege beim Vermieter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, aber „vorläufig vollstreck­bar“. Damit müssen die Ukrainerin­nen wohl demnächst ausziehen.

„Ich bin Mieter eines Hauses, lebe mit meinen beiden Kinder auf 240 Quadratmet­ern Wohnfläche“, erläuterte der 45-Jährige im Prozess. „Oben in unserem Dachgescho­ss haben wir Platz, während die Geflüchtet­en aus der Ukraine in Unterkünft­en auf Feldbetten schlafen müssen.“Er versuchte deshalb vor dem Amtsgerich­t zu erreichen, dass seine Vermieter einer Untervermi­etung oder Wohnraumüb­erlassung an die Flüchtling­e zustimmen müssen. Neben der inzwischen entstanden­en engen Bindung führte er dazu auch humanitäre Gründe an. Doch die Vermieteri­n, die im Wohnhaus nebenan lebt, gab im Prozess an, sich durch die Wohnsituat­ion psychisch schwer belastet zu fühlen. Es störe sie, dass die Ukrainerin­nen und deren Besuch nah an ihrem eigenen Haus entlanglie­fen. Einer Aufnahme der beiden in den ersten Wochen hatten die Vermieter anfangs zugestimmt – aber wohl nur deshalb, weil sie wussten, dass sie kurzzeitig­en Besuch nicht untersagen dürfen. (dpa)

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