Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das plant Fifa-Boss Gianni Infantino als Nächstes
In Katar sind offenbar erste Weichen gestellt worden, dass bei der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko in zwölf Vierer-Gruppen gespielt wird und die Frauen-WM 2027 in Südafrika stattfindet.
Frankfurt Auch den Abtransport nach der gigantischen FußballShow hat Katar noch perfekt organisiert. Abertausende WM-Gäste traten ohne größere Verzögerungen die beiden vergangenen Tage ihre Heimreisen an. Das Kontrastprogramm erlebten neben internationalen Touristen und etlichen Argentiniern am Montag auch die Funktionäre, Trainer und Scouts des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), die in Frankfurt mal wieder stundenlang aufs Gepäck warteten, weil am größten deutschen Flughafen immer noch Personal fehlt. Manch einer dachte bereits anderthalb Jahre voraus, wenn bei der EM 2024 in Deutschland noch viel mehr Besucher als gerade in Katar erwartet werden.
Eigentlich müssten bis dahin die wichtigsten Autobahnverbindungen weitgehend baustellenfrei, der Bahnverkehr einigermaßen pünktlich und der Flugverkehr halbwegs zuverlässig sein. Turnierdirektor Philipp Lahm träumt von einem Sommermärchen 2.0. Doch zum großen Gelingen gehört eine gute Organisation. Der bei der Uefa bei Nationalmannschaftswettbewerben dafür zuständige Martin Kallen soll bereits hinter den Kulissen vor Vergleichen mit Katar gewarnt haben.
Die Crew des erfahrenen Schweizers hat in Doha die Abläufe genau beobachtet und dem Vernehmen nach festgestellt: Wenn Deutschland es mit dem Transport der Menschenströme zu den zehn Stadien halb so gut hinbekommt, wäre schon viel gewonnen. Lahm weiß zudem als ehemaliger Nationalspieler, dass bei der WM 2006 so viel passte, weil alle uneingeschränkt Teil eines Fußballfestes sein wollten – aber geht das 16 Jahre später auf Knopfdruck noch? Fifa, aber auch Uefa und DFB haben an Rückhalt verloren.
Auch das EM-Format macht es nicht so einfach: Die Vorrunde ist viel Vorgeplänkel, weil 16 von 24 Mannschaften weiterkommen. Bei dieser WM war die Gruppenphase hoch spannend, doch die Fifa dreht das Rad weiter und erlaubt bei der WM 2026 bekanntlich 48 Teilnehmer. Der Modus ist offen. Die Gastgeber USA, Kanada und Mexiko nutzten die vielen Kontaktmöglichkeiten in Doha, um ein Format in zwölf Vierer-Gruppen durchzusetzen. Davon soll auch das FifaCouncil mit dem deutschen Vertreter Peter Peters überzeugt werden. Die drei Ausrichter hätten drei garantierte Heimspiele. Das Turnier würde auf 104 (statt 64) Spiele ausgedehnt. Schon jetzt ist klar, dass 2026 wie 2018 in Russland oder 2014 in Brasilien riesige Entfernungen überbrückt werden müssen. Katar konnte durch die Kompaktheit allen Teams dieselben Bedingungen bieten.
Solche Vorteile fielen hierzulande oft unter den Tisch. Das Fachmagazin Kicker hat Deutschland nun in einem Kommentar einen „Weltmeister der Sofamoral“genannt und eine „besserwisserische Attitüde“untergestellt. Tatsache ist, dass deswegen Ansehen und Einfluss auf internationaler Ebene schwinden, insbesondere in FifaKreisen. Für die EM 2024 kann das ja weitgehend egal, für die Vergabe der Frauen-WM 2027 jedoch folgenreich sein. Der DFB hat zusammen mit den Verbänden der Niederlande und Belgien eine Bewerbung vorbereitet. Die Konzepte für ein nachhaltiges Turnier im Dreiländereck sind fertig, die vier deutschen Spielorte mit Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und Köln ausgewählt. Alles klingt schlüssig.
Das Problem benannte kürzlich Doris Fitschen, DFB-Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball: „Wir sind dort in der Warteschleife. Die Unterlagen der Fifa, um uns offiziell bewerben zu können, sind noch nicht da.“Stand sei, dass es im Sommer 2024 zur Vergabe kommen werde. Ganz sicher ist das längst nicht mehr, heißt es. Dahinter steckt Kalkül: Strippenzieher Infantino, dessen Weltverband ohnehin die Uefa als Intimfeind ausgeguckt hat, will den WM-Kritikern aus Europa offenbar die nächste Ohrfeige verpassen und schmiedet Allianzen. So soll es Bestrebungen geben, dass die Frauen-WM 2027 nicht mit nach Deutschland geht, wo überdies 2011 schon gespielt wurde, sondern erstmals nach Afrika.